Die Welt der Musikboxen und des Rock’n’Rolls
Zeitreise in die 50er Jahre
Kapsweyer. Schon bevor die Musikbox loslegt, meint man Bill Haley singen zu hören. Im Museum „Fifty’s“ in Kapsweyer werden die 50er gerockt. Hier kann man voll und ganz in den Lifestyle der 50er-Jahre, in die Welt der Nachkriegszeit und des Wirtschaftswunders eintauchen.
von Britta Bender
Begonnen hat dies alles vor rund 40 Jahren in der berühmten Keramik Manufaktur Majolika in Karlsruhe. Damals erstand Edmund Schreck dort einen kleinen, feinen Wandteller. Abgebildet sind fröhlich bunte Segelboote auf azurblauem Hintergrund. Die Sammelleidenschaft des Badener war geboren. Es folgten weitere Wandteller, Masken, Vasen und vieles mehr aus den 50er Jahren. Und wie man sich sicherlich vorstellen kann, kommt da in mehreren Jahrzehnten einiges zusammen.
1996 kaufte Schreck mit seiner Frau das Haus in Kapsweyer. Es wurde renoviert und der ehemalige Tabakschuppen zum großen zusätzlichen Wohnzimmer für Familientreffen und -feiern sowie private Feste ausgebaut.
Genügend Platz für Menschen war nun im gemütlichen Eigenheim geschaffen, aber wohin mit Hunderten von Sammlerstücken, die inzwischen zum Großen Teil bedauerlicherweise in Kisten untergebracht werden mussten?
Um diese zahlreichen Andenken wieder aus der Versenkung zu holen und auch weil Frau Schreck irgendwann der Meinung war, dass nun genug Deko im Haus wäre, beschloss Edmund Schreck, die Scheuer auszubauen. Erstmal ein Zimmer, daraus wurden mit der Zeit dann vier.
2014 entstand dann die Idee, ein Museum zu eröffnen, welche nach Gründung eines gemeinnützigen Vereins dann 2015 verwirklicht wurde. Heute hat der Verein fast 50 Mitglieder.
„Ein altersgerechtes Hobby“, nennt Schreck seine Passion. Informativ und äußerst kurzweilig führt er Besucherinnen und Besucher durch die Räumlichkeiten und präsentiert seine Schmuckstücke. Sage und schreibe 2.200 sind es an der Zahl. Etwa 1.700 sind im Museum zu bestaunen.
Die meisten technischen Errungenschaften aus der Zeit des Wirtschaftswunders sind dank der handwerklichen Begabung des Museumsleiters fast alle noch funktionstüchtig und werden von ihm sachkundig vorgeführt. Auch aus diesem Grund sind Besuche nur im Zusammenhang mit einer Führung und nach Anmeldung möglich. So wird diese Zeitreise durch die 50er auch zu einer musikalische Reise.
Los geht’s mit der Jukebox im Eingangsbereich des Museums. Sie stammt aus dem Jahre 1955. Erstanden hat Edmund Schreck sie in Frankreich. Etwa 60 Arbeitsstunden hat es gedauert, um das gute Stück wieder zum Klingen zu bringen.
„Die 50er erkennt man stilistisch daran, dass die Dinge asymmetrisch und in pastellfarben gehalten sind,“ erklärt Schreck. Im Eingangsbereich bekommen die Gäste einen ersten kleinen Eindruck des Lebensgefühls aus dieser Zeit, bevor sie eintreten in den Alltag von damals, nämlich in den „Tante-Anna-Laden“, wie das Ehepaar Schreck ihn gerne bezeichnet, denn die bereits Anfang der 80er Jahre verstobene Inhaberin hieß Anna.
Vor zwei Jahren haben die beiden die komplette Einrichtung des ehemaligen Ladengeschäftes aus Offenbach übernommen, mitsamt der original Eingangstür. Selbstverständlich ist der Kaufladen bestückt mit Artikeln von damals. Staunen und Schmunzeln beim Wiederentdecken und -erinnern ist garantiert. Damit dieser kleine „Supermarkt“ Einzug halten konnte, musste Edmund Schreck die ehemaligen Stallungen in der Scheuer komplett umbauen. Das dauerte einen ganzen Winter lang.
