Unternehmer in der Krise
So erleben Frankenthaler Einzelhändler die Pandemie

Langsam füllt sich die Innenstadt wieder. Immer abhängig von der Inzidenz sind die Geschäfte geöffnet oder eben nur im Click&meet System.
 | Foto: Gisela Böhmer
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  • Langsam füllt sich die Innenstadt wieder. Immer abhängig von der Inzidenz sind die Geschäfte geöffnet oder eben nur im Click&meet System.
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Frankenthal. Seit über einem Jahr beherrscht die Coronakrise unser Leben. Jeder hat für sich zu kämpfen, für jeden gibt es eine persönliche Geschichte aus beziehungsweise mit der Krise. Auch die Unternehmen in Frankenthal, die unser tägliches Leben eigentlich bereichern, werden extrem ausgebremst und haben ihre eigene Geschichte rund um Corona. Für die heutige Ausgabe des Stadtmagazins Frankenthaler, sprachen wir mit einigen Unternehmen aus Frankenthal und Umgebung und wollten wissen, wie es ihnen ergangen ist, wie sie bisher mit der Krise klargekommen sind und welche Herausforderungen sie sehen.

Viel investiert – Mitarbeiter sind kein Puffer!

„Durch die Corona Pandemie haben wir sehr viel investiert. Plexiglasscheiben an den Kassen, eine neue Kasse für über 60-Jährige, Desinfektionsgeräte für Kunden, Mitarbeiter aber auch für den Korb oder Einkaufswagen und wir haben den Lieferservice etabliert“, berichtet Sven Stiegler von Edeka Stiegler. Der Lebensmittelhandel war von den Schließungen nicht betroffen, hat aber auch hier Unmengen an Geld verschlungen. „Wir haben letztes Jahr die Initiative „Die Region hält zusammen“ ins Leben gerufen. Uns war es wichtig, Lieferanten oder regionale Partner in der schwierigen Zeit eine Plattform zu geben, um ihre Produkte anzubieten. Ob für Schausteller, Blumenläden oder Restaurants – in dieser Zeit wollten wir zusammenhalten“, berichtet Sven Stiegler weiter. Auch wenn der Lebensmittelhandel offen hatte, die Krise ging auch an diesen Menschen nicht vorbei. „Immer wieder – auch noch heute – kommt es vor, dass Kunden unsere Mitarbeiter beschimpfen und ihren Druck an ihnen ablassen. Jeder ist gestresst durch diese schwierige Zeit, aber die Mitarbeiter sind kein Ablassventil, auch sie haben mit der Krise zu kämpfen“.

Wie soll man da noch Werbung schalten?

Ulrich Wiewelhove ist für die Gestaltung der Anzeigen vom Westfalia Möbel Peeck zuständig. Seine Aufgabe ist die aktuellen Angebote und Aktionen auszuarbeiten. Doch das ist in dieser Zeit gar nicht so einfach. „Manchmal recherchiere ich stundenlang und am nächsten Tag muss ich alles von vorne anfangen, weil sich die Situation geändert hat“, berichtet er. Das Möbelhaus hat mehrere Filialen, darunter in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Brandenburg. Was in der einen Region erlaubt ist, ist in der anderen verboten. „Wir müssen jedes Geschäft anders planen und – auch wenn es grundsätzlich gut ist – macht der Inzidenzplan Schwierigkeiten“. Wenn eine Region sich sehr nah an einer 50er Inzidenz hangelt, ist nicht klar, ob in der folgenden Woche auch noch wirklich das Unternehmen geöffnet ist oder ob dann beispielsweise nur noch Click & meet möglich ist. Noch schlimmer bei einer Inzidenz von 100. Offen oder zu? Das macht eine Planung unglaublich schwierig. „Wir müssen flexibel reagieren. Tag für Tag. Aber Menschen, die aktuell bauen oder die Renovierung der Küche planen, die wollen nicht nur online nach ihrem Produkt schauen. Sie wollen sehen, fühlen, erleben und das geht eben nur in einem Fachgeschäft“.

Nahezu Totalausfall!

