Inventur des Waldes hat begonnen
Der Blick zur Krone
Von Monika Klein
Trippstadt. Der letzte Waldzustandsbericht hat aufgezeigt, dass weniger als 20 Prozent der Bäume gesund sind. In der zweiten Julihälfte hat nun wieder die landesweite Begutachtung begonnen. Dabei sind die Forstleute Valeri Ruks und Winfried Caspar, die eines der insgesamt fünf zweiköpfigen Teams bilden, die die Bäume genau unter die Lupe – oder besser: unters Fernglas – nehmen.
1069. Das ist die Bezeichnung für den Punkt, der etwa einen Kilometer nördlich von Trippstadt liegt. Landesweit gebe es 169 solcher Punkte mit jeweils 24 Bäumen, erzählt Friedrich Engels von der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft (FAWF). Etwa ein Dutzend dieser Punkte seien jedoch wegen abgestorbener Bäume und fehlenden nachgewachsenen Nachbarn ausgefallen.
Für Ruks und Caspar geht es erst einmal um die Buche mit der weißen Markierung 1/5. 177 Jahre alt, zwischen 30 und 35 Meter hoch, ein Traufbaum mit einseitiger Krone, der in Konkurrenz zu seiner artgleichen Nachbarin im selben Alter steht. Der Blick in die Baumkrone gibt Aufschluss über den Zustand. „Fruchtbarkeit Stufe 3“, meint Ruks, der diese und weitere Daten in das Tablet, das um seinen Hals hängt, eingibt. Laienhaft ausgedrückt heißt das: Sie hängt voll mit Früchten.
„Die Krone sieht in Ordnung aus“, konstatiert Caspar. Der Forstwirt schaut in ein Büchlein mit Abbildungen, die dabei helfen, den Blattverlust einzuschätzen. „20 bis 25 Prozent“, nennt er einen Wert. Ruks nickt. „Ja, es sind kleine und größere Äste zu sehen.“
Weniger gut ist es um die Buche 1/1 bestellt. „Sie steht sehr eingeengt von Nachbarbäumen, ist aber kein Traufbaum“, meint Caspar. Die Forstleute halten einen Blattverlust von 40 Prozent und erneut die höchste Stufe der Fruktifikation fest. Ein Hinweis auf eine Notmast vor dem Absterben des Baumes? Ruks schüttelt den Kopf. Der Forstwirtschaftsmeister wertet das eher als ein Zeichen für Stress aufgrund der Trockenheit und stellt einen Zusammenhang zu Schädlingen her: „Steht genügend Wasser zur Verfügung, hält das auch den Borkenkäfer fern.“
Der Blick durchs Fernglas ist nicht nötig, um zu sehen, dass es um die Buche 1/2 schlecht steht. Mit einem Blattverlust von 80 Prozent, ohne Früchte und 35 Prozent an dürren Ästen in allen Stärken in der Gesamtkrone geht sie ihrem Ende entgegen. „Ob sie nächstes Jahr noch steht, ist fraglich“, folgern die Waidmänner – und warnen eindringlich vor Gefahren für Spaziergänger.
Denn nicht nur während der Herbst- und Winterstürme, auch jetzt drohen abgestorbene Äste von kranken Bäumen herabzufallen. „Man sollte immer mit sehr offenen Augen los gehen.“ Ruks läuft einige Schritte ins Unterholz zu einem mehr als fünf Meter langen, fast oberschenkeldicken Ast, der sich von der sterbenden Buche gelöst hat. Mit seinem Gewicht und der Wucht des Aufschlags hat er sich tief ins Erdreich gebohrt.
Auch Friedrich Engels von der FAWF legt Spaziergängern den regelmäßigen Blick nach oben ans Herz. Seit rund 30 Jahren leitet er diese Inventur des Waldes, die 1984 ihren Anfang nahm und bei der landesweit etwa 4000 Bäume auf ihren Zustand hin begutachtet werden. Voraussichtlich bis Anfang August sind alle Daten eingesammelt. Anschließend werden sie zusammengeführt und ausgewertet und für Rheinland-Pfalz gegen Ende dieses Jahres veröffentlicht, so Engels. Die Ergebnisse auf Bundesebene und aus Nachbarländern werden später bekanntgegeben.
„Leider haben die Schäden bei allen Baumarten zugenommen“, hält Engels fest. „Aber“, fährt er fort, „die Bäume können sich auch unter bestimmten Bedingungen wieder erholen. Das hat die Eiche deutlich gezeigt und stimmt mich optimistisch.“
Der erste Eindruck von Ruks und Caspar am Punkt 1069 ist differenziert. „Es sieht ganz gut aus, nur vereinzelte Bäume machen mir Sorge“, meint Ruks vor allem mit Blick auf die „Todeskandidatin“ . Sein Kollege deutet auf die jungen, drei, vier Meter hohen Buchen, die rund um ihre Mutterbäume wachsen. „Eine solche natürliche Verjüngung wünscht man sich“, freut er sich.
Was die Buche und ihre Zukunftschancen angesichts des Klimawandels angeht, sind sich die Kollegen einig: „Buchen gab es schon immer. Abhängig vom Standort haben sie Zukunft. Wir hoffen auf die nächste Generation.“ [lmo]
Autor:Monika Klein aus Kaiserslautern |
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