Stadtführung

Kritische Auseinandersetzung mit der Bruchsaler Lokalgeschichte

Alternative Stadtführung mit Rainer Kaufmann

Ein starkes Interesse fand am Sonntag, 27. Oktober 2019, eine von der BTMV (Bruchsaler Tourismus-, Marketing- und Veranstaltungs GmbH) angebotene alternative Stadtführung durch Bruchsal. Rainer Kaufmann, der sich seit Jahrzehnten als Journalist und Lokal-Kabarettist den „vergessenen“ Seiten der Lokalgeschichte widmet, zeigte an mehreren Original-Schauplätzen in der Stadtmitte vor allem die weniger erfreulichen Geschehnisse der letzten Jahrhunderte auf. Als Nachkriegs-Bruchsaler konnte er seine Führung vielfach noch mit persönlichen Anekdoten anreichern oder gar mit Erzählungen über Personen, die beispielsweise zur Zeit des Nationalsozialismus in Bruchsal aktiv waren und die er aus der Nachkriegszeit noch persönlich kannte. Kritisch setzte sich Kaufmann mit der Aufarbeitung der Lokalgeschichte in Bruchsal auseinander, die sich, so Kaufmann, seit den ersten Nachkriegstagen eher im Vergessen und Verdrängen gefiel als in einer vorurteilsfreien Forschung und Aufklärung. Ein Zustand, der teilweise bis heute noch andauere, wie Rainer Kaufmann betonte. In Einzelfällen seien von Offiziellen der Stadt sogar schwerwiegende, weil einige Personen belastende, Dokumente vorsätzlich unterschlagen worden. Kaufmann, der neuerdings Mitglied der von Gemeinderat eingesetzten neuen „Kommission für Stadtgeschichte“ ist, hat den Teilnehmern an seiner kritischen Stadtführung bestätigt, all diese Themen jetzt dort zur Sprache bringen zu wollen. Dem alternativen Stadtrundgang sind mehr als 70 interessierte Bürgerinnen und Bürger von Bruchsal und den umliegenden Gemeinden gefolgt. Wohl ein nachhaltiger Nachweis dafür, dass es viele Menschen gibt, die an einer kritischen Betrachtung und wohl auch Aufarbeitung der Geschichte interessiert sind. Im Zusammenhang mit der Geschichte des Grundstückserwerbs des ehemaligen Synagogen-Geländes durch die Stadt Bruchsal im Jahr 1939 und in den 50-er Jahren forderte Rainer Kaufmann eine sorgfältige Erforschung und Überprüfung der Verkaufsverhandlungen und der Verträge, bevor weitere Entscheidungen in Politik und Verwaltung getroffen werden. Die nächste kritische Stadtführung ist für den 29. Februar 2020 geplant, am Tag vor dem 75. Jahrestag der Bombardierung Bruchsals.