Will Kerzenheim keine Ausländer im Ort? Gemeinde schnappt Käufer Gebäude vor der Nase weg
Von Cynthia Schröer
Kerzenheim. Seit einigen Jahren steht die ehemalige Bäckerei Mentzel in der Ebertsheimer Straße 3 in Kerzenheim zum Verkauf. Niemand hatte Interesse an dem Gebäude. Metin Aksoy, der seit November 2022 zusammen mit seiner Frau Milena den Elektrofachhandel „MyMiaMe“ mit Aktionsware und Restposten im Sortiment in Eisenberg betreibt, wollte es Anfang des Jahres kaufen. Dort sollte sein Lager für sein Geschäft in Eisenberg und seinen Onlinehandel entstehen. Dann kam alles anders: Erst konnte er nur noch die Hälfte des Hauses kaufen, dann schnappte ihm die Gemeinde die Immobilie vor der Nase weg – weil sie befürchtete, er quartiert dort Ausländer ein, sagt er. Die Ortsbürgermeisterin widerspricht diesen Vorwürfen: Die Gemeinde habe sich lediglich ein Schnäppchen nicht entgehen lassen wollen.
Aber von vorne: Entdeckt hatte Aksoy die Immobilie im Internet. „Für 129.000 Euro stand sie zum Verkauf“, erinnert sich der Geschäftsmann. Nach der Besichtigung hatte sich Metin mit dem Makler und dem Hauseigentümer Hans-Peter Mentzel auf einen Kaufpreis von 100.000 Euro geeinigt.
Nachbar beansprucht die Hälfte des Hauses
Dann kam die erste Wende: Ein Nachbar unmittelbar nebenan sagte, die Hälfte des Hauses gehöre ihm. "Das konnte er auch nachweisen", sagt Aksoy. Da nun nur noch die Hälfte der Immobilie, also die Hälfte der Fläche, zum Verkauf stand und Umbaumaßnahmen erforderlich waren, um die beiden Haushälften voneinander zu trennen, habe sich Aksoy mit Mentzel auf den Kaufpreis von 40.000 Euro geeinigt, erzählt er. „Das Schreiben des Nachbarn wurde beim Notar hinterlegt und der Kaufvertrag entsprechend abgeändert.“
Doch der Kauf kam schließlich nicht zustande, denn: „Die Gemeinde hatte Bedenken, dass aus der Immobilie eine Unterkunft für Ausländer wird. Schließlich wohnen bereits nebenan ausländische Leiharbeiter der Firma Mawo“, berichtet Aksoy. Das habe ihm die Kerzenheimer Ortsbürgermeisterin Andrea Schmitt mitgeteilt. Um das zu verhindern, habe sie ihm mehrmals angeboten, dass die Gemeinde das Gebäude kauft und es an ihn für sein Lager vermietet. Das wollte Aksoy nicht. Stattdessen habe er ihr vorgeschlagen, dass er eine solche Nutzung sogar notariell ausschließen werde. „Sie wollte im Gemeinderat besprechen, ob das möglich ist. Dieses Gespräch wurde im Auto über die Freisprech-Anlage geführt, dafür gibt es drei Zeugen“, betont Aksoy.
Der Schock beim Notar
Doch dann hörte er nichts mehr von der Ortsbürgermeisterin - bis Aksoy den Kaufvertrag beim Notar unterschreiben wollte: Plötzlich hieß es, die Gemeinde mache von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch und wolle einen Dorfladen in dem Gebäude einrichten. Das machte ihn stutzig. „Die Gemeinde hat doch sowieso kein Geld. Und die ganze Zeit kein Interesse an der Immobilie.“
Die Gemeinde habe das Haus erst jetzt gekauft, weil es vorher schlicht viel zu teuer war, sagt die Ortsbürgermeisterin und spricht von anfänglich mehr als 250.000 Euro als Verkaufspreis. Als dieser dann auf 40.000 Euro heruntergegangen sei, habe sich die Gemeinde das Angebot nicht entgehen lassen wollen. „Ich kann den Unmut von Herrn Aksoy verstehen. Aber dabei geht es nicht um ihn persönlich oder um Ausländer“, betont Schmitt.
In Wohnungen für Monteure gibt es regelmäßig Ärger
Ja, es habe im Vorfeld ein Gespräch zwischen ihr und Aksoy stattgefunden, aber: „Dabei ging es nur um Wohnungen für Monteure. Er hat versichert, dass er dort keine einrichten will. Ich sagte: ,Das wäre mir sehr recht.‘ Denn nebenan gibt es bereits solche Wohnungen und dort gibt es regelmäßig Ärger“, schildert Schmitt den Ablauf des Gesprächs. Auf Aksoys Angebot sei sie nicht eingegangen, weil die Gemeinde eine Steuerungsmöglichkeit über die Nutzung des Gebäudes haben möchte. Schließlich liege es im mitten im Ortskern und sei ein Ladengeschäft mit Schaufenster, das viele Möglichkeiten für Umsetzungen von Projekten für die Ortsentwicklung biete. Doch solche Projekte brauchten Zeit und Aksoy habe schon viele Dinge in der ehemaligen Bäckerei gelagert. Deshalb habe sie ihm angeboten, ihm die Räumlichkeiten zu vermieten, bis er ein neues Lager gefunden hat. „Ich wollte ihm damit was Gutes tun“, versichert sie.
Aksoy will das Gebäude nach wie vor kaufen und wird nun von seinem Anwalt prüfen lassen, ob die Gemeinde überhaupt das Recht zu dem Kauf hatte.
Autor:Cynthia Schröer aus Landstuhl |
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