Werke in der Städtischen Galerie Karlsruhe
Mit Karl Weysser unterwegs
Karlsruhe. Seine Stadtansichten mit winkligen alten Gassen und malerischen Architekturdetails fanden ebenso wie seine stimmungsvollen Reiseimpressionen aus dem Rhein- und Moseltal, aus dem Elsass oder aus Tirol nicht nur bei seinen Zeitgenossen große Anerkennung. Sie gelten auch heute noch als herausragende Beispiele einer bewusst unpathetischen und zugleich subtilen Schilderung von Natur und Landschaft.
Zu sehen sind seine Werke bis Frühjahr 2019: Der als „badischer Spitzweg“ bezeichnete Maler Karl Weysser, dem die Städtische Galerie Karlsruhe nun erstmals eine Ausstellung mit mehr als 40 Ölstudien und Gemälden aus dem eigenen, etwa 300 Bilder und Zeichnungen umfassenden Bestand widmet. Die Werkschau des Künstlers, der zu den bedeutendsten Architekturmalern der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehört, befindet sich in unmittelbarer Nähe zur neu eingerichteten Dauerausstellung mit Exponaten aus der Zeit von 1850 bis 1950, in der u. a. Weyssers Lehrer Johann Wilhelm Schirmer sowie seine Studienkollegen Hans Thoma und Emil Lugo vertreten sind.
Auf Wunsch seiner Eltern – der Vater Friedrich Wilhelm Weysser war ein gutsituierter Kaufmann, außerdem Stadtrat und Bürgermeister von Durlach – absolvierte der junge Karl Weysser zunächst ein Mathematik- und Maschinenbaustudium am Karlsruher Polytechnikum (heute KIT) und an der Berliner Bauakademie. 1855 wechselte er an die neugegründete Kunstschule in Karlsruhe und wandte sich als Schüler von Ludwig Des Coudres, Johann Wilhelm Schirmer und Hans Fredrik Gude der Landschaftsmalerei zu. Unterbrochen von zwei längeren Aufenthalten in München schloss Weysser 1865 seine künstlerische Ausbildung in Karlsruhe ab und war bis zu seinem Tod 1904 als freier Maler und Zeichner tätig.
Zahlreiche Reisen
Zeit seines Lebens unternahm er zahlreiche Reisen – mehr als 50 zum Teil ausgedehnte Studienaufenthalte führten ihn an unterschiedlichste Orte im südwestdeutschen Gebiet und im grenznahen deutschsprachigen Ausland, u. a. an den Bodensee, in den Schwarzwald und Odenwald, in die Pfalz, an Neckar, Mosel und Main oder von München bis nach Südtirol. Seiner badischen Heimat blieb Weysser jedoch stets eng verbunden: Seit Beginn seiner Tätigkeit als freischaffender Künstler lebte er abwechselnd in Karlsruhe und Durlach (1865–1870, 1875–1879, 1890–1895), in Baden-Baden (1884–1890) und in Heidelberg (1879–1884, 1895–1904). Sein umfangreiches Werk – erhalten sind mehr als 3 200 Zeichnungen sowie etwa 700 Ölgemälde und Studien – zeugt von einer gleichermaßen beharrlichen wie beeindruckenden Schaffenskraft.
Stehen die frühen Bilder der 1860er-Jahre im Hinblick auf ihre dunkle Tonigkeit und die detailreiche Wiedergabe der Motive teilweise noch deutlich unter dem Einfluss des Lehrers Schirmer, so entwickelte sich Weyssers Malweise bald mehr und mehr in eine freiere Richtung mit aufgehellter Palette und großzügig skizzierender Pinselschrift. Mit Vorliebe wandte er sich alltäglichen, im damaligen Kunstverständnis geradezu anspruchslosen Motiven zu, deren unterschiedliche Stofflichkeiten er so subtil wie virtuos in vorwiegend kleinen Formaten festhielt. Dabei erweisen sich seine Landschafts- und Architekturdarstellungen ebenso wie die eher seltenen Genreszenen immer wieder als überraschend modern – nicht nur im Hinblick auf die Leichtigkeit und Frische des Farbauftrags oder die Wahl der schlichten Sujets, sondern auch in der Bevorzugung außergewöhnlicher, fast fotografisch anmutender Bildausschnitte und spannungsvoll inszenierter Details.
Kein Wunder, dass sein besonderes Gespür für reizvolle Motive und atmosphärische Stimmungen, seine koloristische Begabung und der duftige Duktus seiner Malerei bereits beim zeitgenössischen Publikum bleibenden Eindruck hinterließen. In der genauen Beobachtung des Lichts im Wechsel der Tages- und Jahreszeiten entwickelte Weysser eine ganz besondere Meisterschaft – seien es der 1879 entstandene „Blick von der Murg hinauf auf die Häuser von Gernsbach“ an einem heiteren Frühlingstag, die im Jahr zuvor gemalte, in neblig-trübes Winterlicht getauchte Ansicht des „Basler Torturms in Durlach mit Turmberg im Schnee“ oder die wunderbare Sommerstimmung auf der „Baden-Badener Schlossterrasse mit Blick auf die Villa Krupp“, die der Künstler in Jahr 1883 eingefangen hat. (um)
Infos: Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 10 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag 11 bis 18 Uhr,
Montag und Dienstag geschlossen, www.staedtische-galerie.de
Autor:Jo Wagner |
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