Wir ziehen den Hut vor allen ehrenamtlich Engagierten

Interview der Woche im Stadtanzeiger Neustadt: Tafel Neustadt-Haßloch
Klaus Roth und Manuela Adam

Klaus Roth und Manuela Adam von der Neustadter-Haßlocher Tafel. | Foto: Pacher
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Von Markus Pacher

Haßloch/Neustadt.Das Ehrenamt hat viele Gesichter. Als besonders wohltuend erweist es sich, wenn sich Menschen vor Ort für Bürgerinnen und Bürger engagieren, denen es nicht ganz so gut geht wie einem selbst. Im Kampf gegen die Armut begibt sich tagtäglich die gemeinnützige Einrichtung „Neustadter-Haßlocher Tafel e.V.“, ein Lebensmittelspendenprojekt für Sozialbedürftige. Markus Pacher sprach mit Klaus Roth und Manuela Adam vom Vorstand des Vereins.

??? Herr Roth, seit wann gibt es die Haßlocher Tafel?
Klaus Roth: Die Neustadter Tafel gibt es ja schon seit 2002. Zwei Jahre nach der Gründung bin ich dazugestoßen, bin sozusagen das Urgestein des Vereins. Bereits vor der Gründung der Haßlocher Tafel gab es einige Leute, die sich für Haßloch engagierten. Irgendwann entstand die Überlegung, ob es sich nicht lohnen würde, eine eigene Geschäftsstelle zu eröffnen. Die Realisierung dieser Idee erfolgt vor genau 10 Jahren, damals noch in Gestalt eines kleinen Raumes in der Christuskirche.

??? Welche Idee steckt hinter dem Tafel-Projekt?
Klaus Roth: Da ist zum einen der Aspekt der Nachhaltigkeit. Pro Jahr und pro Kopf werden in Deutschland 82 Kilogramm Lebensmittel entsorgt. Wir wollen Lebensmittel vor dem Wegwerfen retten und gleichzeitig bedürftige Menschen unterstützen.

??? Worin liegt der Unterschied zum Projekt „Foodsharing“?
Klaus Roth: Im Gegensatz zu „Foodsharing“ werden die Lebensmittel nur an Bedürftige weitergegeben. Die Bedürftigkeit wird jeweils überprüft, das heißt, es muss zum Beispiel ein Hartz-4-Bescheid oder eine Gehaltsabrechnung vorgelegt werden. Oftmals handelt es sich auch um Menschen, die nicht arbeiten können, da sie alleinerziehend sind oder gesundheitlich bedingt nicht erwerbstätig sein können.

??? Wie funktioniert die Logistik? Woher kommen die Lebensmittel und wie und an wen werden sie verteilt?
Manuela Adam: Wir fahren etwa 60 Supermärkte, Bäckereien, Gemüsegeschäfte etc. an. Fast alle Supermärkte machen mit. Mit unserem eigenen Kühlwagen holen wir die Spenden ab. Dort werden sie in unserem Laden in der Bahnhofstraße 65 gelagert. Einmal in der Woche, in Haßloch immer mittwochs, beziehungsweise zweimal die Woche in Neustadt, werden die Waren ausgegeben. Pro Ausgabe wird ein Pauschalbetrag von 2 Euro erhoben, weitere erwachsene Familienmitglieder entrichten einen Euro, Kinder sind frei. Unter den Empfängern befinden sich große Familien, Asylanten, Arbeitslose, Rentner oder Geringverdiener, die unter einer gewissen Einkommensgrenze fallen

??? Wie wird das Angebot angenommen?
Klaus Roth: Das Angebot wird sehr gut angenommen, viele sind sehr dankbar dafür, dass es die Tafel gibt. In Haßloch sind es etwa hundert Haushalte, die unsere Hilfe in Anspruch nehmen, in Neustadt etwa doppelt so viel. Leider trauen sich viele Bürgerinnen und Bürger, die finanzielle Probleme haben, aus Schamgründen nicht, unser Angebot anzunehmen.

??? Das zehnjährige Jubiläum der Haßlocher Tafel steht bevor. Ist eine Veranstaltung zum runden Geburtstag geplant?
Klaus Roth: Am 28. September, an dem die Tafel deutschlandweit ihren 13. Jahrestag feiert, veranstalten wir bei uns in der Bahnhofstraße 65 anlässlich des Jubiläums einen Flohmarkt mit Kinderbelustigung, Spielaktionen, Essen und Trinken etc. Außerdem wollen wir unseren Sponsoren und Mitgliedern den Laden präsentieren.

??? Gibt es weitere Aktionen?
Klaus Roth: In der Regel kommen diesbezüglich meistens die Lebensmittelunternehmen auf uns zu. Zum Beispiel konnten wir uns anlässlich des 50-jährigen Globus-Jubiläums im Globus präsentieren. Dort gab es die Kundenaktion „Kauf eins mehr“. Der Erlös daraus wurde an die Tafel übergeben.

??? Was zählt zu ihren herausragenden Erlebnissen?
Manuela Adam: Das war zweifellos unser Auftritt in der RTL-Doku-Soap „Arm trifft reich“. Bei diesem Sozialexperiment kam es zu einem Treffen zwischen dem im Luxus schwelgenden Bachelor und einem unserer Lebensmittel-Empfänger. Beide besuchten sich gegenseitig und wurden dabei gefilmt. Bei dieser Gelegenheit wurde natürlich auch unsere Tafel und das Team in Szene gesetzt. Ansonsten haut einem die Situation mancher Menschen immer wieder um. Da will zum Beispiel einer kein Gemüse mitnehmen. Der Grund: Er kann es nicht weich kochen, da ihm der Strom abgestellt wurde. Manche können noch nicht mal die von uns geforderten zwei Euro aufbringen. Vieles ist für uns kaum vorstellbar. Das rührt einen.

??? Wie viele Mitglieder zählt der Verein und wie viele davon engagieren sich ehrenamtlich.
Manuela Adam: Insgesamt haben wir 130 Mitglieder. 77 darunter engagieren sich ehrenamtlich, darunter in Haßloch 15 Damen und ein Mann (!) sowie 8 Fahrer und Beifahrer.

??? Wie finanziert sich die Tafel?
Klaus Roth: [der gleichzeitig Schatzmeister ist, Anm. d. Red.] In den letzten Jahren merken wir, dass Firmen am liebsten für Sonderinvestitionen, wie zum Beispiel die Anschaffung eines Fahrzeugs, Geld spenden. Unser Problem allerdings sind vor allem die laufenden Kosten, die etwa 80.000 Euro pro Jahr betragen. Wir benötigen daher unbedingt regelmäßige Einnahmen, das heißt Sponsoren, die uns kontinuierlich unterstützen. Auch über eine Mitgliedschaft oder eine Ladenpatenschaft können die Bürgerinnen und Bürger mithelfen, das Projekt „Neustadter-Haßlocher Tafel e.V.“ am Leben zu erhalten.

Kontakt
Wer das Projekt „Neustadter-Haßlocher Tafel e.V.“ unterstützen möchte, kann
- Mitglied werden
- eine Ladenpatenschaft übernehmen
- Lebensmittel oder Geld spenden
- ehrenamtlich tätig werden

Bei Interesse bitte melden bei: Klaus Roth, 1. Vorsitzender, Telefon 0175 9436872.
Manuela Adam, 2. Vorsitzende, Telefon 0172 7540810. pac

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Autor:

Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße

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