Erkenbert-Museum Frankenthal: „Objekt des Monats“
Adelige im Schäferinnenkostüm
Frankenthal. Da die Stadtbücherei pandemiebedingt weiterhin geschlossen bleibt, stellt das Erkenbert-Museum sein „Objekt des Monats“ auch im April ausschließlich auf der Website www.frankenthal.de/erkenbert-museum (unter dem Menüpunkt „Objekt des Monats“) vor. Im Mittelpunkt steht dieses Mal eine Porzellanfigur einer Adeligen im Kostüm einer Schäferin.
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Luxuriöser Lebensstil, prunkvolle Maskenbälle und Verwechslungskomödien – diese Assoziationen stellen sich beim Stichwort „Höfisches Leben im Barock“ sofort ein. Auch das aktuelle „Objekt des Monats“ lädt zu Gedankenspielen dieser Art ein. In der Porzellanmanufaktur Frankenthal entstand um 1760 die Figur einer adeligen Dame im Kostüm einer Schäferin als Teil einer Zweiergruppe. Ihr zu Füßen lagert ein Lämmchen, in der Hand hält sie einen geöffneten Vogelkäfig. Das Vöglein ist entwichen und hat sich auf ihrer Hand niedergelassen. Lächelnd wendet die Schöne ihren Kopf, den eine kokett seitlich aufgesetzte gelbe Kappe ziert. Adressat der freundlichen Geste mag ihr Pendant sein, ein schmucker Herr, zu dessen Füßen ein Hündchen ruht und der mit seinem Dreispitz ein weiteres Vögelchen gefangen hat. Das erotisch gefärbte Vogelmotiv bringt das Lebensgefühl hochgestellter Herrschaften zum Ausdruck. Die Strenge des Hofzeremoniells lockerte sich, Darstellungen in Kunst und Kunsthandwerk muten frivol und verspielt an. Das Dasein des einfachen Volkes wurde dabei idealisiert, die Fiktion eines freien Lebens ohne Reglement und Etikette übte einen großen Reiz aus. Derbes, gar zügelloses Verhalten wurde gebilligt, solange es sich im Rahmen einer Maskerade entfaltete. Das Thema der Adeligen als Schäferin erlangte durch die französische Königin Marie-Antoinette Berühmtheit. Sie ließ sich im Schlosspark von Versailles eine Schäferhütte bauen, um mit ihren Hofdamen als Schäferin auf Zeit zu leben. Die Dame aus Frankenthaler Porzellan wurde von einem der bekannten Modelleure Johann Wilhelm Lanz oder Johann Friedrich Lück geschaffen. Sie trägt gelbe Schuhe passend zur Kopfbedeckung. Kleidung und Schuhe der Damen von Stand waren in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts häufig aus dem gleichen Stoff gefertigt. Die junge Frau jedoch trägt zum Mieder aus Goldbrokat einen gemusterten Rock in Rottönen, von dem sich die gelben Schnallenschuhe mit Absatz reizvoll abheben. Unter geschürzten Röcken und einer schlichten weißen Schürze als Teil ihrer Verkleidung lässt die Adelige ihr kostbares Schuhwerk sehen, das in modischer Hinsicht ganz auf der Höhe der Zeit ist. ps
Autor:Gisela Böhmer aus Frankenthal |
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