Internetseelsorge hilft in schwierigen Zeiten
Sich Probleme von der Seele schreiben
Psyche.Wo findet man Rat, ein Ohr, dass einem zuhört, wenn es einem schlecht geht? Da fällt vielen – sicherlich neben der besten Freundin oder dem besten Freund – die Telefonseelsorge ein. Doch es gibt auch ein weiteres Angebot: die Internetseelsorge, davon haben noch nicht viele gehört. Das Wochenblatt sprach mit Gabriele Bamberger, die im Bistum Speyer für die Internetseelsorge zuständig ist.
„Die Idee zur Internetseelsorge entstand vor rund 25 Jahren. Damals in den Diözesen Würzburg und Freiburg.
Im Bistum Speyer wird seit 2016 aktiv unter www.internetseelsorge.de mitgearbeitet“, informiert Gabriele Bamberger. Diese Internetseelsorge ist kostenlos für Jugendliche und Erwachsene. Und natürlich unterliegen die Menschen, die hier antworten der Schweigepflicht. Doch wer sind diese Menschen?
„Alle Internetseelsorger sind vom Beruf her Theologen, meist mit unterschiedlich pastoralpsychologischen Ausbildungen und speziell natürlich in der Online-Beratung“, informiert Bamberger. „Ratsuchende Menschen können sich rund um die Uhr auf unserer Homepage www.internetseelsorge.de melden und sich hier frei eine Seelsorgerin/einen Seelsorger aussuchen: Wir stellen uns mit unseren Vornamen, einem Foto und einem kleinen Info-Text vor. Ich habe zum Beispiel in meinem Profil erwähnt, dass ich jahrelang als Klinikseelsorgerin in der Psychiatrie gearbeitet habe. Entsprechend melden sich bei mir viele Menschen mit Depressionen, Angstzuständen, Traumata, Sucht- und Borderline-Erkrankungen“.
Für jeden ist die Krise Individuell
Häufig wenden sich Ratsuchende bei Beziehungskonflikten, Stress in der Schule, am Arbeitsplatz oder der Familie an die Helfer. Es geht aber auch um schwere Erkrankungen, Erschöpfungs- und Überlastungsreaktionen, Trauer- und Einsamkeitssituationen, bis hin zu Glaubenszweifeln.
„Bei eher schambesetzten Themen wie Schulden, Missbrauch, Sucht, Sexualität und Suizidgedanken trauen sich Menschen oft eher anonym zu schreiben, als zum Beispiel in Präsenz eine Beratung aufzusuchen. Im Gesamten sind die geschilderten Sorgen und Fragen so vielfältig wie Menschen und Lebenslagen: Es gibt kein Thema, dass bei Internetseelsorge.de nicht mitgeteilt werden könnte“, so Bamberger. Großer Vorteil der Online-Beratung ist einerseits die Anonymität und andererseits, dass man keine Termine finden muss. Jeder kann schreiben, wann immer er es möchte.
„Wir Internetseelsorger versuchen dann, bestmöglich per Antwort-Mail in der Regel von ein bis drei Tagen zu unterstützen und mit den Ratsuchenden einen Weg aus der Krise zu finden“.
Und wie wird geholfen? „Ratschläge gebe ich persönlich nicht, denn diese wirken oftmals für die Betroffenen wie „besserwisserische Schläge“. Vielmehr lasse ich die E-Mails auf mich wirken, teile meine Gedanken und Empfindungen hierzu behutsam mit, versuche auch, zwischen den Zeilen zu lesen, was Menschen innerlich bewegt. Wichtig ist mir, die schreibenden Menschen möglichst gut in ihren Anliegen zu verstehen. So entwickelt sich häufig ein sehr persönlicher Austausch; teilweise über Wochen hinweg. Erscheinen mir ergänzend weiterführende Entlastungs- oder Hilfsangebote, wie zum Beispiel eine Schuldner- oder Sozialberatung, Psychotherapie, hilfreich, so teile ich dies den Ratsuchenden als „freie Überlegung“ mit.
Schnelle Hilfe
Menschen, die sich in einer hochakuten Notsituation befinden vor allem mit suizidalen Absichten, sollten sich an die Telefonseelsorge wenden. Die Berater sind auch nachts und am Wochenende unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 1110111 ansprechbar. gib
Autor:Gisela Böhmer aus Frankenthal |
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