Erfolgsrezept "Kleinste Einheit"
Ein kreatives Projekt gegen den Leerstand in der Innenstadt
Von Ralf Vester
Leerstandskonzept. Wer durch die Kaiserslauterer Innenstadt flaniert, dem fällt schon seit geraumer Zeit der zunehmende Leerstand in den Ladenzeilen auf. Das war schon vor Corona so und hat sich durch die Pandemie noch einmal beschleunigt. Freilich geht das vielen anderen Städten auch so und ist kein Lautern-spezifisches Problem.
In aller Regel werden zu hohe Mieten in den Innenstädten als Hauptgrund für die Misere genannt. Inhabergeführte Fachgeschäfte müssen passen, größere Filialisten können sich mit Mühe noch behaupten. Die Folge: Die Individualität geht verloren, Fußgängerzonen werden vom Ambiente her beliebig und ähneln sich immer mehr. Doch wie lässt sich dieser traurigen Entwicklung begegnen? Der Ruf nach kreativen Konzepten wird laut, nach mehr Mut und auch mal nach Experimenten. Es bedarf Menschen mit Visionen, die Hausbesitzer mit Geschäftsleuten, Gastronomen oder auch Kulturschaffenden zusammenbringen.
Immobilienbesitzer und die freie Szene in Kontakt bringen
Timo Elflein ist jemand, der einen vielversprechenden Ansatz verfolgt, um Immobilienbesitzer, deren Räumlichkeiten in der City leer stehen, etwa mit der freien Kulturszene in Kontakt zu bringen. Dem gebürtigen Lautrer, der in der Fackelstraße und somit mitten in der Fußgängerzone wohnt, liegen die Geschicke „seiner“ Heimatstadt besonders am Herzen. Der 45-Jährige ist täglich im Zentrum unterwegs und beobachtet den zunehmenden Leerstand mit Sorge.
Der ehemalige Leiter der Grafikabteilung des 1. FC Kaiserslautern ist in der Stadt und der Kulturszene bestens vernetzt. Dass er selbst trefflich organisieren kann und ein Händchen für die kreative Nutzung brach liegender Locations hat, hat Elflein unter anderem mit den kultigen Pfaff-Partys in den Jahren 2017/2018 bewiesen. Mehr als 10.000 Besucher strömten seinerzeit auf die von ihm zusammen mit den Kulturvereinen „hertzmusic“, „Familie Kunterbunt“ und Vereinen der freien Szene organisierten Events.
Auch im Corona-Jahr 2020 zeigte er sich umtriebig und rief die Streaming-Plattform „NSTK / no stream till ktown“ für Künstler der elektronischen Musikrichtung ins Leben, die von der Landesregierung sogar eigens mit einer finanziellen Förderung durch Kultusminister Konrad Wolf bedacht wurde.
Die Innenstadt für junge Leute attraktiver machen
Timo Elflein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Innenstadt vor allem auch für junge, kreative Leute attraktiver zu machen und diese auch nach dem Studium in Kaiserslautern zu halten. „Kein Immobilienbesitzer lässt seinen Laden gerne leerstehen. Es gilt, mit ihnen in Kontakt zu kommen, ihnen Perspektiven für eine zumindest temporäre Umnutzung ihrer Räumlichkeiten aufzuzeigen und vor allem Transparenz über das tatsächliche Ausmaß des Leerstands zu erhalten“, erklärt Timo Elflein.
Breites Spektrum an Möglichkeiten
Das Spektrum der Möglichkeiten des Start-Ups für Leerstandskonzepte reicht von Probe- und Seminarräumen über Projekträume für die freie Szene , Kunstausstellungen und DJ-Schulen bis hin zu Cafés oder dem für Spätherbst geplanten „Kunstspäti“ mit Galerie. In größeren Leerständen sei sogar eine Art Künstlerkaufhaus denkbar. Dort könnten sich Leute mit lokalem und künstlerischem Anspruch eine Fläche mieten, um zu sehen, ob ihre Geschäftsidee funktioniert.
Derzeit treibt Elflein die Einrichtung eines Mietpools voran, in den Investoren und Sponsoren einzahlen sollen, um den Künstlern und Musikern der freien Szene bei der Realisierung ihrer Projekte unter die Arme zu greifen. Schließlich soll es sich ja für alle Beteiligten irgendwo rechnen. Die Gönner und Immobilienbesitzer haben wiederum die Möglichkeit, etwa durch Social Marketing positiv auf ihre Unterstützung aufmerksam zu machen.
Die „Kleinste Einheit“ funktioniert bereits
Das „Kleinste Einheit“ getaufte Projekt ist längst über den theoretischen Ansatz hinaus. Am vergangenen Samstag fand ein erstes musikalisches Hybridevent aus Livestream und physischer Präsenz einer corona-konformen Personengruppe in einer Immobilie in der Schneiderstraße statt.
Max Steingaß, Gesellschafter der KS Immobilien GmbH, war begeistert von der Idee und der Umsetzung und kann sich Wiederholungen dieser Art sehr gut vorstellen. Die Idee funktioniert also. Der Bedarf an Projekt- und Proberäumen in der Innenstadt ist sehr hoch. Immobilienbesitzer haben die Möglichkeit, ihre „Kleinste Einheit“ zum Beispiel ein- oder zweimal die Woche interessierten Künstlern und Musikern zur Verfügung zu stellen.
Noch eine Menge Ideen in der Schublade
Timo Elflein hat noch jede Menge Ideen fertig in der Schublade. Dazu zählt auch das Veranstalten einer „Langen Nacht des Leerstands“ in der Kaiserslauterer Innenstadt, bei der die Läden illuminiert und mit jeder Menge künstlerischen Acts belebt werden sollen. Zudem wurde gerade der Verein SUKURA e.V. gegründet, der das Errichten eines dauerhaften subkulturellen Zentrums in der City der Westpfalzmetropole zum Ziel hat. Man darf gespannt sein…
Kontakt:
Timo Elflein
E-Mail: kleinste_einheit@11line.com
https://linktr.ee/11lineEvents
Autor:Ralf Vester aus Kaiserslautern |
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