John Legend in Montreux - Stimmgewaltige R&B-Show
Montreux. Nach sieben Jahren kam John Legend gestern Abend auf die Bühne des Montreux Jazzfestivals zurück. Der Grammy- und Oscar-Preisträger wird mittlerweile mit den Legenden Marvin Gaye und Otis Redding verglichen und belebt das R&B-Genre sichtbar. Das Publikum des ausverkauften Stravinsky-Auditoriums erlebte - exklusiv für die Schweiz - einen stimmgewaltigen Auftritt des Ausnahmesängers.
Der Montagabend beginnt mit der Sängerin und Gitarristin Yola. Die Britin bestreitet mit Bravur das Vorprogramm, heizt mit ihrer Band ein und überzeugt insbesondere mit ihrer voluminösen Soul-Stimme. Eine gute Wahl, vor John Legend eine weitere sehr gute Gesangsleistung zu setzen, nur so kann sich ein Supportact vor dem Superstar behaupten.
Ihre Soulnummern sind gewürzt mit Popanleihen, ab und an mit kleinen Prisen aus dem Rock-Genre. Dass Yola ihr Emotionalität in das Publikum schleudert, weiß der geneigte Zuschauer zu schätzen. Ihre Ehrlichkeit - nicht nur begründet durch ihren Song "I don't wanna lie" - bringt Sympathien und sie hat mit Sicherheit neue Fans an diesem Abend hinzu gewonnen.
John Legend überrascht schon vor dem ersten gespielten Ton die werten Vertreter der fotografierenden Zunft. Fünf Minuten vor Beginn teilt der Bandmanager der Fotografenschar mit, John möge keine Kameras und sie sollten sich doch ins Publikum begeben. Der Künstler-eigene Fotograf hingegen nutz im Anschluss ganz allein den Fotograben für seine Zwecke, während die Fotografen sich auf der Empore des Auditoriums abmühen aus einer großen Entfernung trotzdem ordentliche Bilder für Publikationen in der ganzen Welt produzieren zu können. Die Zeit dafür war reduziert auf zwei Songs. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt....
Dem Publikum gegenüber hingegen zeigt sich John Legend nahbar. Die vielfach gezückten Smartphones sind kein Problem. Er erzählt von seinen Wurzeln im Gospelchor. Wie wichtig die gelernten Basics einer Gospelchor-Ausbildung sind, werden im Laufe des Abends jedem klar - John Legend brilliert immer wieder mit entsprechendem Volumen in allen Tonlagen. Den Coversong "Bridge Over Troubled Water" widmet er seiner Großmutter, die ihm einst das Pianospiel beibrachte. Er erwähnt auch seine für die Karriere wichtige Zusammenarbeit mit Produzent Kanye West, der damals mit Jay-Z oder Alicia Keys arbeitete. Per Sample eingespielt werden Keys' Refrain von "You Don’t Know My Name", gesungen von John Legend, genauso wie die Pianopassage in Jay-Zs "Encore" und "Lucifer", welche Legends einst eingespielt hatte. Hier weiß ein Superstar noch, wo er seine Wurzeln hat und wem er die Karriere zu verdanken hat.
Mit all den Erzählungen und Solopassagen am Flügel kommt die zehnköpfige Band mit Bläsersatz und perfekten Backingvocals zu nicht allzu langen Einsätzen im 90-Minuten-Programm von Legend. Trotzdem haben Trompete, Posaune und Saxofon auch ihren kleinen Solopart. Highlight der Bandperformance ist der Musicalklassiker "Feeling Good". Diesen Song performte John Legend bereits letztes Jahr bei der Amtseinführung von US-Präsident Joe Biden. Resümierend hätten noch mehr Songs in der großen Bandbesetzung der R&B-Show gut getan.
Nicht fehlen durfte Legends größter Hit, den vor allen Dingen die weiblichen Fans sehnsüchtig erwarteten. Mit der ersten Zugaben erklingt endlich "All of me" in den heiligen Hallen von Montreux. Das Publikum übernimmt die Gesangsrolle und wird nach einer zweiten Zugabe glückselig in die Nacht entlassen.
Autor:Jens Vollmer aus Wochenblatt Kaiserslautern |
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