Umsatzrückgänge und Liquiditätsverlust
Corona-Krise trifft Mittelstand mit Wucht
Pfalz. Geschäftsschließungen, Reisebeschränkungen und Kontaktverbote führen zu Umsatzeinbrüchen, schmelzenden Liquiditätspolstern und unsicheren Geschäftsaussichten – und bedrohen die Existenz vieler kleiner und mittlerer Unternehmen, wie eine aktuelle, repräsentative Sonderbefragung von KfW Research auf Basis des KfW-Mittelstandspanels in der ersten Aprilwoche zeigt: Über 2,2 Mio. Mittelständler (58 Prozent) verzeichnen im März Umsatzeinbußen aufgrund der Corona-Eindämmungsmaßnahmen. Im Durchschnitt geht den Unternehmen etwa die Hälfte (53 Prozent) der üblicherweise im März zu erwartenden Umsätze verloren. Das entspricht etwa 39.000 Euro je Unternehmen. Insgesamt büßt der Mittelstand damit im März ca. 75 Milliarden Euro oder zwei Prozent seiner Jahresumsätze ein. Blieben die Umsatzeinbrüche weiterhin auf ähnlichem Niveau, dann reichen die eigenen Liquiditätsreserven bei der Hälfte der Unternehmen noch bis Ende Mai.
„Die aktuelle schrittweise Rückführung der Corona-bedingten Eindämmungsmaßnahmen lässt auf eine Entspannung im Mittelstand hoffen. Viele Unternehmen können ihr Geschäft wieder aufnehmen. Doch eine Rückkehr zum Vor-Corona-Alltag wird für die meisten nicht reibungslos möglich sein, niedrigere Umsätze und Liquiditätsengpässe dürften die Mittelständler auch in den nächsten Wochen begleiten“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Staatliche Hilfsmaßnahmen und KfW-Liquiditätsmaßnahmen bleiben daher für die kleinen und mittleren Unternehmen weiter nötig und hilfreich: Sie federn die Folgen des Corona-bedingten Stillstands ab und ermöglichen es den Unternehmen, länger durchzuhalten.“
Im Detail zeigt die KfW-Analyse, dass kleinere Unternehmen etwas häufiger von Umsatzrückgängen im März betroffen sind (58 Prozent) als größere Mittelständler mit mehr als 10 Beschäftigten. Unter den Wirtschaftszweigen beklagen die Dienstleister am häufigsten Umsatzrückgänge. Allerdings weisen 40 Prozent der Mittelständler etwa gleichbleibende Umsätze auf. Dies sind vor allem größere Mittelständler – und mit Blick auf die Branchen vor allem Unternehmen aus dem Handwerk sowie Unternehmen des Baugewerbes. Wenige Mittelständler können Umsatzzugewinne verbuchen, zum Beispiel Mittelständler des Verarbeitenden Gewerbes und Mittelständler im Handel.
Die Umsatzeinbrüche belasten die Liquidität der Firmen deutlich. 44 Prozent berichten von einer Reduktion ihrer Liquiditätsreserven aufgrund der Folgen der Corona-Krise. Für sämtliche Größenklassen und Branchen im Mittelstand zeigt sich: Sofern die gegenwärtige Situation anhält oder. sich nicht verbessert (gerechnet ab April) verfügen ungefähr die Hälfte aller Unternehmen über Liquiditätsreserven, die bis maximal zwei Monate ausreichen. Danach droht die Aufgabe der Geschäftstätigkeit. Bei vier Prozent der Unternehmen reichen die liquiden Mittel nur bis zu zwei Wochen, bei weiteren 14 Prozent bis zu einem Monat.
Neben Umsatzeinbußen und Liquiditätsengpässen hat der Corona-bedingte Stillstand weitere Auswirkungen, die Mittelständlern das unternehmerische Leben erschweren: Bei einem Viertel der Unternehmen kommt es zu Störungen im Geschäftsbetrieb, weil Mitarbeiter ausfallen oder Lieferketten unterbrochen wurden.
Aller harten Einschnitte durch Corona zum Trotz: Die Widerstandsfähigkeit im Mittelstand gegenüber unerwarteten Ereignissen hat sich in der zurückliegenden Dekade enorm erhöht. „Der Mittelstand hat seine Hausaufgaben gemacht und in den vergangenen Jahren seine Eigenkapitalausstattung deutlich verbessert “, sagt Fritzi-Köhler-Geib. „Die in den vergangenen Jahren aufgebauten Finanzpolster helfen in der aktuellen Krise, Verluste temporär zu verkraften und den Druck auf die Liquidität zu mindern.“
Im Durchschnitt ist die Eigenkapitalquote im deutschen Mittelstand zwischen 2002 und 2018 um 13 Prozentpunkte auf aktuell 31 Prozent gestiegen. Die hohen Eigenkapitalquoten und die damit verbundene höhere Bonität dürfte den Unternehmen in der aktuellen Situation auch helfen, leichter an Fremdkapital zukommen, um etwaige Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Da viele Mittelständler zu Beginn der Krise einen moderaten Schuldenstand aufweisen, ist die Gefahr, dass eine zunehmende Kreditaufnahme einen Großteil der Firmen in die Überschuldung treibt, auch überschaubar. kim/ps
Autor:Kim Rileit aus Ludwigshafen | |
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