Tagebuch: Immaterielles Kulturerbe
Brauchtum bewahren

Das Baguette soll in Frankreich nicht verramscht werden | Foto: Franz-Walter Mappes
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Von Franz-Walter Mappes

Im Tagebuch schreiben wir über die kleinen Dinge des Alltags. Schönes, Skurriles, Ungewöhnliches. Manchmal gibt es einen Zusammenhang mit Corona, manchmal sind es Dinge, an denen wir früher achtlos vorbeigegangen sind, aber die schwierige Zeit hat uns auch dafür die Augen geöffnet.

Der Baguette-Streit

Alles wird teurer. Nicht nur bei uns. Auch in Frankreich steigen die Preise für Lebensmittel. Ein Bio-Baguette kostet in einer der 35.000 noch existierenden handwerklich arbeitenden Bäckereien rund einen Euro. Davon träumen wir Deutschen eigentlich nur, denn das beliebte französische Stangenweißbrot ist in einer klassischen Bäckerei nicht so günstig zu haben. Nun ist in unserem Nachbarland ein „Baguette-Streit“ ausgebrochen, weil in Supermärkten das Brot für 29 Cent offeriert wird. Das aber ist den meisten Franzosen einfach zu billig, denn sie befürchten, dass die französische Kultur verramscht wird. Und das ist gut so, denn Handwerk, Qualität und Tradition sollen entsprechend bezahlt werden. Im Herbst soll schließlich entschieden werden, ob das Baguette zum Immateriellen Kulturerbe erhoben wird. Chapeau!

Hütten-Liebe

Lieb und gar nicht teuer ist uns Pfälzern die Hüttenkultur. Sie ist im vergangenen Jahr zum Immateriellen Kulturerbe erklärt worden. Die Kultur und das Erbe stehen in der Pfalz hoch im Kurs und verramscht soll auch hier nichts werden. Die Linsensuppe mit oder ohne Würstchen, die Riesling-Schorle, der Weiße Käse und das Leberwurstbrot, alles hat seinen Wert. Qualität und Preis harmonieren auf unseren Hütten, weil Bäcker, Metzger und Winzer sorgfältig gearbeitet haben, rührige Vereine den Service übernehmen und hungrige Wanderer dieses kulturelle Erbe zu schätzen wissen. Schon allein deshalb sollte niemand auf die Idee kommen, an diesem Brauch zu rütteln. Hut ab!

Wissen, Wasser und Wiesen

Und wo kommt das Gemüse her? Wo weiden die Kühe? Am besten auf gesundem Boden. Zur Bestellung der Äcker gehört ganz nebenbei auch ein gut funktionierendes Bewässerungssystem.
Das wurde beispielsweise im Queichtal zwischen Landau und Germersheim von unseren Vorfahren angelegt. Seit 2018 gehört die Wiesenbewässerung im Queichtal zum Immateriellen Kulturerbe. Seit dem Mittelalter gibt es die Wiesenbewässerung entlang der Queich. In der relativ niederschlagsarmen Gegend konnte somit das Wachstum der Wiesenvegetation verbessert werden. Während Mitte des 20. Jahrhunderts die meisten Bewässerungssysteme aufgelassen wurden, ist in den Gemeinden Ottersheim und Offenbach die Wiesenbewässerung ununterbrochen erhalten geblieben.
Wir verneigen uns vor jenen Menschen, die erkannt haben, dass Systeme aus der Vergangenheit, adaptiert auf die moderne Zeit, auch heute noch ihre Berechtigung haben.

Beliebtes Brauchtum

Seit 2016 gehört das Forster Hanselfingerhut-Spiel zum Immateriellen Kulturerbe. Das Spiel, das im Wechselgespräch zwischen Winter und Sommer das Ende der kalten Jahreszeit beschreibt, wird jährlich am Sonntag Lätare aufgeführt. Es ist die wohl am vollständigsten erhaltene Variante eines Sommertagsspiels und stammt im Ursprung aus der Schweiz. Das Spiel stellt den Kampf zwischen Winter und Sommer dar und wird durch eine Spielergruppe von sechs Personen begleitet. Die Hauptperson ist Hanselfingerhut, der in ein Lumpenhemd gekleidet einen Vagabunden verkörpert, der den Frauen nachstellt und sie mit seinen schwarz gefärbten Lippen küsst. Zum Schluss des Spiels wird der Winter besiegt und endet in den Flammen eines Strohhäuschens.
Ein dickes Bussi für die Bewahrung dieser liebgewonnenen Tradition, auch ohne schwarz gefärbte Lippen. mps

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Autor:

Franz-Walter Mappes aus Bad Dürkheim

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