Niedermoschel
Gaststätte "Zur Post" schließt zum 1.9.2024
Niedermoschel. Die Nachricht schlug in und um Niedermoschel fast ein wie eine "Bombe" ein und einige glaubten es zunächst gar nicht: Völlig überraschend und noch vor der Kerwe 2024 am zweiten Septemberwochenende schließt die Gaststätte "Zur Post" von Bärbel Haage aus altersbedingten und familiären Gründen. Die Gasthauschefin war immer gut gelaunte Gastgeberin für die Gäste bei den regelmäßig stattfindenden Schlachtfesten, bei Geburtstagen, bei Konfirmationen, beim Trauerkaffee oder auch bei Vereins-, Gruppen oder Parteiveranstaltungen wie auch an den üblichen Öffnungstagen. Meistens schloß sie tagtäglich die Tür nach dem Gang des letzten Gastes zu. Sie wurde von ihrer Familie, zuletzt vor allem von Sohn Ralf Haage und Ehefrau Nadine und weiteren Familienmitgliedern beim Betrieb der Gaststätte unterstützt. Gerade auch bei den "großen Feiertagen" wie der Kerwe, wo auch noch ein Getränkestand am Bürgerhaus zu betreuen war, bei den Schlachtfesten oder dem Fastnachtsumzug, wo das Gasthaus und die Sitzgelegenheiten im Hof meistens nicht ausreichten, um die Gästeschar aufzunehmen, war auf die Familienangehörigen Verlaß. Alle halfen tatkräftig mit, wo sie gebraucht wurden. Zuletzt musste sich die "Chefin" zudem noch einer Operation unterziehen. Der Gemeinde wie der Region wird etwas ganz Wichtiges fehlen, denn der Gaststättenbetrieb in dem Gebäude hatte überregionale Anziehungskraft und eine über 100jährige Tradition. Landrat Rainer Guth, der ab und an bei Haages auch außerhalb von Dienstterminen vorbei schaute und gut speiste, war über die Schließung auch völlig perplex. Eigentlich könne das doch nicht sein, denn das Gasthaus "Zur Post" von Haages sei für die Region eigentlich "systemrelevant", so Guth. Aber dennoch ist es Realität, wie dies eine nochmalige Nachfrage bei Ralf Haage bestätigt.
Viele können in der Tat an die Schließung noch nicht glauben, weil es seit über 100 Jahren gute Tradition war, dass dort immer Gäste einkehren konnten und immer gut bedient wurden. Im Jahr 1903, dem Eröffnungsjahr der Bahnlinie Alsenz-Obermoschel, übernahm Adam Haage in dem Gebäude der Gaststätte auch die Posthilfsstelle. Die Postlokalität wechselte in dessen Haus der "Wirtschaft zur Bahn" in der Amtsgasse, so ist in einem Artikel von Rudolf Schmidt aus Gaugrehweiler über die Post in Niedermoschel in der Ortschronik zur 650-Jahrfeier von Niedermoschel 2012 nachzulesen ist. In der "Wirtschaft zur Bahn" gab es nicht nur zu essen und zu trinken, sondern es konnte telefoniert werden, es wurden Briefmarken verkauft und Briefe aufgegeben und zugestellt und zudem Zugfahrkarten für die Kleinbahnlinie, die bis 1935 zwischen Alsenz und Obermoschel verkehrte, verkauft. 1933 übernahm Sohn Rudolf Haage die Poststelle, dann ab 1945 Schwester Anna Haage. Ab 1. Januar 1966 bis zur endgültigen Schließung der Poststelle zum 31. März 1993 waren Bärbel und ihr Ehemann Helmut Haage Inhaber der Poststelle, erledigten alle Postgeschäfte in Niedermoschel und für die nähere Region und und betrieben auch die Gaststätte unter dem Namen " Zur Post". Daneben waren Bärbel und Helmut Haage als Landwirte aktiv, bewirtschafteten ihre eigenen Wingerte und brannten auch Schnäpse. Der Gaststättenbetrieb ging auch ohne Post - ein gelber Postbriefkasten an der Hauswand des Anwesens blieb das einzige Postüberbleibsel- wie bisher weiter. Mit sehr großem Bedauern wurde nun die Schließung der Gaststätte "Zur Post" in Niedermoschel bei vielen Gästen zur Kenntnis genommen, denn es müssen neue Orte für Stammtische und Treffen gefunden werden und dies ist gar nicht so einfach.
Eine große Ära geht zu Ende, ein gern besuchter Ort der Begegnung, bei dem man sich über Gott und die Welt austauschen und gut essen und trinken konnte, wird es im September nicht mehr geben. Bärbel Haage und die komplette Familie möchten sich auf diesem Wege bei allen Kunden bedanken, die dem Gasthaus "Zur Post" solange die Treue gehalten haben.
Foto: Arno Mohr,
Gasthaus "Zur Post" in der Amtsgasse von außen
Autor:Arno Mohr aus Alsenz-Obermoschel |
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