Neue Zeitschrift "PalatinArt." erschienen
Plädoyer für die Demokratie

Gut besuchte Pfalzbibliothek, stehend im Hintergrund Ruth Ratter | Foto: Peter Herzer
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  • Gut besuchte Pfalzbibliothek, stehend im Hintergrund Ruth Ratter
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Pfalzbibliothek. Am Samstag, den 20. April wurde das nagelneue Magazin für Literatur und Kultur "PalatinArt." vorgestellt, Nachfolgerin der Chaussee. Herausgeber ist der Bezirksverband Pfalz.

„Wir reden mit! Teilhabe. Beteiligung. Demokratie."

Diesen Titel der Zeitschrift schreibt sich Christine Faber (Stellvertretende Leiterin) mit Überzeugung auf die Fahne der Pfalzbibliothek. Ein besonderer Tag, auch überaus passend zur aktuellen Ausstellung über die deutsche Revolution von 1848/49 mit Schwerpunkt auf die badisch-pfälzische.
Ruth Ratter vom Bezirkstag bedauerte die vierjährige Durststrecke. Die Chaussee endete unglücklich mit einem Namensrechtsstreit, auch die Abo- und Verkaufszahlen ließen zu wünschen übrig. Jetzt kommt aber neuer Schwung und Glanz durch die Kooperation mit dem Nünnerich-Asmus Verlag aus Oppenheim. Regina Reiser lobte die Verlegerin, die sich tatkräftig für die Verbreitung einsetzt, was nicht selbstverständlich sei.

Der Autor Volker Gallé las aus seinem Essay vom Völker- bzw. Demokratiefrühling zur Revolutionszeit,  stellte aber auch Gegenwartsbezüge her. Er kritisierte Parolen der rechten Szene, die historisch bedingte "Wir sind das Volk"-Rufe und damit verbundene Gefühle zweckentfremden wollen. Sinnigerweise ist in seinem Gedicht "deutsche Freiheit" ein Heine-Zitat zu finden: "wo man bücher verbrennt, verbrennt man am ende auch menschen."
Auch Theo Wieder mahnte bei der Ausstellungseröffnung im März an, dass jene nicht die deutsche Fahne tragen sollten. 
Der Buchhändler Morphy Burkhart von der Blauen Blume beschäftigte sich mit Friedrich Engels, damals Korrespondent der "Neuen Rheinischen Zeitung". Er wurde 1849 kurz verhaftet und nach Kaiserslautern in das Cantonsgefängnis verbracht. Engels machte sich etwas lustig über die "Schoppenstecher", schilderte skurrile Situationen, aber die Badener samt Brentano kamen wesentlich schlechter weg. Ein paar Wochen konnte sich die provisorische Regierung der Pfalz in Kaiserslautern als ernsthafte deutsche Demokratiehaupstadt bezeichnen.

Im Interview mit Ruth Ratter gab Dr. Annette Nünnerich-Asmus an, sich vermehrt um die Pflege der Verlagsheimat zu kümmern, so z. B. interessieren besonders die SchUM-Städte Speyer, Worms und Mainz. Auch Wurzelorte der parlamentarischen Demokratie wie Hambach sind von hoher Bedeutung. Sie zitierte einen Bundespolitiker folgendermaßen: "Es droht uns gerade die Demokratie um die Ohren zu fliegen."
Das Magazin erscheint zweimal im Jahr und wird auf großen Messen präsentiert. Unterschiedliche Genres sollen eine Plattform erhalten. Ruth Ratter reflektierte, man muss den Bogen spannen in die Gegenwart, die historische Dimension soll ein Schwerpunkt sein.

