Städtepartnerschaft Neustadt - Werningerode
Elwedritsche im Harz

Werningerode, Neuer Markt (Foto: Migebert via Wikimedia Commons) | Foto: Migebert, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons
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  • Werningerode, Neuer Markt (Foto: Migebert via Wikimedia Commons)
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Seit 1989 pflegen Neustadt an der Weinstraße und Werningerode im Harz eine Städtepartnerschaft. In der Folge siedelte eine Elwedritsche-Mutter mit Ei in den Harz über. Hier steht sie als Bronzekunstwerk auf dem Neuen Markt, dem früheren Marktplatz der Werningeroder Neustadt. Vor zehn Jahren wurde eine weitere Elwedritsch aufgestellt.

Die Stadtvorstände der beiden Städte haben vor über 35 Jahren bei der Wahl der jeweiligen Partnerstadt ein glückliches Händchen bewiesen. Denn wie der aus Ebertsheim stammende Michael Werner, Sprachwissenschaftler, Publizist und Gründer des pfälzisch-pennsylvanischen Projekts "Hiwwe wie Driwwe" sowie Herausgeber der gleichnamigen Zeitung jetzt herausfand, besteht zwischen Elwedritschen und dem Harz ein kulturgeschichtlicher Zusammenhang:

Spätestens mit der Sesshaftwerdung der Menschen und dem Übergang von Jägern und Sammlern zu Bauern entstand die Angst vor dem Besuch nächtlicher Dämonen während des Schlafs. Greifbar wird dieses kulturelle Muster erstmals in frühen Schriften in Mesopotamien. Dokumentiert sind Handlungen und Bräuche, um sich vor dem Besuch dieser Dämonen zu schützen. Mit der Wanderung von Völkern aus der Region des fruchtbaren Halbmonds nach Europa und Indien und dem Entstehen der sogenannten indoeuropäischen Sprach- und Kulturfamilie diversifizierte sich dieses Muster in den unterschiedlichen Gesellschaften. In der Pfalz entstand das Brauchtum um Elwedritsche, in Bayern kennt man den verwandten Wolpertinger.

Im sich entwickelnden deutschsprachigen Raum in heidnischer Zeit waren die nächtlichen Besucher als "Alben" bekannt, die Menschen als Gottesstrafe während der Nacht heimsuchten (vgl. Albtraum). Im späteren christlichen Kontext sprach man von "Truden", hinter denen letztlich Menschen steckten. Diese übten als Hexen einen Schadzauber aus und quälten ihre Opfer durch nächtliches „Drücken“. Dabei setzten sie sich auf den Oberkörper eines Schlafenden und drückten Brust und Hals ab. Letztlich erklärten sich die Menschen auf diese Weise Fälle von nächtlichem Herztod bei Älteren oder auch einen plötzlichen Kindstod.

Mit der Zeit entstand der Begriff "Albtrude", der beide Kontexte verband. Um die Angst zu verringern, wurde der Dämon im Sprachgebrauch letztlich über "Albendrudche" und "Elbentrötsch" zu "Elbentritsch" bzw. "Elwedtritsch" verkleinert. Der neu entstandene Brauch einer Jagd bewirkte eine Machtumkehr: Jetzt musste sich niemand mehr vor dem Dämon fürchten. Er wurde selbst ins Visier genommen. Ein Dämon aber kann nie gefangen werden, allenfalls gebannt. Deshalb bleibt eine Elwedritsche-Jagd letztendlich auch immer erfolglos.

Der Brocken im Harz ist bekannt als Platz für Walpurgisnacht-Rituale. Johann Wolfgang von Goethe hat dem Volksglauben rund um Hexen und Magie Anfang des 19. Jahrhunderts in seinem „Faust“ ein literarisches Denkmal gesetzt. Und ganz in der Nähe von Werningerode gibt es im Harz eine auffällige Felsformation, die "Trudenstein" genannt wird (vgl. „Trude“). Nördlich und östlich des römischen Limes haben sich Reste heidnischen Brauchtums besser bewahrt als im fränkisch besiedelten und früh christianisierten linksrheinischen Teil des deutschen Sprachgebiets, zu dem auch die Pfalz gehört. Man kann es auch so sehen: Im Grunde ist die pfälzische Elwedritsch nach Werningerode heimgekehrt.

Alle Informationen zur Herkunft der pfälzischen Elwedritsche finden sich im neuen Buch von Michael Werner "Elwedritsche - Dunkle Gefährten", das im Frühjahr 2025 erscheint. Ausgehend von seinen in mehr als 30 Jahren in Pennsylvania bei den Nachfahren ausgewanderter Pfälzer gemachten Erfahrungen legt er Stück für Stück das kulturhistorische Puzzle zusammen. Dabei begibt er sich auf eine Reise durch 10.000 Jahre Menschheitsgeschichte und rund um den halben Globus. Es ist eine Geschichte über Ängste – und wie die Menschen ihnen begegnen – auch in Neustadt und Werningerode.

Das Crowdfunding für das Buch startet am 5. Januar 2025 und läuft bis 28. Februar 2025
Link: https://www.startnext.com/elwedritsche-dunkle-gefaehrten/mehr-infos

Werningerode, Neuer Markt (Foto: Migebert via Wikimedia Commons) | Foto: Migebert, CC BY-SA 4.0 &lt;https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0&gt;, via Wikimedia Commons
Das neue Buch von "Hiwwe wie Driwwe"-Gründer Michael Werner: Elwedritsche - Dunkle Gefährten | Foto: Dr. Michael Werner
Autor:

Dr. Michael Werner aus Grünstadt-Land

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