Landesmittel für den Bau des Lernorts Kislau genehmigt
750.000 Euro gegen das Vergessen
Bad Schönborn. Seit seiner Gründung vor siebeneinhalb Jahren verfolgt der Verein Lernort Zivilcourage & Widerstand das Ziel, auf dem Areal des ehemaligen Konzentrationslagers Kislau einen modernen Lernort zu errichten. Bisher fehlen allerdings noch die Räume für eine solche Einrichtung. In der Kislauer Schlossanlage befindet sich derzeit eine Außenstelle der Justizvollzugsanstalt Bruchsal und einer Unterbringung im historischen Baubestand außerhalb der Gefängnismauern hat das Land eine Absage erteilt.
Für einen Neubau würde das Land Baden-Württemberg jedoch ein Grundstück vor den Toren der Schlossanlage zur Verfügung stellen, nun ist die Realisierung auch finanziell zumindest teilweise abgesichert: Für die bauliche Umsetzung des Lernorts Kislau stellt der Landtag von Baden-Württemberg im kommenden Doppelhaushalt 2020/21 eine Summe in Höhe von 750.000 Euro bereit. Daran geknüpft, die Bedingung, dass das Bauprojekt mindestens zu Häflte gegenfinanziert werden muss. Die tatsächliche Höhe der Landesmittel für den Bau wird sich demnach daran bemessen, die Summen bei Dritten eingeworben werden können.
Konzentrationslager Schloss Kislau
Wie kein anderer Ort im badischen Landesteil steht das Konzentrations- und Bewahrungslager Kislau für den rasanten Übergang von der Weimarer Demokratie in das nationalsozialistische Unrechtsregime. Zwischen 1933 und 1939 wurden dort mehr als 1.500 Männer ohne Anklage festgehalten und zu Zwangsarbeit gepresst. Einer der bedeutendsten badischen Landespolitiker wurde in Kislau ermordet, Hunderte von dort nach Dachau, Buchenwald oder in andere Lager verschleppt. Dutzende fanden dort den Tod oder erlangten erst 1945 wieder die Freiheit.
Zwar bleibt der Landtag mit der jetzt genehmigten Summer deutlich hinter dem Antrag des gemeinnützigen Trägervereins Lernort Zivilcourage & Widerstand (LZW) zurück. Mit seiner Entscheidung dokumentiere der Landtag aber immerhin den Willen, Verantwortung für diese wichtige historische Stätte zu übernehmen, und eröffne eine Chance, in Kislau keinen bloßen "Gedenkpoint" zu schaffen, sondern einen zeitgemäßen Lernort, so der Verein in einer Stellungnahme.
Wertedialog und Geschichtsvermittlung
An dem Lernort soll Vermittlung badischer Demokratie- und Diktaturgeschichte der Jahre 1918 bis 1945 mit einem Wertedialog verknüpft werden. Nach der parlamentarischen Sommerpause hatte der Trägerverein ein Szenario für eine bauliche Lösung vorgelegt, die deutlich geringere Kosten als die Wunschlösung verursachen würde, aber trotzdem die Umsetzung des vorgesehenen Vermittlungskonzepts erlaubt. Der Landtagsbeschluss stellt den Verein vor die schwierige Aufgabe, allein für den Bau Komplementärmittel im hohen sechsstelligen Bereich einzuwerben. Hinzu werden Mittel für die Innenausstattung kommen.
Strahlkraft in die ganze Region
Einen direkten kommunalen Ansprechpartner gibt es für den Verein nicht, der will nun in der gesamten Großregion Überzeugungsarbeit leisten, um weitere Unterstützer zu finden:Denn die Schaffung ortsnaher und niederschwelliger historisch-politischer Bildungsangebote ist heute wichtiger denn je nach 1945 – und gerade auch der Lernort Kislau kann einen relevanten Beitrag zur Demokratievermittlung liefern und dabei Strahlkraft in die ganze Region entfalten.
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
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