"Demo gegen rechts“ am 27.01.2024
Bericht eines Teilnehmenden - Kommentar folgt

Gastbeitrag: Berthold Kliewer

Am Samstag, 27.01.2024, fand in Kaiserslautern die von ca. 60 Organisationen und Vereinen mitgetragene „Nie wieder ist jetzt, gemeinsam gegen den Rechtsruck - Für Solidarität, Vielfalt & Demokratie - Kundgebung und Demonstration“ statt. Die von den Medien im Vorfeld massiv beworbene Veranstaltung begann um 11 Uhr vor der Stiftskirche. Bereits gegen 10:30 Uhr strömten die Menschen aus allen Richtungen dem Treffpunkt zu. Von hier aus machte sich die Menge auf den Weg über die Spittelstraße/Fischerstraße in Richtung Messeplatz, wo die Kundgebung stattfand. Begleitet durch ein beachtliches Polizeiaufgebot wurden die Demonstranten von einer lautstarken Gruppe, die wohl der Partei „die Linke“ und der Antifa zugeordnet werden muss. Mit rufen wie „Ganz Lautern hasst die AfD!“ oder „AfD, was ist denn dat, wir haben Euch zum Kotzen satt!“, die über Megaphon und im Sprechchor permanent wiederholt wurden, bewegte sich der Marsch, bestehend aus Menschen aller Altersgruppen vom Kind bis zu den „Omas gegen rechts“ diszipliniert Richtung Messeplatz. Die unterschiedlichsten Plakate und Schilder wurden hochgehalten, darunter: „Menschenrechte statt Rechte Menschen!“, „EKELHAFD“, „Gemeinsam gegen rechts“, „Nie wieder ist jetzt“ „Hass ist keine Meinung“ „Die Welt ist bunt, nur Scheiße ist braun“ „Menschenrechte sind grenzenlos“ „Nazis töten (diePartei)“.
Auf dem Messeplatz war eine kleine Bühne aufgebaut, auf der dann das Transparent „Gemeinsam gegen rechts“, wobei „rechts“ in altdeutschen Druckbuchstaben geschrieben war, angebracht wurde.
Gegen 12 Uhr begannen die Reden. Die Veranstalter, das „Bündnis gegen rechts“ zeigten sich immer wieder überwältigt von der Menge der Teilnehmer und schätzten schon gleich zu Beginn 5000 Leute oder mehr. Der Messeplatz war zu ca. einem Drittel bei lockerer Aufstellung gefüllt. Die Polizei gab später die Zahl von 6000 Teilnehmern bekannt. Das scheint aber großzügig geschätzt zu sein, denn wenn ein Drittel des Platzes 6000 Menschen fasst, dann müssten auf dem ganzen Platz an die 20.000 Platz finden, was doch eher unwahrscheinlich ist.
Zunächst sprach die Vertreterin der jüdischen Kultusgemeinde, Eva Lahl-Gießer. Ein Teil der Demonstranten hatte unterwegs am Synagogenplatz Blumen zum Gedenken an die ermordeten Juden in Kaiserslautern abgelegt. Sie bedankte sich bei den „so vielen Demokrat-innen, die aufstehen und sich an unserem diesjährigen Motto ‚Nie wieder ist jetzt‘ anschließen gegen Hass, Rassismus, Antisemitismus, gegen Fremdenfeindlichkeit und die demokratiefeindlichen Neofaschisten der AfD-Vertreter“. Sie erinnerte weiter an den Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus und der Befreiung am 27. Januar 1945 durch die Sowjetarmee.
Danach sprach der Vertreter des VVN, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA e.V.) Walter Warstat. Er verwies auf die Opfer des Faschismus in Geschichte und Gegenwart. Die Morde des NSU und weitere Opfer rechtsterroristischer Gewalt legten Zeugnis davon ab. Man dürfe den Rechten einen demokratischen Diskurs nicht zugestehen. Auch verwies er darauf, dass ein wichtiger Baustein des Kampfes gegen rechts, die soziale Gerechtigkeit sei, die in den letzten Jahren stark abgenommen habe. Zitat: „Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf“.
Er forderte nach dem Aufstand der Anständigen den Anstand der Zuständigen. Es gab viel Applaus. Danach wurde mit Unterstützung des Heartchors Kaiserslautern ein Lied auf die Melodie des bekannten Volksliedes „Hejo, spann den Wagen an“ mit dem Text: „Wehrt euch, leistet Widerstand gegen den Faschismus im ganzen Land. Haltet fest zusammen“ gesungen.
