40 Jahre präventive Integration am PIH in Frankenthal
Modellversuch macht Schule
Frankenthal. Seit 40 Jahren ist das Pfalzinstitut für Hören und Kommunikation (PIH) in Frankenthal erfolgreich auf dem Gebiet der präventiven Integration unterwegs. Aus einem Modellversuch wurde eine bundesweit anerkannte und praktizierte Unterrichtsform, bei der hörende und hörgeschädigte Kinder gemeinsam betreut werden. Ihren Anfang nahm die präventive Integration 1978 in der Kindertagesstätte am PIH; heute durchzieht sie alle Klassenstufen. „Vor 40 Jahren hat Dr. Herbert Breiner die Inklusion erfunden“, sagte Schulleiter Rainer Schiffer bei einer Feierstunde. Das pädagogische Konzept habe von Anfang an funktioniert. Die pädagogische Integration sei „eine Erfolgsgeschichte, jedoch kein Selbstläufer“, denn viel Überzeugungsarbeit musste geleistet werden. Am PIH werde „erfolgreich Inklusion gelebt“. Der Zuspruch der Eltern sei nach wie vor ungebrochen. Dieses einzigartige Schulkonzept könne man im Anschluss an die Feierstunde am Tag der offenen Tür erleben.
Dr. Herbert Breiner, der von 1969 bis 1993 das PIH leitete, stellte seine Erkenntnisse einer gelungenen Integration vor. So reiche beispielsweise das bloße Hineinmischen hörgeschädigter Kinder unter hörende nicht aus; auch könnten erst fünf bis sieben hörende Kinder in einer Gruppe Hörgeschädigter ihre eigenen Bedürfnisse einfordern. Wichtig sei es, die speziellen Bedürfnisse hörgeschädigter Kinder zu berücksichtigen. Schließlich sei es unabdingbar, dass Fachpersonal zur Verfügung stehe, das eine besondere Eignung als Veranlagung mitbringe, wie Empathie, Kreativität, pädagogisches Geschick und Heiterkeit, um eine entspannte Atmosphäre zu schaffen. Darüber hinaus müssten die Räume eine spezielle Ausstattung mit hörtechnischen Geräten und speziellem Lehr- und Lernmaterial aufweisen. Das Forschungsprojekt sei aus Bundesmitteln gefördert und von der Landesregierung anerkannt worden, so Breiner. Auch hätten andere Schulen in Deutschland das Modell übernommen. Als Fazit stellte er fest, dass die „gemeinsame Förderung von hörgeschädigten und hörenden Kindern gewinnbringend für beide Seiten“ sei.
Dr. Stephanie Katzenbach, deren fünfjähriger hörender Sohn seit einem Jahr die Kindertagesstätte des PIH besucht, erläuterte die Vorteile der gemischten Gruppen. So würde die soziale Kompetenz gefördert und Berührungsängste abgebaut; auch sei das Fachpersonal am PIH unübertroffen, das einen respekt- und liebevollen Umgang pflege. „Unsere Erwartungen und Hoffnungen wurden mehr als erfüllt.“ Ihr Sohn habe sich zu einem herzlichen, aufgeweckten, glücklichen Jungen entwickelt, der versuche, Konflikte konstruktiv zu lösen. Dr. Kati Kölbl, die heute als Tierärztin im Lebensmittelbereich arbeitet, berichtete von ihrem Werdegang. Die schwerhörig geborene Frau, deren Beeinträchtigung erst mit zwei Jahren festgestellt wurde, besuchte noch ein Jahr lang den Kindergarten sowie die Grundschule des PIH. Sodann wechselte sie an eine Regelschule, verlor aber immer mehr den Anschluss und absolvierte dann an speziellen Schulen ihre Schulzeit bis zum Abitur und studierte anschließend Tiermedizin. Sie sprach sich für gemischte Gruppen aus, denn dort hätte sie sich integriert gefühlt. Unter nur Hörenden sei sie während ihrer Schulzeit oft ausgegrenzt worden und unter nur Hörgeschädigten habe sie sich nicht in der Sprachbildung trainieren können, die für ein Leben in einer überwiegend hörenden Gesellschaft unabdingbar sei.
Sechs Zehntklässler gaben sodann einen Einblick in den Schulgeschehen. Die gemischten Klassen seien etwas Besonderes. Am PIH würden alle mit ihren Schwächen und Stärken angenommen. Der Film „Zusammen ist schöner“, den Schüler der zehnten Klasse angefertigt haben, zeigt die positiven Erfahrungen der Kinder von der Kita bis zur zehnten Klasse. Kindergartenkinder sowie Schülerinnen und Schüler sorgten mit musikalischen Beiträgen für eine rundum gelungene Feierstunde. Viele Besucher schnupperten beim anschließenden Tag der offenen Tür in den Schulalltag hinein. ps
Autor:Gisela Böhmer aus Frankenthal |
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