Wanderausstellung eröffnet
Deutsche aus Russland - Geschichte und Gegenwart
Wanderausstellung „Deutsche aus Russland - Geschichte und Gegenwart“ eröffnet.
Am vergangenen Dienstag wurde in der Pariser Straße 23, dem Sitz der örtlichen Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e. V., die im Titel genannte Wanderausstellung mit einem Vortrag von Projektleiter Dr. Phil. Eugen Eichelberg eröffnet. Er führte mit Bild- und Kurzvideos durch die Geschichte der Aussiedlung vor allem deutscher Bauern und Handwerker aus verschiedenen deutschen Regionen nach Russland. Dr. Eichelberg hob dabei zwei Dinge hervor: den Push- und den Pullfaktor. Der Pushfaktor war die Armut und Perspektivlosigkeit vieler Menschen in Deutschland und die Versprechungen der russischen Regierung waren der Pullfaktor. Vor allem Katharina II. nutzte die in Europa allgemein existierende Armut, um die Menschen mit Versprechungen und Privilegien wie kostenloser Landzuweisungen, Steuerfreiheit, Beibehaltung der deutschen Sprache etc. in die wenig besiedelten Gebiete an Wolga und Schwarzmeer zu bewegen. Viele Tausend folgten diesem verlockenden Ruf und zogen mit Kind und Kegel in das ihnen noch unbekannte Land. Nach äußert schweren Anfangsjahren entwickelten sich nach und nach blühende Gemeinwesen mit einer starken Wirtschaft, eigenen Schulen, Kirchen und Sozialeinrichtungen.
Spätere Regierungen nahmen die Privilegien schrittweise zurück. Schließlich führten die Umbrüche der Oktoberrevolution und die beiden Kriege mit Deutschland zu immer mehr Deutschenfeindlichkeit durch Behörden und der russischen Bevölkerung. Die Kollektivierung in der Sowjetunion mit der Enteignung und „Kulakisierung“ der Bauern führte schon zu Auswanderung und Flucht vieler Deutscher in den 20er und 30er Jahren. Die absolute Katastrophe waren die 1941 erfolgten Deportationen unter Stalin nach Sibirien oder Länder wie Kasachstan sowie die Verschickung in Zwangsarbeitslager (offizieller Name: Trudarmee = Arbeitsarmee) zu unvorstellbaren Bedingungen. Die Bilanz sind Millionen Umgekommene, und keineswegs nur Deutsche.
Die Entspannungspolitik Willy Brandts und der Wegfall des eisernen Vorhangs 1989 führte zu stetig steigenden Einwanderungszahlen nach Deutschland. Bis 2021 waren es ca. 2,4 Millionen.
Wieder war ein völliger Neuanfang fast bei Null erforderlich. Trotz etwa vorhandener akademischer Abschlüsse mussten viele um deren Anerkennung kämpfen oder komplett umschulen. Inzwischen ist die Integration weitgehend erfolgt, und wo noch Schwierigkeiten auftauchen, hilft der LMDR in vielen Lebenslagen. Durch Erinnerungskultur nach dem Motto „Ohne Bewusstsein der Herkunft keine gute Zukunft“ wird die eigenen Identität definiert.
Die von Valentina Dederer organisierte und vom Bundesministerium des Inneren und für Heimat geförderte Ausstellung ist noch bis Ende Oktober jeweils am
Montag, Dienstag und Mittwoch von 14 bis 18 Uhr sowie Freitag von 10 bis 14 Uhr in der
Pariser Straße 23 / 2. OG rechts zu besichtigen. Der Eintritt ist frei.
Ein anschaulich aufgemachter, informativer Ausstellungskatalog ergänzt die Ausstellung.
Berthold Kliewer,
Buchtipp: Jakob Martens - Am Ende die Freiheit, Durch Zarenreich und Sowjetunion nach Südamerika
https://www.kliewer-verlag.de
Autor:Berthold Kliewer aus Kaiserslautern |
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