Barbara Hindahls Raumzeichnungen im Leerstand
Raster ohne Inhalt als seismographische Struktur
Kaiserslautern.Bunte Streifen kleben auf dem Boden vor dem leerstehenden Geschäft gegenüber der Mall. Die Farben lassen darüber rätseln, ob ein bestimmtes Unternehmen hier einziehen wird oder was es damit auf sich hat, dass Boden, Wände und Schaufenster gleichermaßen beklebt werden. Während die Künstlerin am Werk arbeitet, bleiben Passanten stehen, wundern sich und fragen nach.
von Jens Vollmer
Der neugegründete KunstRaumWestpfalz e.V. startet in Kooperation mit dem Stadtmuseum Kaiserslautern seine Aktivitäten mit einem Projekt der 1960 in Duisburg-Rheinhausen geborenen Künstlerin Barbara Hindahl. Ein Schwerpunkt des KunstRaumWestpfalz e.V. soll es sein, Leerstände und unerschlossene Räume zu bespielen.
Barbara Hindahl realisiert vor und in dem leeren Ladenlokal in Kaiserslautern, Richard-Wagner-Straße 2 eine raumgreifende Zeichnung. Breite Streifen legen Schrägschnitte durch die Winkel der Architektur. Ein räumliches geometrisches Gebilde überlagert den vorgefundenen Ladenraum. Wie durch eine 3D-Lupe wird der Raum greifbar.
In dem leerstehenden Ladenraum mit seiner äußerst gelungenen großzügigen Architektur aus den 1950er Jahren entsteht ein Ort mit doppelter ästhetischer Struktur, den die BesucherInnen begehen und im Übergang vom Chaos zur Neuordnung sinnlich erschließen können.
In der zweiten Etage des Leerstandes findet man das klassische Bild einer Ausstellung. Auf die Wände zwischen den Fensteröffnungen mit Ausblick auf die Stadt sind subtile Zeichnungen platziert. Die gezeichneten Millimeterpapiere oszillieren zwischen peniblem Ordnungszwang und Freiheit da, wo sie zerfallen und sich auflösen, wo absichtliche Beschädigungen sichtbar werden. Die Linie nimmt seismographisch alles, was sich beim Zeichnen im Umfeld ereignet, auf. Im Raster wird sie unpräzise. Das absolute Maßinstrument für Größe unterliegt momentanen Schwankungen.
Die Künstlerin arbeitet mit dem Raum, mit den Resten vergangener Raumnutzung, menschlichen Spuren, mit scheinbar Überflüssigem. Bilder verweben sich mit dem vorgefundenen Ambiente. Nichts ist so, wie es erscheint. Nur wer sich den Werken nähert und sie genauer untersucht, wird herausfinden, was echt und was nachgezeichnet wurde. Das ist gar nicht so einfach, denn der Fokus geht dabei bis auf das Kleinste, kaum Sichtbare, das aber überall ist: Staub und Schmutzteilchen, welche sich gezeichnet wie ein kosmischer Sternenstaub über das Papier ziehen. Fußspuren lassen rätseln, ob jemand mit schmutziger Sohle über Papier gelaufen ist oder alles nur Schein und von der Künstlerin mit Stift und Pinsel inszeniert ist.
Rückseiten von mit Edding gemalten Bildern wurden nachgezeichnet und lassen Raum für Interpretation, wie wohl die Vorderseite eines solchen Bildes aussehen könnte.
Hindahls Kunst ist nicht gefällig, nichts für den flüchtigen Blick. Der Kunstverein will die Ausstellung durchaus auch als Provokation verstanden wissen.
Unter dem Motto „Kaffee und Kunst“ wird jeweils samstags im Projektzeitraum von 11 bis 14 Uhr geöffnet sein. Die Finissage mit Künstlergespräch wird am Donnerstag, 20. Dezember, um 18 Uhr stattfinden.
Absicht des KunstRaum Westpfalz Kaiserslautern e.V. ist es, die zeitgenössische Kunst in der Stadt und in der Region durch Ausstellungsaktivitäten und Projekte zu beleben. Der Verein will das Aneignen und Gestalten von (ungewohnten) Orten für die Kunst im Stadtgebiet und der näheren Region fördern.</td><td>Der KunstRaum Westpfalz will Experimentierraum sein und mit der Kunstszene der Stadt und der Region zusammenarbeiten.
Dabei sollen sowohl junge, noch nicht etablierte KünstlerInnen als auch solche eingeladen werden, deren künstlerische Arbeiten in der Stadt und der Region nicht so bekannt sind. Offenheit für spartenübergreifende Kunst steht auf der Agenda.
Der Verein will zudem eine kommunikative Plattform schaffen innerhalb der Kunstszene und den Dialog fördern zwischen zeitgenössischer Kunst und Interessierten jeder Altersgruppe, auch jungen Menschen und Menschen anderer Kulturkreise. Zu diesem Zweck sollen neben Ausstellungen Workshops, Künstlerresidenzen, Exkursionen und Atelierbesuche stattfinden.
Weitere Infos:
www.kunstraum-westpfalz.de
www.facebook.com/barbara.hindahl
Autor:Jens Vollmer aus Wochenblatt Kaiserslautern |
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