Das Bad Bergzaberner Kalenderblatt 165 Jahre Ludwig Döderlein
Dr. Ludwig Döderlein - Ein internationaler Forschungspionier, Zoologe, Reisender und Zeitzeuge

Japanische Spinne. Naturhistorisches Museum- Wien  | Foto: Z. Haggag 2016
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  • Japanische Spinne. Naturhistorisches Museum- Wien
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Bad Bergzabern- Am 3. März 1855 kam der Zoologe Dr. Ludwig Döderlein in Bad Bergzabern zur Welt. Er führte einen Großteil seines Lebens rastlos, reisend, forschend, sammelnd, lernend und lehrend. Trotz aller Steine, die ihm in den Weg gelegt wurden, hat Döderlein ein enormes Werk hinterlassen, das eine Bekanntmachung ebenso verdient wie die Persönlichkeit des Gelehrten selbst. Werfen wir also einen Blick auf diesen Pionier der Forschung und sein Werk.



Dr. Ludwig Döderlein | Foto: Fotoarchiv - Zoologisches Museum Straßburg
  • Dr. Ludwig Döderlein
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Studium und Fachgebiete

Döderlein studierte von 1873 bis 1877 an den Universitäten Erlangen, München und Straßburg (Promotion 1877). Nach einer kurzen Tätigkeit als Hilfslehrer am Gymnasium Mülhausen/Elsass wurde er Professor für Naturwissenschaften an der medizinischen Fakultät Tokio (1879 bis 1881).
Döderlein ist der einzige neuere Zoologe, der das Gesamtgebiet der Systematik und Morphologie einschließlich der Paläontologie beherrschte. Die Paläontologie ist die Wissenschaft von den Lebewesen und Lebewelten der geologischen Vergangenheit. Gegenstand paläontologischer Forschung sind Fossilien, körperliche Überreste und Zeugnisse von Lebewesen, die älter sind als 10.000 Jahre.
Als Zoologe beschäftigte sich Döderlein hauptsächlich mit der Fauna von Elsass-Lothringen und Japan, mit Stachelhäutern, Korallen, Fischen und fossilen Wirbeltieren. Sein Werk „Bestimmungsbuch für deutsche Land- und Süßwassertiere“, 1931/35, wird auch heute noch häufig genutzt.

Von Mühlhausen nach Japan. „Nur für die lieben Eltern bestimmt".
Das ist die Kopfzeile eines Briefes von Ludwig Döderlein an seine Eltern, der uns aufzeigt welche Umstände ihn zu dem ungewöhnlichen Entschluss bewogen haben, nach Japan zu reisen. Lesen wir im Auszug was er schrieb:
„Liebe Eltern! Ihr wisst, dass es seit meiner frühen Jugend mein sehnlichster Wunsch gewesen ist, fremde Länder zu sehen und zu erforschen. Lange schon habe ich aber die Erfüllung dieses Wunsches als ein unerfüllbares Ideal angesehen und mit schwerem Herzen mich darin geschickt, demselben zu entsagen. Jetzt aber scheint mir der Augenblick gekommen zu sein, wo ich erreichen kann, was ich für das höchste Ziel meiner Naturforschung halte. Ich habe ein Anerbieten bekommen nach Tokio in Japan. An der dortigen medizinischen Fakultät ist die Lehrstelle für Naturgeschichte vakant geworden und soll wie bisher und wie die übrigen Stellen an der Fakultät durch einen Deutschen besetzt werden.
Ich kann es wohl begreifen, dass Ihr, liebe Eltern, mich nur ungern in diese ungewisse Zukunft hinausziehen seht. Trotzdem bitte ich Euch flehentlich, mir Eure Einwilligung zu diesen Schritten nicht zu versagen. Ich bin jung, gesund und habe etwas gelernt; ich habe Muth mich in die Welt zu wagen, was soll ich zu Hause verkümmern? Das Land selbst, das mir winkt, bringt ja gar keine Gefahren; das Klima ist mild und sehr gesund. Es sind genug Deutsche dort gewesen, die alle gesund blieben.
Bis zur Entscheidung bitte ich Euch dringend, die Sache als Geheimnis zu bewahren, auch vor meinen Geschwistern. Vor allem, liebe Eltern, lässt Euch die Sache nicht zu Herzen gehen; es wird ja alles glücklich enden.
Mit herzlichen Grüßen Eurer dankbarer Ludwig."

