100 Jahre Radiogeschichte im Radiomuseum Obermoschel
von Roland Kohls
Obermoschel. Der Radiorundfunk feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Jubiläum. Im Radiomuseum in Obermoschel erlebt man die Geschichte der Radios anhand von historischen Geräten und den Geschichten, die Hermann Nagel zu jedem Radio zu erzählen weiß.
„Achtung! Achtung! Hier ist die Sendestelle Berlin im Voxhaus“, so meldete sich der Sprecher am 29. Oktober 1923. Diese Sendung vor 100 Jahren gilt als Geburtsstunde des Rundfunks in Deutschland. Diese 100-jährige Geschichte des Rundfunks erlebt man hautnah im Radiomuseum von Hermann Nagel in Obermoschel. Der Radio-Enthusiast hat über 200 Empfangsgeräte und noch viel mehr aus allen Epochen des Rundfunks gesammelt und hat zu jedem Stück eine Geschichte zu erzählen.
Die Zahl der Zuhörer bei dieser ersten Sendung dürfte sehr gering gewesen sein. Angemeldet war zu diesem Zeitpunkt nämlich noch kein einziges Rundfunkgerät. Aber es gab Bastler, die sich ein Empfangsgerät selbst gebaut, aber nicht angemeldet hatten. In der ersten Zeit dürften die meisten Hörer Schwarzhörer gewesen sein, denn sowohl die Geräte wie die Anmeldung waren sehr teuer. 1923 herrschte noch die Inflation in Deutschland, die mit der Währungsreform im November gestoppt wurde. Zum 1. Januar 1924 war die Jahresgebühr für ein Rundfunkgerät auf 60 Rentenmark festgelegt, was gut einem Drittel des durchschnittlichen Monatseinkommens entsprach. Als dann aber die Gebühr im Mai 1924 auf 24 Rentenmark gesenkt wurde, stieg auch die Zahl der gemeldeten Rundfunkteilnehmer schnell an. Anfang 1924 waren nur 1580 Rundfunkteilnehmer angemeldet, ein Jahr später waren es bereits 548.749 Teilnehmer und Anfang 1926 waren es schon über eine Million legale Radiohörer.
Am Donnersberg und in der Pfalz hat man die Geburtsstunde des Rundfunks übrigens verschlafen – beziehungsweise hier war die Sendung nicht zu empfangen. Die Pfalz gehörte mit Freiburg und dem preußischen Rheingebiet zu den letzten, die eine Sendeanlage erhielten. Diese gingen erst Ende 1926 auf Sendung. „Als ich Mitte der 50er Jahre anfing, an Radiogeräten zu basteln, war der Sender auf dem Donnersberg“, erinnert sich der 76-jährige Radio-Fachmann Nagel, der eigentlich Kraftfahrzeugmechaniker gelernt und als technischer Angestellter bei einer Bank gearbeitet hatte. Er vermutet, dass für die Pfalz von dort schon immer gesendet wurde.
Die Entwicklung des Radios schritt schnell voran. Und da die Technik immer günstiger wurde, entwickelte sich der Rundfunk rasch zu einem Massenmedium. Die Nationalsozialisten hatten die Macht dieses Medium erkannt und warfen bereits ab 1933 mit dem sogenannten „Volksempfänger“ ein preisgünstiges Gerät auf dem Markt. Sämtliche großen deutschen Hersteller wurden zur Produktion dieses Geräts zu einem einheitlichen Preis von 76 Reichsmark gezwungen. Auch dieses Gerät darf in der Sammlung des Radiomuseums nicht fehlen.
Bald hatte sich die Röhrentechnik durchgesetzt. Etliche Geräte mit „Magischem Auge“, das glimmt, wenn man den Wellenbereich eines Senders getroffen hatte, finden sich in dem Radiomuseum in Obermoschel. Das Radio Hendi41 hatte ein Soldat mit in der Kriegsgefangenschaft in Kanada, ein anderes war auf große Fahrt in einem U-Boot. So hat jedes Gerät in dem Museum eine eigene Geschichte.
Eines seiner bedeutendsten Geräte in der Ausstellung des Radiomuseums in Obermoschel ist ein Röhrenradio von Siemens. Das Besondere an diesem Gerät mit der Bezeichnung SUPER 40 K von 1954 ist sein ehemaliger Besitzer Hans Bredow. Der ehemalige Staatssekretär für das Telegrafen-, Fernsprech- und Funkwesen im Reichspostministerium und spätere Vorsitzender des Verwaltungsrates der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft gilt als Vater des Rundfunks in Deutschland. Ihm wird auch die Erfindung des Begriffs „Rundfunk“ zugeschrieben.
Autor:Roland Kohls aus Ludwigshafen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.