Jens Scholz, Inhaber von Juwelier Scholz, hat den Glauben an die Politik verloren. „Wir hatten jetzt zum zweiten Mal nahezu einen Totalausfall. Wir wollen uns zwar aus dem Tal herausarbeiten, ich befürchte aber, dass die Politik uns nur begrenzt Luft holen lässt, um uns dann wieder mit neuen Zahlen und Verordnungen zu drangsalieren. Ich habe den Glauben an unsere Staatslenker leider verloren. Wir werden froh sein können, wenn wir am Ende des Jahres wirtschaftlich überlebt haben“, berichtet er dem Stadtmagazin Frankenthaler. Im letzten Lockdown im Winter konnte er zwar Service-Arbeiten und Reparaturen anbieten, aber davon haben Wenige Gebrauch gemacht. Das Online-Shopping ist für kleine Betriebe eine Hürde, die, wenn sie dann genommen wird, für das Unternehmen selbst unwirtschaftlich ist. „Da braucht es Größe, kleine Geschäfte, wie das meinige, sind damit überfordert“. Selbstverständlich hat auch Juwelier Scholz in die notwendigen Hygiene- und Schutzmaßnahmen investiert – doch deswegen öffnen durfte er nicht.
Mit der neuen Verordnung „Inzidenz kleiner oder größer 50“ ist er nicht zufrieden. „Ehrlich gesagt: Gar nicht! Wer die Dreisatzrechnung beherrscht, kommt darauf, dass es seit einem Jahr nur um max. 0,5 Prozent der Bevölkerung ging, die irgendwie mit Corona in Berührung kam. Auf deutsch: 99,5 Prozent hatten mit der Pandemie bisher überhaupt nichts zu tun. Es ist und bleibt eine Zumutung – schlaue Politiker sitzen in Sesseln und entscheiden – die haben überhaupt keine Ahnung wie es unten an der Basis aussieht. Unsere gesamten hart erarbeiteten Steuergelder werden Jahr um Jahr in den Sand gesetzt und zum großen Anteil einfach vergeudet“. Wir haben den Inhaber von Juwelier Scholz auch gefragt, wie er über die Coronakrise denkt, seine Antwort: „Die ganze Krise erscheint künstlich. Wer ein wenig Zeit gehabt hat nachzudenken, musste darauf kommen, dass hier kein Zufall im Spiel ist. Es sieht gerade so aus, als ob das Szenario gewollt war und weitergeführt werden wird. Im Hintergrund wird fieberhaft um ein neues Weltwirtschaftsmodell gerungen. Die Börsen sind vollkommen überbläht, das Giralgeld ist außer Rand und Band. Die drohenden Zusammenbrüche der Banken und des Geldsystems wurden in den letzten 13 Jahren nur mit eingepumptem billigem Geld verhindert – um den Preis einer noch stärker anwachsenden Blase. Tausende Betriebe werden in den Ruin getrieben. Mein Betrieb sollte meine Rente sein – von dem Gedanken konnte ich mich verabschieden. Wer will denn unter diesen Umständen noch ein Einzelhandelsgeschäft übernehmen? Niemand sollte den Ernst der Lage unterschätzen - so viel: es geht meines Erachtens nicht um Gesundheit. Die Maske ist ein gutes Symbol – man weiß einfach nicht, wer sich dahinter verbirgt. Man muss selber denken“.

Hygienemaßnahmen – das A und O

Gisela Becker von Immobilien Gisela Becker berichtet: „Für die Immobilienbranche hat sich durch den Lockdown beziehungsweise in der ganzen Pandemie grundlegend nicht viel geändert, da wir als Makler für unsere Kunden zur Verfügung stehen dürfen. Durch erhöhte Vorsichtsmaßnahmen, gültige Verordnungen mit Maske und ausreichend Abstand, ist eine Besichtigung immer möglich. Da ich nur für mein Unternehmen sprechen kann, ist ein Immobilienkauf/Verkauf, eine Beratung sowie Vermietungen eine Vertrauensangelegenheit zwischen meinen Kunden. Durch ein vorheriges persönlich geführtes Gespräch kann vieles im Vorfeld abgeklärt werden, so dass manchmal eine Besichtigung nicht notwendig ist.
Online – Videobesichtigungen sind zwar eine gute Möglichkeit, aber nach meinen Erfahrungen möchten Interessenten sich die Räumlichkeiten vor Ort ansehen, um ein sicheres Gefühl für die Lage und die Räumlichkeiten zu bekommen. Danach steht einem Abschluss nichts mehr im Wege.
Eine große Nachfrage besteht nach wie vor. Meine Kunden möchten gerne eine geeignete Immobilie nach ihren Bedürfnissen und Wünschen kaufen, wobei die Finanzierung eine untergeordnete Rolle darstellt.
Grundsätzlich gibt es keine erfolgreichen oder weniger erfolgreichen Jahre, wenn Immobilien marktgerecht und sinnvoll veräußert werden“.

