Gekommen, um zu bleiben
Tiere und Pflanzen, die aus Amerika eingewandert sind
Südpfalz. Es kribbelt und krabbelt in der Rheinebene, den Rheinauen, in vielen Seen und Weihern der Südpfalz. Der Kalikokrebs hat sich niedergelassen und häuslich eingerichtet. Und obwohl er eigentlich am Mississippi zuhause ist, fühlt er sich hier pudelwohl. Das ist gar nicht ohne für unser Ökosystem. Auch eine Pflanze treibt in der Südpfalz ihr Unwesen: Die Amerikanische Kermesbeere.
Sie können sich über Land bewegen, nehmen dabei Gewässer in Beschlag, vermehren sich ungehindert und fressen alles von Libellenlarven bis hin zu kleinen Amphibien. Kalikokrebse bringen die Gewässer aus dem ökologischen Gleichgewicht und genau das macht sie für das Ökosystem so gefährlich. Der Bestand von Amphibien, Libellen und anderen Tierarten kann örtlich komplett vernichtet werden. Kalikokrebse sind sogenannte Neozoen. Das sind Tiere, die nicht in einer geografischen Region heimisch sind und erst in der jüngeren Geschichte eingeführt wurden. Nicht alle müssen zwangsläufig schlecht für unser Ökosystem sein. Die etwa zehn Zentimeter großen Schalentiere aber schon.
Kalikokrebse töten Seen und Teiche
„Der Kalikokrebs wurde 1993 das erste Mal in Sinzheim-Schiftung gesehen. Das liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Baden Air-Park, wo Soldaten der kanadischen Airbase stationiert waren“, erzählt Carmen Schauroth von der Nabu Regionalstelle Süd. Die Tiere seien bei uns nie im Zoohandel angeboten worden, in Kanada aber ein beliebter Angelköder und werden dort in Aquarien gehalten. Deshalb wird vermutet, dass die ersten Krebse von kanadischen Soldaten in den Gewässern bei Sinzheim ausgesetzt wurden. Von dort aus haben sie sich entlang des Oberrheins ausgebreitet, denn sie können auch über Land wandern.
„Die Krebse bauen zudem lange Wohnröhren am Gewässergrund und im Uferbereich“, erläutert Carmen Schauroth. Folglich werden sie von Fressfeinden nicht gefunden und können sich unbehelligt verbreiten oder auch längere Trockenzeiten überleben. Kalikokrebse sind Überträger der Krebspest, bekommen die Krankheit selbst aber nicht.
Botenstoffe, die andere Pflanzen am Keimen hindern
Probleme können auch eingewanderte Pflanzen, sogenannte Neophyten, mit sich bringen. Zum Beispiel die Amerikanische Kermesbeere. „Das ist das reinste Teufelszeug“, erklärt Volker Westermann vom Forstamt Pfälzer Rheinauen. Abgestorbene Waldflächen sind mittlerweile von der „total invasiven“ Pflanze mit ihren dunklen Beeren übernommen worden. Die Kermesbeere verbreitet sich durch die hohe Anzahl an Samen völlig problemlos. Die tiefgehende Wurzel treibt immer wieder aus. „Die Pflanze bildet sogar Stoffe, die das Keimen anderer Bäume und Sträucher hindern“, erzählt Westermann. Kiefern, Buchen und andere heimische Baumarten haben keine Chance. „Sie wird im Gartenfachmarkt für den heimischen Garten verkauft. Sie muss irgendwann mit dem Grünabfall im Wald entsorgt worden sein“, ärgert sich Westermann.
„Man kann für die Zukunft nur versuchen, Fehler zu vermeiden. Die Fehler der Vergangenheit sind nicht zu ändern, wir können oft nur versuchen damit zu leben“, findet der Forstmann. „Und ähnlich wie in der Landwirtschaft hat manches ja auch zur Bereicherung beigetragen“, ergänzt er.
Ein ähnlicher Fall wie der Kalikokrebs sei die Schmuckschildkröte. Sie kam als Haustier. „Das Aussetzen einer gebietsfremden Art in der Natur war in diesem Falle falsch verstandene Tierliebe“, sagt Carmen Schauroth. Sie verdrängt die seltene und einzige heimische Schildkrötenart, die Sumpfschildkröte. Der Import von Schmuckschildkröten in die EU zu Handelszwecken sei inzwischen verboten.
In den artenreichen und vielfältigen Wäldern der Rheinauen gibt es auch eingeführte Arten, die problemlos sind. Die Kreuzung der heimischen Schwarzpappel mit der kanadischen ist hier heimisch geworden. Hier steht die Lingenfelder Mutterpappel, ein Baum mit enormen Ausmaßen. Außerdem gebe es hier auch Waschbären und Bisamratten. Sie sind allerdings scheu. uck
Neophyten und Neozoen
„Differenzieren und nicht gleich pauschalisieren!“, betonen Carmen Schauroth und Volker Westermann. Nicht alle eingewanderten Arten müssen zwangsläufig schlecht für das Ökosystem sein. Kartoffeln, Tomaten oder Mais kamen einst aus Südamerika und sind nicht mehr vom Speiseplan wegzudenken. Die Kanadagans hat sich in Europa stark ausgebreitet. Sie ist die größte Gänseart und gilt als nicht invasiv. Bisamratten und Nutrias gibt es in der Pfalz: Die Nager wurden zur Pelztierzucht nach Böhmen eingeführt. Geflohene Tiere breiteten sich in ganz Europa aus. Durch ihre Wühltätigkeit verursachen sie Schäden an Deichanlagen. An naturnahen Gewässern ist das weniger problematisch. Zahlreiche Bäume kamen von Übersee: Die Douglasie, die gutes Holz bietet und klimaresistenter als die Fichte ist oder die Schwarznuss mit wertvollem Holz, die Nagetieren Nüsse bietet. Die Robinie hingegen ist sehr invasiv. Sie breitet sich aufgrund des Klimawandels stark in geschädigten Waldteilen aus. uck
Autor:Dehäm Magazin aus Ludwigshafen | |
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