Ökumenisches Gemeindezentrum lebt die Einheit vor
Glaube verbindet
Frankenthal. Im Ökumenischen Gemeindezentrum (ÖGZ) wird seit 46 Jahren die Ökumene gelebt. Über die Lichtblicke und Anfänge des ÖGZ erzählen die evangelische Pfarrerin Heike Rauber, der katholische Pfarrer Stefan Mühl und Gründungsmitglied Klaus Fleer in der St. Jakobuskirche.
Bei der Planung der ökumenischen Gottesdienste arbeiten katholische und evangelische Pfarrer eng zusammen. „Ich sehe das als Bereicherung“, erklärt Rauber. „Die Arbeit zeigt, dass es viele Gemeinsamkeiten zwischen den Konfessionen gibt. Ich habe es in den fünf Jahren meiner Amtszeit hier noch nie erlebt, dass einer zum anderen gesagt hätte „Das geht so gar nicht im Gottesdienst“. Auch waren wir uns nie über irgendetwas Grundsätzliches uneinig.“ Reibereien gibt es keine. Im Gegenteil: Man versteht sich gut und arbeitet auf Augenhöhe zusammen.
Zweimal im Jahr wird der Kanzeltausch geplant und gefeiert: Ein katholischer und ein evangelischer Pfarrer predigen vor der jeweils konfessionsfremden Partnergemeinde. Unter dem Namen „Leuchtfeuer“ finden im Winter monatliche ökumenische Abendgottesdienste statt, die gesellschaftliche Trendthemen ansprechen. „Auch wichtige Jahrestage feiern wir ökumenisch, wie den Aschermittwoch, Silvester, die Osternacht, das Gemeindefest und die Kirchweihe“, erzählt Mühl. Seit 2020 gibt es eine ökumenische Messe an Heiligabend. Die Gemeinden feiern aber natürlich auch konfessionelle Gottesdienste. Weitere gemeinsame Projekte sind Gospelchor, Seniorenarbeit und Pfadfindergruppe.
Seit März hat die Evangelische Landeskirche eine zweite Pfarrerin, Christina Neumann, ins Gemeindezentrum im Pilgerpfad entsandt. „Darin zeigt sich, dass die Landeskirche im ÖGZ ein Projekt sieht, das sich zu unterstützen lohnt“, sagt Rauber.
Bereits 1972 hatten Evangelische Landeskirche sowie auch das Bistum Speyer ihr Okay für den Bau des ÖGZ gegeben. Unter dessen Dach sollten Protestanten und Katholiken im neuen Kirchenbezirk Pilgerpfad zusammenrücken. „Der Bau der geteilten Kirche und des geteilten Gemeindehauses war deutlich billiger als der Bau von je zwei Gebäuden“, erzählt Ehren-Presbyter Klaus Fleer. „Die Idee entstand aber nicht nur aus der Not der Nachkriegs-Ära heraus, sondern auch aus dem Glauben an die Ökumene.“
1968 herrschte in beiden Kirchen eine Aufbruchsstimmung. Die katholische Kirche entschied, dass Christus nicht allein in ihr wirke, sondern auch in der evangelischen Kirche. „Man begann, nach dem Gemeinsamen zu suchen. So verbindet uns unser Glaube an Jesus Christus, die Taufe und vieles mehr“, sagt Mühl. Der Idee des katholischen Pfarrers Willibald Müller und des Dekans August Hussong im Jahr 1962, das ÖGZ zu bauen, stimmten Kirchenräte und Gremien zu und schließlich auch Bischof und evangelischer Kirchenpräsident in Speyer. Das ÖGZ wurde 1976 fertig gestellt. Die Katholiken finanzierten die Kirche, die Protestanten das Gemeindehaus. Entsprechend teilen sich heute die Besitztümer auf.
Lichtblicke in der Anfangszeit waren die ökumenischen Trauungen, die es juristisch nicht gibt, wie Fleer erzählt. „Manche Paare haben in der Region gebaut, weil es das Gemeindezentrum gibt“, erklärt Rauber. „Die Familien haben darunter gelitten, dass sie in konfessionsverbindenden Gemeinschaften leben. Sie suchten eine Gemeinde, in der sie angenommen werden, wie sie sind.“
Kirchliche Gebäude und deren Kosten sind ein aktuelles Thema. „Katholische und evangelische Gemeinden nutzen aus finanziellen Gründen auch anderswo nur noch eine Kirche oder ein Gemeindehaus“, sagt Rauber. „Es ist sicher nicht die Zeit für den Neubau solcher Zentren, wie wir eines haben. Aber das ÖGZ ist ein Erfolgsmodell, aus dem man viel lernen kann.“ jg
Autor:Stadtmagazin Frankenthaler aus Frankenthal |
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