Erinnerungen an die Schillerschule der Nachkriegszeit
Aus dem Schultagebuch von Karl Meißner (Teil 4)
Von Markus Pacher
Haßloch.75 Jahre Kriegsende: Der aus Glanbrücken bei Lauterecken stammende Lehrer Karl Meißner, Jahrgang 1904, berichtet in seinem Schultagebuch von seinen Haßlocher Jahren: Zwischen 1946 und 1949 unterrichtete er an der Schillerschule. In loser Folge möchte das Wochenblatt heimatinteressierten Leserinnen und Lesern an den damaligen Erlebnissen und Erfahrungen von Lehrer Karl Meißner teilhaben lassen.
Fräulein Ohler [Anm. d. Red.: neue Schulleiterin] besitzt großes organisatorisches Geschick. Der Schulkarren läuft wie geschmiert. Ihre guten Beziehungen zu den Behörden, Kreis. und
Regierungsschulrat können nur von Nutzen sein. Einmal bekomme ich selbst eine Probe davon. Hungersnot herrscht landauf landab. Die Lebensmittel sind rationiert. Nur auf Karten erhält man Brot. Was sind zwei Scheiben für einen erwachsenen Menschen pro Tag! Die Kinder leiden besonders darunter, obwohl ihnen eine bessere Zeit kaum bewusst ist. Mit Fräulein Ohler spreche ich über unsere bedrängte Lage. „Hören Sie mal,“ sagt sie, „was hat das Schulehalten da für einen Wert. Gehen Sie
doch mit ihrer Frau für acht Tage auf’s Land und besorgen Sie sich
etwas. Wenn jemand kommt, werde ich schone eine Ausrede finden!“ Wenig Männer hätten wohl den Mut zu einem solchen
Rat gehabt; denn ein Schulleiter ist nicht berechtigt, Urlaub über mehr als einen Tag zu erteilen. Das ist mir wohl bewusst. Doch Not kennt kein Gebot. Wir zeihen sonst niemanden ins Vertrauen. Ich bin einfach für eine Woche nicht da und fahre nun täglich statt in die Schule in die Gegend von Kapellen-Bergzabern, um Kartofflen zu stoppeln. Am Ende
der Aktion haben wir mehrere Erinnerungen an die Schillerschule der Nachkriegszeit Zentner beisammen und können in Bezug auf dieses Nahrungsmittel getrost dem Winter entgegensehen.
Die schlechte Ernährungslage
macht sich auch im Dienst bemerkbar. Es fehlt jedem der Schwung und die Einsatzfreude, man ermüdet so leicht und die Konzentration lässt rasch nach. Den Kindern ergeht es wohl ähnlich. Sie kommen zwar gern zur Schule; denn inzwischen haben sich die äußeren Verhältnisse gebessert. Aber sie sind nervös und
unruhig, die Aufmerksamkeit lässt rasch nach, viele sehen blass und mager aus, weil dem Körper die nötigen Aufbaustoffe
fehlen. |pac
Autor:Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße |
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