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DortArt präsentierte „Wildes Holz“

"Wildes Holz" begeisterten das Publikum vollends | Foto: Brigitte Melder
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  • "Wildes Holz" begeisterten das Publikum vollends
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Böhl-Iggelheim, OT Iggelheim. Am Abend des 25. Februar füllte sich die VfB-Halle rasch mit Menschen, die dem Klangfarbenorchester „Wildes Holz“ lauschen wollten. Und wie bereits angekündigt, war es eine ausverkaufte Vorstellung. Das Live-Konzert mit durchweg akustischen Instrumenten hatte den bedeutungsvollen Namen „Grobe Schnitzer“. Die Trio-Formation hatte Musik im Gepäck, das eher ungewöhnlich erschien, denn wer hat schon einmal ein Konzert mit Kontrabass, Gitarre und Blockflöte gehört? Im aktuellen Programm ging es um grobe Schnitzer, aus denen etwas Neues entsteht. „Selbst aus den gröbsten Schnitzern kann etwas entstehen, wenn man Improvisationstalent und Humor hat sowie Instrumente aus Holz“ heißt es in der Ankündigung. „Denn wer Fehler vermeidet, macht alles richtig. Aber wer Fehler kultiviert, der macht Musik. Oder eben grobe Schnitzer.“

Nicht nur EINE Blockflöte hatte Tobias Reisige dabei, nein, es reihten sich von 20 cm bis 200 cm Flöten nebeneinander. Er wollte schon immer Blockflötist werden. Er fing mit sechs Jahren an und hörte anders als die meisten nicht wieder auf. In Essen studierte er an der Folkwang-Universität klassische Blockflöte und ließ sich anschließend zum wohl einzigen Diplom-Jazz-Blockflötisten Deutschlands ausbilden. Tobias ist als Blockflötist und Saxophonist in verschiedenen Ensembles und auch solistisch tätig. Außerdem leitet er regelmäßig Workshops und Fortbildungen zum Thema Jazz und Improvisation auf der Blockflöte.

Markus Conrads spielte zwei Instrumente, nämlich den großen Kontrabass und die schnuckelige Mandoline. Er hat es geschafft, sich neben der Musik noch zum Diplominformatiker ausbilden zu lassen, musste aber einsehen, dass kein noch so gut geschriebenes Programm einen fetten Bass ersetzen kann. Also studierte er Jazz-Kontrabass an der Folkwang-Universität in Essen und spielt seitdem, was das Zeug hält. Seine Engagements führten ihn unter anderem nach China, Korea, Russland, Polen, Italien und sogar Bayern, sein Bass ist auf zahlreichen CDs zu hören und seine Freude am Musik machen bei jedem Auftritt zu sehen.

Ebenfalls mit zwei Instrumenten, nämlich Gitarren performte Johannes Behr. Er kommt ursprünglich aus Remscheid. Das hinderte ihn jedoch nicht daran, autodidaktisch Akustikgitarre zu lernen, am Conservatorium van Amsterdam Jazz-Gitarre zu studieren, Mitglied des Bundesjugendjazzorchesters zu werden und mit Tom Gaebel sowie zahlreichen weiteren namhaften Jazzmusikern zu spielen. Tobias und Markus sind richtig begeistert von seiner Musikalität und Spielfreude und sind sehr glücklich, dass er sich entschloss, seine Karriere mit Wildes Holz zu krönen!

Zur Bandgeschichte: Man erzählt sich, dass die Geschichte von Wildes Holz in einem Hotelzimmer in Ungarn begann, wohin es die drei zu Konzerten mit ihrer Musikschule verschlagen hatte. Was dann abging, war eine Session, die bis heute nicht zu Ende ist. Von dunklen Kellergewölben bis zu bekannten Bühnen, vom hohen Norden bis in den tiefsten Süden: Überall sorgen sie für verblüffte und schließlich begeisterte Zuhörer, und das alles nur, weil ihnen eins immer noch am meisten Spaß macht: selber Wildes Holz zu sein.

