Klimawandel in der Pfalz
Nach dem heißen Sommer steht es nicht gut um unseren Bienwald

Revierförster Alexander Kraus erklärt: Keine Feinwurzeln mehr - Engerlinge haben diesen toten Jungbaum kahl im Boden komplett kahl gefressen.  | Foto: Heike Schwitalla
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Hagbenbach. Alexander Kraus leitet das Revier Berg im Forstamt Bienwald. Im Rahmen der Deutschen Waldtage lud er am Sonntag zur Führung durch den Wald bei Hagenbach ein. Dabei wurde rasch deutlich: Mit Romantik und Idylle hat sein Beruf nicht mehr viel zu tun. „Der Klimawandel ist hier mittlerweile voll angekommen. Eigentlich reagieren wir nur noch auf die sich stetig verschlechternden Gegebenheiten“, fasst er die dramatische Situation des Waldes in der Pfalz zusammen. Dementsprechend stand seine Führung unter dem Motto: "Ändert sich das Klima, ändert sich der Wald“.
Dass auch ein paar Regentage im September die langen heißen und trockenen Monate nicht ausgleichen können, liegt auf der Hand. Je trockener der Wald, desto mehr breiten sich Schädlinge aus, Extremwetter wie Starkregen oder Sturm tun ihr Übriges zum schlechten Zustand des Waldes. Wir befinden uns im östlichen Bienwald – auch „trockener Bienwald“ genannt – die Böden hier waren schon immer sandig und weniger feucht als die im westlichen, dem „nassen Bienwald“. „Aber das Problem ist, dass der Boden immer trockner wird, und zwar überall. Denn seit rund 30 Jahren wird es bei uns einfach immer wärmer und regenärmer, das kann keiner mehr leugnen. Man sieht es überall im Wald“, erklärt Alexander Kraus und zeigt auf die abgestorbenen Köpfe der Bäume.

Problem Klimawandel ist schon lange angekommen

Auch der Boden macht dem Revierförster sorgen: Je trockner die Sommer, je weniger die Bäume, desto schneller wird das kostbare Gut beim nächsten Starkregen abgetragen. „Wenn man bedenkt, dass es rund 1.000 Jahre dauert, bis 1 cm Boden entsteht und dann sieht, wie viel davon bei einem starken Regen weggespült wird, merkt man schnell, dass man das vermeiden muss.“ Dafür lassen die Forstarbeiter beispielsweise in den Rückegassen immer wieder große Äste liegen, die das Wasser stoppen sollen. Die Rückegassen werden für die Fahrzeuge gebraucht, die bei Fäll- und Aufräumarbeiten im Wald eingesetzt werden. Das sei nicht nur effizienter, sondern auch um einiges sicherer, als die Arbeiter zu Fuß und mit Sägen in den Wald zu schicken. Auch im Bienwald gibt es mittlerweile Totholz-Areale, in denen nichts mehr gemacht wird, weil das Betreten und Arbeiten dort viel zu gefährlich ist.
In diesem Zusammenhang appelliert Kraus auch an Spaziergänger und Radfahrer: „Wenn es Warnungen gibt, sollte man diese auch ernst nehmen und bei Sturm oder anderen Extremwettern dem Wald fernbleiben.“ Und auch auf unserem Spaziergang sehen wir nicht nur abgestorbene Bäume am Wegesrand, auch dicke Äste, die quer über den Weg liegen, begegnen uns. Nicht auszudenken, was passieren kann, wenn die ein Wanderer abkriegen würde.
Auch der Maikäfer macht Alexander Kraus und seinen Mitarbeitern Probleme: In den drei Jahren, die der Käfer als Engerling im Boden verbringt, frisst er die Feinwurzeln junger Bäume, diese sterben dann meistens ab. Auch der Maikäfer profitiert – wie viele andere Schädlinge – vom Klimawandel. Je mehr trockene Wälder, desto leichter ist es für ihn, sich weiter auszubreiten. Bisher sei er nur ein drei Revieren in Rheinland-Pfalz ein Problem, aber das könnte sich schnell ändern, weiß Alexander Kraus. „Während normalerweise ein bis zwei Engerlinge pro Quadratmeter Erde normal sind, finden wir hier im Durchschnitt 20 bis 30, manchmal sogar an die 80“, berichtet er. Man richte die Maßnahmen im Wald auf das Entwicklungsstadium der Larven aus. Gepflanzt wird im Winter vor dem Flugjahr, denn dann fangen die Engerlinge an, sich zu verpuppen und fressen nicht mehr. Viel mehr könne man gegen den Maikäfer nicht machen, deshalb habe man sich entschieden, das Problem anzunehmen und zu akzeptieren, dass das Insekt zur hiesigen Biodiversität gehört.
Denn umgekehrt bereiten oft Neobiota – also Tiere und Pflanzen, die früher im Bienwald nicht heimisch waren – den Förstern viel größere Probleme. Die giftige Kermesbeere etwa, sie breitet sich immer weiter aus und verdrängt dabei heimische Arten. Ähnlich ist es mit dem Riesenbärenklau und dem Kirschlorbeer – ebenfalls giftige Neophyten, die auch dem Menschen gefährlich werden können und sich dank veränderter klimatischer Bedingungen hier immer mehr ansiedeln.

Nur noch Schadensbegrenzung und Erhaltung

Aber wie kann man den Wald nun für den Klimawandel fit machen, ihn an neue Gegebenheiten anpassen? Ein Allheilmittel gebe es da nicht, sagt Alexander Kraus. Denn im Wald denkt man in Zyklen, die über 100 Jahre dauern. So lange dauert es, bis ein Baum sich voll entwickelt hat, aber wir können ja nicht mal vorhersagen, wie sich das Klima in den nächsten 20 bis 30 Jahren entwickelt. „Von daher gilt das Prinzip Risikostreuung: Ein möglichst artenreicher Wald, gemischt in verschiedenen Altersstufen – das ist es, was wir anstreben“, sagt er. Kastanien, Eichen aber auch Linden – also vornehmlich heimische Arten, die besser als die Buche mit der Trockenheit klarkommen und bisher nicht – wie etwa Ulme oder Esche – von Pilzen und Krankheiten bedroht sind, sollen dafür sorgen, dass der Wald langfristig erhalten und gerettet werden kann. Natürlich teste man auch immer Baumarten, die hier noch nicht heimisch sind, aber damit müsse man, so Kraus, immer vorsichtig sein, da man ihre Auswirkungen auf das heimische Ökosystem nur schlecht abschätzen können.
„Es ist traurig, aber wahr“, sagt der Revierförster abschließend: „Mittlerweile geht es nur noch um die Erhaltung des Waldes und seiner grundlegenden Funktionen. Von einer Maximalisierung der Kapitalerträge, wie vor einigen Jahrzehnten noch gelehrt, sind wir heute weit entfernt.“ Ein großer Teil des geschlagenen Holzes kann nicht mehr verkauft werden oder ist von minderer Qualität, Waldbrände tun ihr Übriges. Die Aufgabe, Werte zu erwirtschaften, hat der inzwischen Wald verloren. Wir können dankbar sein, wenn Experten wie Alexander Kraus es schaffen, den Wald in seiner Fläche zu erhalten, auch wenn er sich verändern wird. Hauptgrund für diese Entwicklung ist der nicht mehr aufzuhaltende Klimawandel, auf den es nun in der gesamten Gesellschaft zu reagieren gilt.

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Heike Schwitalla aus Germersheim

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