Reihe "Deutschland ist Kartoffelland" Teil 1
Wie die Kartoffel auf unsere Teller kam

Als die Kartoffel nach Europa kam, aß man zuerst die Knospe der Kartoffelblüte, die schmeckt nicht nur nicht, sie ist auch noch gesundheitsschädlich. | Foto: Gisela Böhmer
  • Als die Kartoffel nach Europa kam, aß man zuerst die Knospe der Kartoffelblüte, die schmeckt nicht nur nicht, sie ist auch noch gesundheitsschädlich.
  • Foto: Gisela Böhmer
  • hochgeladen von Sibylle Schwertner

Deutschland ist ein Kartoffelland (1).  Die Kartoffel ist eines unserer wichtigsten Lebensmittel. Deshalb stellen wir sie in den Mittelpunkt einer kleiner Reihe, in der wir über die Geschichte, den Anbau und Verkauf der Kartoffel informieren wollen. Die Wochenblätter beteiligen sich mit dem Thema Kartoffelland an der bundesweiten Aktion der Anzeigenblätter, die vom Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter (BVDA) in Berlin als Sonderthema gewählt wurde. Los geht es mit einem kleinen Überblick über den weiten Weg, den die Kartoffel, das Gold der Inkas, vom fernen Peru auf unsere Teller nehmen musste.

Leicht hatte es die Kartoffel wahrlich nicht zum Volksnahrungsmittel in Europa zu avancieren. Denn als die spanischen Eroberer sie in den Anden Perus entdeckten und als schön blühende Pflanze mit nach Hause nahmen, vergaßen sie dummerweise, sich die Gebrauchsanweisung mitgeben zu lassen. Statt der Knollen probierte man nämlich erst die kleinen Früchte, die aus den Blüten entstehen. Die schmecken in der Tat recht übel und sind alles andere als gesundheitsfördernd. Angeblich sollen die unterirdischen Knollen erst dem Gärtner von Sir Francis Drake aufgefallen sein, als der die Pflanzen auf Geheiß seines Herrn wieder ausgraben und entsorgen sollte, ehe sie den ganzen Garten verseuchten. Das alles spielte sich Mitte des 16. Jahrhunderts ab, als die Spanier die Weltmeere bereisten auf der Suche nach Gold und Sir Francis Drake die spanischen Schiffe ein ums andere Mal aufbrachte. So jedenfalls soll die Kartoffel von ihrem ursprünglichen Anbaugebiet in Südamerika nach Spanien und England und dann auch auf den europäischen Kontinent gekommen sein. Ob das stimmt? Wer weiß?
Als Heilpflanze fand die Kartoffel schnell Verbreitung. Schon 1573 wird sie in Unterlagen eines Hospitals im spanischen Sevilla erwähnt und der spanische König Phillipp II. soll sie dem erkrankten Papst Pius IV. als Genesungskost geschickt haben. Als Nahrungsmittel aber fand sie absolut keinen Gefallen, sie konnte vom Geschmack her niemanden überzeugen, eben weil die oberirdisch wachsenden Früchte und später die Knolle roh gegessen wurden. Kein Wunder also, dass sie schnell als „Teufelszeug“ verschrien war und statt auf den Tellern in den Schweinetrögen landete. Nur in einem Kochbuch aus dem Jahre 1581, verfasst von Marx Rumpolt, seines Zeichens Mundkoch des Mainzer Kurfürsten, soll die Kartoffel unter der Bezeichnung „Erdäpfel“ Verwendung gefunden habe. Nur wurden Kartoffel im Jahre 1581 noch gar nicht Erdäpfel genannt und so darf bezweifelt werden, dass der Koch am Mainzer Hofe wirklich Kartoffeln in seinem Rezept verarbeitet hat.
Tatsächlich hatte es die Kartoffel gerade in Deutschland besonders schwer. Ihr Siegeszeug begann erst mit Friedrich dem Großen, der zu Beginn des 18. Jahrhunderts das Potenzial der Kartoffel zu Bekämpfung von Hungersnöten bei stetig steigenden Bevölkerungszahlen erkannte und den Anbau mit einem königlichen Befehl durchsetzen wollte. Der „Kartoffelbefehl“ vom 24. März 1756 sah vor, dass alle preußischen Beamten den Untertanen den Kartoffelanbau „begreiflich“ zu machen hätten. Doch der Preußenkönig hatte nicht mit dem Widerstand seiner Bauern gerechnet, der schließlich „nicht frisst, was er nicht kennt.“ Dafür kannte Friedrich aber die Neugier seiner Untertanen umso besser. Also ließ er einen Acker mit Kartoffeln bepflanzen und stellte Soldaten zur Bewachung auf. Das musste etwas Wertvolles sein, keine Frage!
So kam die Kartoffel schließlich doch noch auf die deutschen Felder. Und jetzt war ihr Siegeszug auch nicht mehr aufzuhalten. Nicht zuletzt auch, weil die Kartoffel als anspruchslose Pflanze fast überall wächst und auf der gleichen Fläche bis zu vier Mal so viele Kalorien wie Getreide liefert. Und das war ab Mitte des 19. Jahrhunderts überlebenswichtig, als die Industrialisierung die Menschen in die Städte trieb und die arme Bevölkerung sich das teure Obst und Gemüse nicht leisten konnte. Der anfänglich verschmähte „Erdapfel“ wurde im wahrsten Wortsinn zum Treibstoff für den wirtschaftlichen Aufstieg Europas. Heute wird die Kartoffel auf der ganzen Welt angebaut und ist wie Reis, Weizen und Mais eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel und nicht mehr nur ein Arme-Leute-Essen. Selbst die Zeit, als man sie als Dickmacher erneut verschmähte, hat die „tolle Knolle“ schadlos überstanden. Von unseren Tellern ist sie nicht mehr wegzudenken und hat in den unterschiedlichsten Sorten und Variationen längst auch Einzug in die „Haut Cuisine“ gehalten. /sis

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Autor:

Sibylle Schwertner aus Frankenthal

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