Direkt vom Laden geht es in die pastellfarbene Küche. Neue Elektrogeräte hielten Einzug und Hängeschränke, selbstverständlich in Pastellfarben.
Das bereits erwähnte zusätzliche große Wohnzimmer dient inzwischen auch als Museums-Café, welches nach einer Gruppenführung nach Absprache zum gemütlichen Beisammensein dazu gebucht werden kann.
Über eine Treppe geht es von hier aus ins Obergeschoss, und nun beginnt erst die eigentliche Zeitreise durch die 50er, Raum für Raum, in vier Etappen. Zuerst betritt man die Jahre 47 bis 52, die Nachkriegszeit. Die Möbelindustrie lag am Boden, so ist von der typischen Einrichtung der 50er noch nichts zu sehen. Aber der Anfang der Asymmetrie und der Pastellfarben zeichnet sich in den Dekorationsstücken schon ab. Neu waren derzeit die Gesichtsmasken. Die wohl berühmteste Gesichtsmaske hängt in 7-facher Ausführung an der Wand, „die Unbekannte aus der Seine“. Dieses Antlitz ist zum Hype geworden, 50 Manufakturen haben diese Masken hergestellt. Wer die Geschichte dieser geheimnisvollen Frau noch nicht kennt, wird sie von Edmund Schreck erfahren.
Mit den 50ern erwacht auch die Werbeindustrie. Ein Beispiel sind die heute kaum noch bekannten Margarinefiguren. Die Hersteller warben und wetteiferten um die Gunst der Kinder und somit die der Mütter, indem sie ihren Produkten Sammelfiguren beilegten.
Im Raum der Jahre 52 bis 55, ist die Zeit des Wirtschaftswunders angebrochen. Neue, moderne Möbel wurden entworfen und produziert. Experimentiert wurde mit verschiedenen Holzfarben und Glaskunst zierte die Vitrinen. Die neueste Erfindung dieser Zeit war das Tefifon, ein Tonbandgerät, welches in Endlosschlaufe, 60 Minuten Musik abspielte, als Verstärker diente das Radio. Und natürlich ist das Gerät hier voll funktionsfähig.
Wer es sich leisten konnte trat zwischen 55 und 59 die Reise in den Süden an.
Wer das nicht konnte, der kaufte sich einen in Deutschland hergestellten Wandteller mit mediterranen Motiven und konnte sich somit die ersehnte Mittelmeeratmosphäre ins Wohnzimmer holen. Der erste künstliche Erdsatellit „Sputnik1“ löste 1957 eine Space-Euphorie in Deutschland aus. Diese wurde mit dem Kauf einer Sputnik-Lampe ausgelebt. Die Leuchten werden noch heute unter diesem Namen verkauft. Die Technik der Unterhaltungsindustrie boomte, neu war der Plattenschlucker von Philips, Die Musik wurde über das Radio übertragen und hat wohl zu der Zeit auch im Auto funktioniert. Sehr modern und sehr teuer waren die Musiktruhen mit Radio, Tonbandgerät und Mikro, TV, Radio und Plattenwechsler.
Der vierte und letzte Raum beinhaltet die Jahre 58 bis 63. Die Unterhaltungsindustrie legte in dieser Zeit noch eine Schippe drauf. Externe Boxen für Musikanlagen, Jukebox mit Stereosound, und das neu erfundene Kofferradio wurden verkauft. Das Ende der Ära Fifty’s ist klar daran zu erkennen , dass die Asymmetrie und die Pastellfarben verschwinden. Plötzlich waren Rauten, Dreiecke, Kreise, Rechteck und Quadrate „in“.
Edmund Schreck ist als Überzeugungstäter begeistert von seinen gesammelten Werken und der Funke springt über. Eine Besuch im Fifty’s von Kapsweyer lohnt auf jeden Fall, auch für die jüngere Generation, wird doch vieles aus dieser Zeit heute wieder modern.
Einfach anrufen und Termin vereinbaren oder sich auf das gerade beschlossene Museumsfest am 12. September freuen. beb
Infos und Anmeldung
50er-Jahre-Museum Fifty’s,
Hauptstraße 14, 76889 Kapsweyer
Telefon 06340 5140
E-Mail mail@museum-fitys.de
Autor:Britta Bender aus Annweiler |
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