Nach dem Vorspann zur Band kommt nun das Liveerlebnis: Der 1. Vorsitzende des Kulturvereins DorfArt e.V., Günter Handwerker, begrüßte die Besucher und kündigte die Band an mit den Worten „Herzlich Willkommen zur Blockflötenshow, aber nicht zu vergleichen mit den Erinnerungen aus der Jugend.“ Die in einem Hotelzimmer entstandene Idee ist auch nach 25 Jahren nicht zu Ende. Dies ist die originellste Trio-Formation in Deutschland. Schnitzer bedeuten umgangssprachlich „Fehler“, aber das Ziel soll es sein, keine Fehler zu machen. „One, two, three und four“ und schon wurde gezupft und geblasen, was das Zeug hielt mit dem Stück „China is a Punk Rocker“. Locker meinte der Mann mit der Blockflöte „Wenn ein Kind im Kindesalter anfängt Blockflöte zu spielen und bis ins Alter dabei bleibt muss man sich schon seine Gedanken machen.“ Mit dem selbst komponierten Stück „Pavane Furioso“, einem mittelalterlichen Schreittanz mit Metal-Anleihen, zeigten die Musiker sogar, dass sie des Headbangings mächtig sind, was natürlich bei dem Wallemähne tragenden Kontrabassisten stark aussah. Manchmal musste Tobias Reisige tonbedingt auf seiner Flöte pausieren bis er wieder seinen Part hatte, was einen kabarettistischen Charakter hatte. Bis zum Sommer sei man bereits 25 Jahre auf Tour und somit 25 Jahre auf dem Holzweg. Sowohl die Ansagen als auch Mimik brachten das Publikum des Öfteren zu Lachsalven. Ein Mix zu „Billy Jean“ von Michael Jackson hörte sich toll an, um gleich darauf auch mit Johann Sebastian Bach zu kontern. Aus den 80er Jahren hatten sie noch ein Stück zur Fernsehsendung Simon & Simon im Gepäck. Ob man im Saal noch die Musikcassetten kenne, wollte Tobias Reisige wissen. Natürlich kannte man sie und es folgte der Erweckungstag mit einem Stück von Heinz Rudolf Kunze die „Brille“. Diese exzellenten Musiker beherrschten all ihre Instrumente und so kam die kleine Mandoline mit ihrem typischen Klang anstatt des großen Kontrabasses bei Markus Conrads zum Einsatz. „Losing my religion“ von R.E.M. hieße übersetzt „Vom Glauben abfallen“ und es sei unzumutbar, sich den ganzen Abend nur ein Flötenkonzert anzuhören. Deshalb kam dann ein Stück ohne Blockflöte, aber dafür mit einem romantischen gestrichenen Kontrabass. „Summer of 69“ als Jazz und Barockmusik von Antonio Vivaldi mit einem Blockflötenkonzert in G-Dur mit kleinen Änderungen in zwei Sätzen hörte sich kompliziert an, war es dann aber nicht. Mit Hilfe einer E-Gitarre von Johannes Behr, die ein komplettes Orchester ersetzt, ließen sich so einige vermeintliche Webfehler korrigieren und das Publikum feierte es, klatschte, jubelte und begab sich dann mit den Musikern in die wohlverdiente Pause. Ein kleiner Merch-Stand war aufgebaut, an dem man sich auch mit den Musikern unterhalten konnte.

Thomas Reisige hatte sich viel vorgenommen, denn er erschien nicht nur mit einer Flöte, sondern hatte auch eine Trommel umhängen, so dass er beidhändig aktiv werden musste. Gespielt wurde die Titelmelodie des Films „Rocky“. In Italien auf der ersten Tour als Straßenmusiker entstand ein Lied, das eine geniale Fingerfertigkeit abverlangte, aber das Publikum fühlte sich dabei wie in Bella Italia. Mit EINER Flöte kann fast jeder, aber auch hier wurde etwas Besonderes geboten, denn Thomas Reisige spielte auf zwei Flöten gleichzeitig. Unglaublich! Es folgte ein Kanon „Wild für Vier“, eine eigene Komposition und gleichzeitig Hommage an die Unschuld der Blockflöte. Apropos Unschuld, da passte doch das Lied von Madonna „Like a Virgin“, wohlgemerkt auf der Flöte zum Besten gegeben und mit einem Hauch von Erotik. Das Spektrum war weit gefächert und schon folgte von Santana „Oye como va“, wozu sie auch gleich einmal zeigten, dass eine sogenannte „Boyband“ mit Balletteinlagen in ihnen steckte. Was dann kam verschlug einem den Atem. Eine etwa zwei Meter große Flöte, selbst aus einem Blockflöten-Fachgeschäft zusammengezimmert, brachte Töne hervor, und zwar „Mensch“ von Herbert Grönemeyer. Mit von der Partie der Soprankontrabass, also die kleine Mandoline. Mit diesen besonderen Klängen gab von The Shadows das legendäre Westernlied „Apache“ und den Originaltanzschritten dazu. Zum Ende hin war noch ein Medley aus den 90er Jahren, wozu auch von Opus „Live is Life“ gehörte. Standing Ovations im ganzen Saal rührten die Musiker. Ein Dankeschön der Band an Technik, DorfArt und Gäste blieb nicht ohne Wirkung, denn eine Zugabe musste natürlich her mit „Highway to hell“. Dann beschenkte das Ehepaar Handwerker die drei Musiker mit je einem Weinpräsent aus der Pfalz. „Pippi Langstrumpf“ wurde noch auf einer quietschgrünen Blockflöte zum Auszug von der Stage gespielt, worauf das Publikum nochmals aufstand und die Musiker sich verneigten.

Resümee: Die Vorschusslorbeeren, man solle sich schnell Karten sichern, da sehr begehrt, waren gerechtfertigt. Ein sehr kurzweiliger Abend war das. (mel)

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Autor:

Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim

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