Pfalztheater: Die Glasmenagerie
Von der Zerbrechlichkeit des Lebens
Vorhang auf für einen Blick in das Familienleben der Wingfields. Das Pfalztheater zeigt noch bis April 2019 Tennessee Williams Stück "Die Glasmenagerie", ein Spiel der Erinnerungen, das Regisseur Daniel Foerster sehr einfühlsam, zerbrechlich und zugleich gewaltig mit fantastisch erzeugten Bildern auf die Werkstattbühne bringt. Dazu ein brillantes Schauspielensemble, das jeder der vier Figuren Leben einhaucht.
Tom Wingfield (Nicolas Handwerker) will Dichter werden, wenngleich seine Chancen schlecht stehen. Er arbeitet für wenig Lohn als Hilfskraft in einer Fabrik. Zuhause muss er den Vater ersetzen, ein Trinker, der die Familie schon vor Jahren sitzengelassen hat. Und so flüchtet sich der junge Poet jeden Abend in die Scheinwelt des Kinos und kommt betrunken nach Hause. Und auch die anderen beiden Familienmitglieder flüchten sich auf ihre Weise in eine andere Welt. Mutter Amanda (Hannelore Bähr), früher einmal eine umschwärmte und beliebte Südstaatenschönheit, kommt mit den ärmlichen Verhältnissen, in denen sie leben muss, nicht klar. Sie lebt in der Vergangenheit und strebt für ihre Kinder ein besseres Leben an. Toms Schwester Laure (Sophia Hahn) leidet unter einer leichten Gehbehinderung und ist so schüchtern, und droht damit auch im wahren Leben außerhalb der Familie zu scheitern, dass sie sich lieber mit ihrer Sammlung zerbrechlicher Glastiere, ihrer Glasmenagerie, beschäftigt als mit Menschen. Das Leben der Drei spielt in einer kleinen Wohnung in einem tristen Hinterhof im St. Louis der 1930er Jahre. So ist auch das Bühnenbild, was die Einrichtung anbelangt, spartanisch. Grandios ist aber die Idee der drehenden Bühne, die nach außen durch Vorhänge, mal mehr mal weniger durchlässig, das Leben der Familie und das Kreisen um sich selbst darstellt, und es keinem einfach macht, sich daraus zu befreien. Mit Licht und Effekten zeichnet der Regisseur hier wunderschöne Bilder und Träume. Das ist Klasse gemacht.
Im Verlauf der Geschichte, die Tom aus seiner Sicht im Rückblick erzählt, wird die Traumwelt der Wingfields mit der Realität konfrontiert als Tom seinen Arbeitskollegen Jim (Michel Kopmann) mitbringt. Sofort macht die Mutter den netten jungen Mann krampfhaft zu einem potentiellen Heiratskandidaten für ihre Tochter. Im Abendkleid empfängt sie ihn zu einem übertrieben festlichen Essen. Auch Tochter Laura wird ausstaffiert damit sie hübsch ihrem einstigen Schulschwarm entgegentreten kann... Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten. Eines aber sei verraten: Eine großartige Sophia Hahn spielt die Laura so zerbrechlich, zart und glaubhaft, dass man wahrlich mitfühlt, wenn sie auch mal kurz aus sich herausgeht und tanzt oder sich vor Aufregung zur Begrüßung auf den Boden übergibt. Nicolas Handwerker ist ebenso überzeugend in seiner Zerissenheit zwischen Familie und Freiheitsdrang, wie Michel Kopmann als netter junger Mann. Grandios ist Hannelore Bähr, die alle Facetten ihrer Rolle mit einer solchen Hingabe und Ausdrucksstärke auf die Bühne bringt, dass man mitlebt. Mag die Geschichte in ihren Auswirkungen heute nicht mehr so ganz der Realität entsprechen, und keinen allzugroßen Bezug zum Hier und heute haben, die Glasmenagerie ist ein Stück der Erinnerung von Tom, und eine wundervoll erzählte Geschichte, der man gerne für einen Abend lauscht.
Autor:Petra Rödler aus Kaiserslautern |
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