Von Tokio nach Straßburg
1882 wurde Döderlein Konservator und Direktor der Zoologischen Sammlung Straßburg, die er durch sein in Japan gesammeltes Material enorm bereicherte. Schwer traf ihn 1919 die Ausweisung der deutschen Gelehrten aus Straßburg. Die fast vierzigjährige Zeit als Leiter des Straßburger Museums, das nach seinen Plänen neu gebaut und eingerichtet wurde, war die fruchtbarste Epoche im Leben Döderleins. Sie wurde unterbrochen durch den Ausgang des Ersten Weltkrieges. Aufgrund seiner nationalen Einstellung wurde er 1919 durch die französische Regierung aus dem Elsass ausgewiesen. Er musste Straßburg innerhalb kürzester Zeit verlassen, seine reichen Sammlungen und sein Privatvermögen wurden konfisziert.
Existentielle Probleme in Zeiten der Inflation
Viele der aus Straßburg vertriebenen Gelehrten machte man andernorts zu Professoren. In einen Rechtsstreit über die Fortsetzung seiner Bezüge verwickelt, kam die Frage der Existenz auf. Ein Rechtsgutachten verlangte vom Reichsministerium des Inneren in Berlin die fortgesetzte Gehaltsüberweisung an die vertriebenen Beamten und Professoren der Provinz Elsass-Lothringen, Begründung: Es sei eben eine Provinz und nicht ein Land des Reiches gewesen, und der Arbeitgeber – die Hauptstadt – habe ihr Dasein und ihre Verpflichtung ja auch nicht beendet. Das Gehalt der Universität Straßburg wurde also weiterbezahlt, aber was bedeutete das zu Zeiten der Inflation?

Aufenthalt in München
In München eröffnete sich ihm 1921 als Honorarprofessor für systematische Zoologie und als Direktor der Zoologischen Staatssammlungen (1923 bis 1927) ein neuer Wirkungskreis. Bis kurz vor seinem Tode hielt er seine Unterrichtstätigkeit aufrecht.

Das Unglück seines armen Vaterlandes
Am 20. April des Jahres 1922 legte Professor Ludwig Döderlein an seinem Schreibtisch, einem spannenden, jedoch keinesfalls entspannenden Ruhestand entgegensehend, Rechenschaft über sein Leben ab und sann darüber nach, wie alles hätte sein können und wie es stattdessen gekommen war. An einen Jahre zuvor von ihm selbst ausgebildeten Kustoden der Zoologie am Museum in Straßburg richtete er die folgenden Zeilen:
„Auch zur Fortsetzung meiner wissenschaftlichen Arbeiten komme ich kaum, obwohl ich fast täglich mich im Museum beschäftige. Es ist das Unglück unseres armen Vaterlandes, das alle Gedanken in Anspruch nimmt.“

Honorarprofessor in Göttingen mit verlorenen Schätzen
Im Jahr seiner Honorarprofessur wird Döderlein in der Stadt Göttingen zum Präsidenten der Deutschen Zoologischen Gesellschaft gewählt. In seiner Ansprache, auch in Briefen festgehalten, stellte er fest:
„Mit der Universität Straßburg sind unersetzliche Schätze für uns verlorengegangen. Diese alte deutsche Universität ist in die Hände eines Feindes geraten. Das ganze Elend der Zeit wird aber besonders grell durch die Tatsache beleuchtet, dass unsere Gesellschaft aus eigener Kraft nicht mehr in der Lage ist, die Vorträge, welche hier gehalten werden sollen, zu drucken."

Die Krankheit und die Reise nach Algier
Döderlein hatte sich im Jahre 1901 eine Kehlkopftuberkulose zugezogen, ein Leiden, das in der damaligen Zeit als nahezu unheilbar galt. Wankend und in Hoffnung auf Genesung begab er sich mit seiner Frau für eine Weile in die Trockenzonen Nordafrikas, eine Unternehmung, die am Ende in einer umfassenden Erholung und in einer eben solchen Aufarbeitung der Lebewelt Algeriens resultieren sollte. Allerdings wurde fortan die Stimme des Forschers zu einem Krächzen reduziert: Sich vor einem großen Auditorium Gehör zu verschaffen, war unmöglich geworden, eine andere als die Honorar-Professorenlaufbahn gleichermaßen. Selbst in einem der Nachrufe wird das, was mit ihm geschah, als erwähnenswert erachtet: Mit jener eigentümlich heiseren Stimme, die wir nie vergessen werden, gab er uns Auskunft, in geschickter Weise den toten Wissensstoff mit dem warmen Leben verknüpfend.
Am 23. März 1936 starb Döderlein in Japan. Die Stadt München hat 1937 eine Straße nach ihm benannt. Sein Wirken in Japan ist noch heute präsent, und der Ertrag seiner Reise kehrt nach vielen Jahren von dort nach Europa zurück.
Ludwig Döderlein war der letzte bedeutende Systematiker, der einen Großteil der Tierwelt auf Anhieb bestimmen konnte. Er ist sicherlich in Fachkreisen bekannt, aber Laien und Schülern können ebenfalls ermessen, welch enormen Beitrag er für die Wissenschaft und die Menschheit geleistet hat – eine Gelegenheit vielleicht für Schulen und Institutionen, in der Region Pfalz/ Elsass, seiner Heimat, das Leben und das Werk von Ludwig Döderlein etwas mehr bekannt zu machen.

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Autor:

Zenhom Haggag aus Bad Bergzaberner Land

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