BRUCHSALER KULTURFENSTER
Gut behütet: Ein Barett der Frühen Neuzeit im Städtischen Museum Bruchsal
Jeden Donnerstag laden das Städtische Museum und das Stadtarchiv zum Blick durch das „Bruchsaler Kulturfenster“ ein. In dieser Woche schreibt in der Kolumne des Städtischen Museums Linda Obhof, Mittelalterarchäologin und Leiterin der Brettener Stadtmuseen. Sie berichtet über ein neuzeitliches Barett aus der Bruchsaler Ausstellung im Barockschloss.
„Im Jahr 1950 fanden im Alten Schloss in Bruchsal im Bereich des Verlieses des Schlossturms Grabungen statt. Aus dieser Grabung stammt ein Filzbarett (Inv.-Nr. 71.47), das – zusammen mit dem Fund eines Bundschuhs – der Zeit um 1500 zugeschrieben wird und bis 1971 in einer Privatsammlung aufbewahrt wurde. Das Stück wird heute im Städtischen Museum im Schloss Bruchsal aufbewahrt. Die auf der Inventarkarte als „Klappmütze aus braunem Filz“ bezeichnete Kopfbedeckung ist äußerst interessant, denn es handelt sich nicht um ein offensichtlich gestricktes Stück, wie sie um 1500 nicht nur aus Schriftquellen oder von vorhandenen Originalen aus Nürnberg bekannt sind, sondern um ein gefilztes Barett aus heute braunem Filz. Textile Artefakte erscheinen nach Jahrhunderten der Boden- oder Fehlbodenlagerung häufig braun, obwohl sie einst farbig waren. Für Bruchsal wurden hier bisher keine weiteren Analysen zur Ermittlung der ursprünglichen Farbe durchgeführt.
Das Bruchsaler Barett hat eine Höhe von zirka 10 Zentimetern und einen Gesamtdurchmesser außen von etwa 69 Zentimetern. Es wurde vermutlich aus einem Stück angefertigt. Die Krempe wurde scharf umgeknickt. Interessant ist auch die Kalotte, also das Kopfstück, das scharf gekantet plattgefaltet wurde. Ob das Barett schon vor der Einbringung in die Verfüllung des Turms plattgedrückt war, oder ob dies von der Bodenlagerung herrührt, ist leider nicht bekannt. Eine besondere Entdeckung sind Reste von Flor aus eingefilztem Schaffell, die sich im Innern der Krempe befinden, da sie dort vor der Abnutzung oder Verwitterung gut geschützt waren.
Barette waren spätestens seit dem frühen 16. Jahrhundert sehr beliebt und blieben für sehr lange Zeit Teil der männlichen und etwas später auch der weiblichen Mode. Die Ausführung der Barette war nicht nur von deren Nutzung abhängig, sondern auch von der aktuellen Mode, die Veränderungen in der Höhe der Barette, der Breite und Anzahl der Krempen, der Ausschmückung oder des Materials bedingte. Die Entwicklung des Baretts ist ab dem 15. Jahrhundert sehr gut nachvollziehbar: Um 1500 sind die Barette meist noch recht moderat in Form und Größe, doch sie werden mit der Zeit gewagter und es werden Schlitze in die Krempen eingebracht, um diese weiter aufklappen zu können und um zu vermeiden, dass die Hüte eng am Kopf anliegen. Besonders im modischen Umfeld der Landsknechte und am Hof zeigen sich nun ungewöhnliche Varianten mit durchgezogenen Bändern und anderem Schmuck.
Bei dem Barett aus Bruchsal handelt es sich vermutlich um eine schlichte Variante des frühen 16. Jahrhunderts. Es verfügt über eine durchgehende Krempe wie ein Filzhut des ausgehenden 15. Jahrhunderts, hat jedoch einen eher flachen Kopfteil, der sich allerdings schon an frühe Barett-Formen um 1500 annähert.
Barette wurden von Barettmachern auf Märkten verkauft, außerdem gab es im 16. Jahrhundert einen regen Importmarkt entsprechender Kopfbedeckungen, die fassweise aus Italien geliefert wurden, wobei der früheste handwerksgeschichtliche Nachweis über Herstellung und Vertrieb von Baretten in Nürnberg aus dem Jahr 1523 stammt. Wie es sich in unserer Region verhält, ist bisher leider nicht genauer erforscht.“
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