Fitnessbranche – diffizilere Prüfung wäre wünschenswert

Uwe Köhler, Studioleitung der Freizeitanlage Barth, ist mehrfach betroffen. „Nicht nur das Fitnessstudio musste geschlossen werden, sondern auch das Kinderspielland, der Ballsport und das Restaurant. Wir sprechen hier von ca. 10.000 Quadratmetern Fläche die trotz „Null“ Einnahmen seit November vergangenen Jahres am Laufen gehalten werden muss“, berichtet er. Von den versprochenen finanziellen Hilfen kam bisher nicht viel an. Dabei wurde nach dem ersten Lockdown viel investiert! „Wir haben zusätzliche Trainingsflächen angebaut, um die Nutzfläche zu entzerren, Hygienestationen im kompletten Studio etabliert und in Zusammenarbeit mit dem Gesundheits- und Ordnungsamt ein Hygienekonzept erarbeitet. Das Resultat war eine erneute Schließung im November 2020, die bis heute andauert. Eine Öffnungsperspektive gibt es für uns Studiobetreiber nur bedingt“, so Uwe Köhler. Zwar gibt es eine Öffnungsoption für ein Training im Innenbereich, aber die Bedingungen sind enorm. „Wenn jeder Trainierende bei jedem Besuch einen tagesaktuellen Selbsttest vorlegen muss, ist das ein Kostenfaktor der leicht 60 bis 80 Euro im Monat zusätzlich kosten würde. Diese Tatsache relativiert eine Öffnung der Studios enorm“. Das Fitnessstudio hat eine Onlineplattform eingeführt, die mittlerweile 100 Kurse beinhaltet. Für Mitglieder ist diese kostenfrei, obwohl keine Beiträge mehr eingezogen werden. „Nicht nur, dass die Schließung der Fitnessanlagen für viele Betreiber ein finanzielles Desaster darstellt, so entsteht auch ein erheblicher Schaden für die Volksgesundheit. Bei all den politischen Debatten hat es den Anschein, dass das Wissen was eigentlich heute ein Fitnessstudio leistet, quasi nicht vorhanden ist. Wir im Gesundheitsstudio Barth arbeiten zum Beispiel seit Jahren unter anderem auch mit Personen, die an Parkinson erkrankt sind. Das Training ist für diesen Personenkreis eine der wichtigsten Dinge, um den Alltag besser zu bewältigen. Der bisherige Trainingsausfall durch die Zwangsschließung ist nicht wieder einzuholen. Leider spricht man hier nicht von der persönlichen Würde wie es Herr Söder als Begründung für die Öffnung der Friseure angeführt hat“, so Uwe Köhler. Er stellt auch den kompletten Lockdown in Frage, was man am Beispiel Schweden sehen konnte. „In Bezug auf die Komplettschließung einiger Branchen hätte man die einzelnen Unternehmen diffiziler auf eine eventuelle Schließung prüfen müssen. Ich denke, es ist wahrscheinlicher, dass ich mich beim Einkaufen im Discounter anstecke, als bei uns im Fitnessstudio“.

Fazit: Eine brauchbare Dauerlösung ist nötig

Keiner leugnet die Corona-Pandemie. Jedem ist bewusst, dass man vorsichtig handeln muss, um die Menschen zu schützen. Aber der große Wunsch ist: Eine brauchbare Dauerlösung für die Wirtschaft zu schaffen und das mit Sinn und Verstand. Ob die neue Verordnung dies wirklich abbildet, das bleibt abzuwarten. Für viele Unternehmer wird auch 2021 nicht gewinnbringend, entstandene Verluste sind sicherlich noch Jahre später auszugleichen. gib

Autor:

Stadtmagazin Frankenthaler aus Frankenthal

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