OB Beate Kimmel betonte, dass Kaiserslautern für Offenheit, Vielfalt und Toleranz stehe. Bezogen auf den Holocaust-Gedenktag bezeichnete sie Auschwitz als das Ende der Menschlichkeit. Heute stehen wir gemeinsam hier, um zu mahnen, dass so etwas nie wieder passiert, gegen die Rückkehr rechten Gedankenguts, gegen Antisemitismus, Faschismus, Rassismus und Ausgrenzung. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ zitierte sie das Grundgesetz: „wir setzen heute ein Zeichen für“. Und weiter: „Die Enthüllungen von Correctiv, die landauf landab die Menschen auf die Straße treiben, haben auch mich fassungslos gemacht. Dennoch, oder gerade deshalb, möchte ich zum Dialog aufrufen, denn es gilt gegen allen Zorn und Betroffenheit die bereits vorhandenen Gräben nicht weiter aufzureißen.“ Sie zitierte Gustav Herzog: „Man ist nicht nur verantwortlich für das, was man tut, sondern auch für, dass was man geschehen lässt. Wer es zulässt, dass anderen die Freiheit genommen wird, wer es zulässt, dass anderen die Würde genommen wir, verliert die eigene Würde“. Beate Kimmel schloss mit den Worten: „Lassen Sie uns den Wert der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bewahren.“
Jürgen Jäger als Mitinitiator betonte, dass man sich nicht mit dem Argument, man sei neutral, herausreden könne. Jeder Verein müsse sich gegen eine Gesinnung stellen, die spaltet. Er betonte Gleichberechtigung, Toleranz und für einen respektvollen Umgang. Hass sei keine Meinung. Demokratie sei dann gefährdet, wenn man nicht mehr respektvoll miteinander umgehen könne, oder weil „die Anderen“ da sind.
Pauline Vogelsanger beklagte in einer persönlichen Erklärung den politischen Relativismus, der auch rechte bzw. extreme Positionen toleriere. Das habe in der Geschichte schon zu Millionen Toten geführt. Die wehrhafte Demokratie müsse genau hinschauen, wo die AfD schon Positionen in Kommunen und Land besetzt hätten. Auch würden die anderen Parteien teils Positionen der AfD übernehmen, was sie für fatal halte. Sie beklagte auch, dass sie mit weiteren Aktivistinnen bei der Störung einer AfD-Veranstaltung mit Trillerpfeifen und Zwischenrufen (hier wurde heftig Applaudiert) von den Ordnern unsanft hinausbefördert worden wäre. Der Rheinpfalz Bericht dazu hätte zu keiner Reaktion in der Gesellschaft geführt. Gegen die gewaltbereite AfD auf die Straße zu gehen, bedeute nicht nur die Demokratie zu verteidigen, sondern auch die eigene Sicherheit und die aller anderen aufrichtigen Demokratinnen zu verteidigen. (Begeisterter Applaus). Sie bedauerte, dass kein Parteiverbot eingesetzt werden könne, aber alle sollten vom im Grundgesetz verankerten Recht auf Widerstand Gebrauch machen. Sie rief zu Protesten etwa bei AfD Wahlkampfständen oder rechtes Gedankengut auf. Am Schluss stimmte sie den Ruf „Alle zusammen gegen den Faschismus“ an, der dann rhythmisch von den anderen Teilnehmern skandiert wurde.

Ergänzend aus dem Rheinpfalz-Bericht vom 29.01.2024

Die Demonstranten zeigten: „Wir wollen keinen Extremismus, wir wollen keinen Hass“, wie es Ursula Düll, Fraktionsvorsitzende der CDU im Stadtrat, ausdrückte. Viele schlossen sich den Redebeiträgen, wie dem von SPD-Bundestagsabgeordneten Matthias Mieves: „das ist eine Kampfansage: Das Deutschland, das wir lieben müssen, werden wir verteidigen“, mit lautem Klatschen an. „Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren, wir sind die Brandmauer gegen rechts“, mahnte auch Stefan Glander, Fraktionssprecher der Linken, zu Geschlossenheit gegen Extremisten und nationalsozialistisches Gedankengut. Es gelte, dies aber auch im Alltag zu beweisen und aufzustehen, wenn in der Familie oder im Freundeskreis gegen ausländische Mitbürger oder anders Denkende gehetzt werde. „Wir müssen laut sein, solidarisch sein, wann immer es nötig ist, es auch auf der Straße zeigen“, rief Zora Tischer vom Bündnis gegen rechts den Demonstranten am Messeplatz zu.

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Autor:

Helmut Wilde aus Kaiserslautern

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