So gliedert sich die vorliegende Ausgabe zu 2/3 mit dem Titelthema Demokratie. Neue Texte von renommierten Autor*innen aus Rheinland-Pfalz und darüber hinaus sind vertreten – zu nennen sind u.a. aus dem Raum Kaiserslautern Gerd Forster, Andreas Fillibeck und Eva Paula Pick. 
Hilfreich auch die Rubriken über Neuerscheinungen und Veranstaltungen. Gut eingebracht sind Fotos von Demos jüngerer Zeit für Demokratie und gegen faschistische Tendenzen.
Aktuell stellt sich die Frage, wie sich jüngere Leser für ein Abo binden lassen. Hier sei eine kürzlich erschienene Statistik erwähnt, welche feststellt, dass viele junge Menschen sich orientierungslos fühlen und eine pessimistische Perspektive besitzen, die AFD erhält da fatalerweise Zuspruch.

Der Dichter Manfred Dechert aus Ludwigshafen sprach die Redaktion auf das nächste Thema "Grenzen" an, inwieweit auch Texte im psychischen Bereich, z. B. Borderlining, geeignet seien. Zwischendurch wurde etwas provokant gefragt: Hat die Zeitschrift den Geruch des Elitären, des Wissenschaftlichen? Ein weiterer Kommentator vermisste Mundart-Beiträge als identitätsstiftende Klammer in der Pfalz. Die Redaktion will künftig derartige Einreichungen berücksichtigen.

Für die musikalische Umrahmung sorgte Bernd Köhler alias Schlauch. Er bedauerte die Restauration der 90er Jahre. Viele Stücke waren damals nicht griffig, doch jetzt sind sie gefragt und werden gespielt. Besonders gut gefiel sein Stück "Nie wieder Krieg. Nie wieder!", basierend auf einer groben Kohlezeichnung von Käthe Kollwitz.

Birgit Heid (1. Vorsitzende des Literarischen Vereins der Pfalz) gab freundlicherweise ein Statement ab:
"Das neue Literaturmagazin PalatinArt, die Nachfolgezeitschrift der Chaussee, herausgegeben vom Bezirksverband Pfalz, verbindet Beiträge über Pfälzer Kultur mit Literatur und Geschichte und setzt dabei jeweils eigene thematische Schwerpunkte. Gerade historische Themen erhalten in der PalatinArt ein eigenes Gewicht. Damit sorgt das Heft für eine Ausrichtung und Orientierung, die der Pfalz aus historischen Gründen gut tut. Denn die geschichtlichen Ereignisse seit Beginn der Neuzeit, die in der Pfalz für häufig wechselnde Herrschaftsverhältnisse, für Zerstörung und Vertreibung sorgten, hinterlassen bis heute Spuren mangelnder Identität. Ersatzweise dienen Wein- und Esskultur als Ersatzzugehörigkeitsgefühle, die jedoch häufig nicht sehr weit greifen. Da kommt der Aufarbeitung, der Informationsverbreitung und der Einordnung von geschichtlichen Ereignissen und deren materiellen Spuren eine große Bedeutung zu. Das reich bebilderte Magazin verschafft den Genuss der Wissensaneignung und -vertiefung, die durch zeitgenössische literarische Umsetzungen der Thematik gesteigert wird. Darüber hinaus finden sich weitere Kurztexte, Essays, Abrisse und Betrachtungen, die das Magazin abrunden. Nicht zuletzt trifft man immer wieder auf literarische Bekannte, deren Werke zum Genießen einladen.
Mich hat das Abonnement überzeugt, da es über die gedruckte Ausgabe hinaus weitere Texte online anbietet, die zu spät gekommen sind oder aus Platzgründen nicht veröffentlicht werden konnten."

Info: "PalatinArt.", Magazin für Literatur und Kultur, 128 Seiten mit 53 Abbildungen. Hrsg. Bezirksverband Pfalz. 10€. ISBN 978-3-96176-254-5, erscheint im Nünnerich-Asmus Verlag & Media, Oppenheim.

Veranstaltungs-Tipp: 14. Mai in der Fruchthalle: 175 Jahre Pfälzische Revolution: Was haben wir heute davon? Mit Tino Leo.

Aktualisiert 11.5.24, 16:27 | PH

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Autor:

Peter Herzer aus Kaiserslautern

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