Familienfest auf Augenhöhe: Besuch des Bischofs Karl-Heinz Wiesemann in der Glockenstube
Kaiserslautern. Der Saal der Kaiserslauterer Glockenstube (oder auch „Glockestubb“, will man den Namen auf Pfälzisch aussprechen) war am Tag des Heiligen Abends zur Mittagszeit prall gefüllt. Bischof Karl-Heinz Wiesemann hatte sich angekündigt, um in der Stube einen Gottesdienst abzuhalten, anschließend gab es ein traditionelles Weihnachtsessen für die Gäste - Kartoffelsalat mit Würstchen.
„Ich versuche jedes Jahr, immer am heiligen Abend eine unserer sozialkaritativen Einrichtungen zu besuchen. Und jetzt bin ich nunmal hier“, erzählt Bischof Wiesemann. Der Bischof unterstreicht, wie wichtig er es findet, den Menschen zur Weihnacht die Frohe Botschaft von der Geburt Jesu zu verkünden. Und umso mehr sind es die Geschichten, Probleme und individuellen Schicksale der Menschen, die Wiesemann in den sozialkaritativen Einrichtungen jedes Jahr aufs Neue bewegen. „Ich bin froh, dass es solche Einrichtungen wie die Glockenstube gibt“, sagt er. Und er spricht von einem stark familiären Umfeld, das in der Stube vorherrschend ist. Wiesemann: „Die Leute kennen sich, reden miteinander und haben Gleichgesinnte gefunden.“ Umso mehr begeistert es den Bischof, dass die Glockenstübler der Schwank Mensch ist, der viel lieber etwas gibt als etwas zu wollen. „Man merkt hier, wie viel wichtiger die eigentlichen Dinge im Leben sind, wie etwa das Zuhören, Würde geben, auf Augenhöhe stehen und Co“, kommentiert der Bischof. „Es ist eine wirklich tolle Arbeit, die hier von allen geleistet wird.“
Früher bei Opel gearbeitet
Ein Stamm-Glockenstübler ist Ralf Portz. Seit zweieinhalb Monaten schaut der 63-Jährige fast täglich vorbei. Es ist die Gemeinschaft, die sozialen Kontakte und das familiäre Umfeld, das Portz besonders schätzt. Aufmerksam auf die Glockenstube ist Portz durch Mundpropaganda. Mittlerweile ist der 63-Jährige in erwerbsunfähig. „Früher habe ich bei der Opel-AG gearbeitet. In der Logistik. Dort habe ich die Motoren mit dem Gabelstapler auf Gestelle gesetzt und verladen. Und ich hab auch Verwaltungsarbeit geleistet“, erzählt er. Die neben dem Glockenstuben-Essensangebot angebotenen Sozialbetreuungen nimmt der 63-Jährige nicht in Anspruch. „Bei mir ist es eher so, dass ich so was in meinem sozialen Umfeld anbiete. Und sei es, dass ich jemandem beim Umziehen helfe.“
Den Besuch von Bischof Karl-Heinz Wiesemann am 24. Dezember lobt Portz. „Dass der Herr Bischof da war, das war etwas ganz besonderes.“ Der 63-Jährige ist ein gläubiger Mensch und kündigt am Morgen des Heilig-Abend-Tages an, später noch in die Christmette zu gehen.
Hobby-Krimischriftstellerin Roswitha Vogel sagt, die Glockenstube und das tägliche Mittagessen unter der Woche sind „ihre Rettung“. Durch die Corona-Pandemie hat Vogel gleich zweimal ihren Job verloren, es folgte die Privatinsolvenz. Eine ebenfalls am Tisch sitzende Dame mit ihrem Sohn schließt sich an. „So günstig wie hier kann ich zu Hause kein Essen kochen“, sagt die Frau. Auf das Angebot der Glockenstube ist durch einen Anruf bei der Caritas aufmerksam geworden. Eines Tages war der heimische Kühlschrank leer, die Lebensmittelpreise sind aufgrund der Inflation stark angestiegen, das Geld hat gefehlt. Sowohl Vogel als auch die Mutter am Tisch loben den starken familiären Zusammenhalt in der Glockenstube. „Man merkt, dass die Menschen hier eine Geschichte haben. Da ist keine besser als der andere“, sagt Vogel. Und erneut: Es sind die Gespräche und das Miteinander auf Augenhöhe, dass die Arbeit und das Leben in der Glockenstube ausmachen.
Zwei Familien
Rosa Gosbee, Sozialarbeiterin in der Glockenstube, war das Mittagessen am 24. Dezember ein großes Anliegen. „Es waren sehr viele bekannte Gesichter da, das Verhältnis ist sehr familiär“, sagt sie nach dem Essen beim Aufräumen in der Küche. Auch der Besuch von Bischof Wiesemann hat laut Gosbee etwas sehr Wichtiges kommuniziert: Die Verbindung der Arbeit in der Glockenstube hin zum Glauben. „Und ich war überrascht, dass so viele bei den Liedern mitgesungen haben. Teilweise auch Leute, von denen ich das nie gedacht hätte“, sagt sie erfreut.
Für Gosbee war das Treffen in der Glockenstube die Weihnachtsfeier mit ihrer einen Familie. „Später wird dann zu Hause mit der anderen Familie gefeiert“, sagt sie.
Peter Lehmann, Gesamtleiter der Caritas St. Christophorus in Kaiserslautern, dankt in erster Linie seinen Mitarbeitern. „Ohne die würde das alles hier nicht funktionieren. Und das gilt nicht nur für heute, sondern das ganze Jahr über.“ Dass die Helfer am Tag des Heiligen Abends in der Glockenstube mit anpacken, ist für Lehmann alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Bei der Ansprache des Bischofs wurde es für Lehmann sehr emotional, gibt er zu. „Die Leute sagen, dass sie sehr dankbar sind, dass es die Glockenstube gibt. Und solche Rückmeldungen tun wirklich gut.“red
Autor:Karin Hoffmann aus Ludwigshafen |
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