Pfalztheater: Großartige Inszenierung von Richard Wagner-Frühwerk „Rienzi“
Der letzte der Tribunen

Der Tribun Rienzi (Ricardo Tamura) spricht zu seinem Volk. | Foto: Pfalztheater / Etter
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Was für eine Premiere. Zunächst gab es Gänsehautmomente auf der Bühne und dann minutenlangen Applaus für eine bildgewaltige, spannende und emotionale Inszenierung der Wagner-Oper „Rienzi“ am Pfalztheater. Für viele Menschen im Publikum war es ein „überraschender Wagner“, der sie begeistert hat.

Überrascht war das Publikum zunächst über die Aufführungsdauer: Keine von Wagner gewohnten fünf Stunden oder länger, die man auf den Plätzen ausharren musste, um ein Opernwerk von ihm zu sehen und zu hören. Mit zwei, knapp 30-minütigen Pausen, dauert die Aufführung insgesamt dreieinhalb Stunden. Ebenso überraschend sind wohl neben der erkennbaren Handschrift des späteren Musikdramatikers Wagner mit dem einsamen, übermenschlichen Helden und dem totalen Untergang auch die harmonischen und melodischen Klänge, die eher an italienische Opernkomponisten erinnern.

Regisseur Johannes Reitmeier liebt Frühwerke von Komponisten. So ist es auch nicht verwunderlich, dass er sich „Rienzi“ ausgesucht hat, die Wagner-Oper, die der Komponist, inspiriert durch den Historienroman „Rienzi, der letzte Tribun“ des englischen Schriftstellers Edward Bulwer-Lytton, geschrieben hat. Wagner wollte damit die Pariser Oper erobern, was ihm 1842 mit einem ungeheuren Publikumserfolg auch gelungen ist. Fast 180 Jahre später gelingt auch Johannes Reitmeier eine Inszenierung, die das Publikum begeistert: R im Quadrat. Was modern klingt, und auch optisch auf den Fahnen und Plakaten auf der Bühne steht, steht jedoch nicht für eine überaus modern inszenierte Oper, sondern ganz einfach für die zwei R im Stück: Rienzi und Rom.

„Nun denn! Rom mach‘ ich groß und frei, aus seinem Schlaf weck‘ ich es auf; und jeden, den im Staub du siehst, mach‘ ich zum freien Bürger Roms“, verspricht Rienzi im Rom des 14. Jahrhundert nach Christus. Der Papst ist im Exil in Avignon – und in der Ewigen Stadt befehden sich die einflussreichen Patrizierfamilien bis aufs Blut um die politische Vormachtstellung. In diesem chaotischen Machtvakuum versucht Cola Rienzi, eine historisch verbürgte Person (1313 – 1354), die alte römische Republik neu zu beleben. Er bringt das der Machtkämpfe müde Volk dazu, ihn als Volkstribun und zu installieren und gibt ihm dafür eine freiheitliche Verfassung. Scheinbar beugen sich auch die verschiedenen Adelscliquen dem charismatischen Politiker. In Wirklichkeit planen sie jedoch schon wieder seinen Sturz. Rienzi hat den Gipfel seiner Macht erreicht, doch gelingt es ihm nicht, die verfeindeten Parteien hinter sich zu vereinen. Die Adeligen planen seine Ermordung und ziehen gegen ihn zu Felde. Am Ende steht das Kapitol in Flammen und ein Mann, im Wechselbad zwischen Idealismus und gefährlichem Machtgehabe, steuert sich selbst, seine Schwester und deren Geliebten in die Katastrophe.

Von Beginn an sorgt das Pfalztheater-Orchester unter der Leitung von Generalmusikdirektor Uwe Sandner für einen musikalischen Hörgenuss. Wenn sich dann nach der Ouvertüre der Vorhang hebt, erlebt man Gänsehautmomente mit einer emotionalen Inszenierung, die den Aufstieg und den tiefen Fall eines Emporkömmlings mitreißend zeigt. Solche Bilder kann wohl nur Johannes Reitmeier erzeugen. Im Hintergrund die trotzigen Türme des Kapitols und davor fast zarte Projektionen in Anspielung auf Napoleon oder Kerzen, die die Lateranbasilika andeuten. Und anders als von Wagner angedacht, stehen beim Intendanten des Innsbrucker Landestheaters nicht die Massenaufläufe im Vordergrund, sondern die Menschen und ihre Beziehung zueinander. Er setzt sie in den Kontext der Geschichte und erzählt, woran sie letztendlich scheitern. Ein brillantes Musiktheater. Großartig ist Ricardo Tamura als Rienzi. Von still zweifelnd bis hin zu großer Machtpose ist er glaubhaft und überzeugend. Phantastisch sein beeindruckendes Gebet. Die heimliche Hauptfigur, der junge und stürmische Adriano, hin und her gerissen zwischen seinem adligen und verschwörerischen Vater (Wieland Satter) und seiner Liebe zu Irene (Sonja Gornik), wird von Jennifer Maines mit einer agilen Bühnenpräsenz hervorragend gespielt und gesungen. Dazu kommen Bartolomeo Stasch als päpstlicher Legat sowie Daniel Böhm und Peter Floch als römische Bürger, die Rienzi anfänglich unterstützen und ihn am Ende verlassen und die Seiten wechseln. Ein großes Kompliment für seine herausragende Arbeit muss man Chordirektor Gerhard Polifka machen, der seine Chöre hervorragend vorbereitet hat und die einen großen Anteil an den Gänsehautmomenten haben. Zusammen ergibt alles Musiktheater at its best. Johannes Reitmeier wollte einen historischen Krimi dynamisch, mit Schauplatzwechseln und filmischen Überblendungen erzählen. Das ist im bestens gelungen. „Rienzi“ steht selten auf Spielplänen von Theatern. In Kaiserslautern gibt es noch weitere vier Vorstellungen. Die Chance auf dieses Highlight in der zu Ende gehenden Spielzeit sollte man unbedingt nutzen.

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Autor:

Petra Rödler aus Kaiserslautern

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