Corona-Hilfen: Ohne Steuerberater geht gar nichts
Handelsverband fordert sofortige Öffnungen

Die Corona-Krise beschert vielen Steuerberatern eine wahre Flut an Aufträgen, die es jedoch aufgrund ihrer ungeheuren Komplexität richtig in sich haben | Foto: Wilfried Pohnke / Pixabay
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  • Die Corona-Krise beschert vielen Steuerberatern eine wahre Flut an Aufträgen, die es jedoch aufgrund ihrer ungeheuren Komplexität richtig in sich haben
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Von Ralf Vester
Steuer & Handel.
Das Versprechen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im vergangenen Jahr war vollmundig: Unbürokratisch und schnell sollten die Corona-Hilfen an die betroffenen Unternehmen und Selbständigen fließen. In der Realität kann davon jedoch keine Rede sein. Als „extrem komplex und vielschichtig“ bezeichnet Timo Neumann, Steuerberater im Team von Dr. Jan-Christopher Kling, der Kaiserslauterer Kanzlei aus Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten und Steuerberatern, die Beantragung der Corona-Hilfen. Diese unterteilen sich in November- und Dezemberhilfe sowie in die Überbrückungshilfen I bis III.


„Prüfender Dritter“ zwingend benötigt

Konnten die Unternehmer im März 2020 den Antrag auf Soforthilfe noch weitgehend selbst bewerkstelligen, braucht es dafür inzwischen bis auf wenige Ausnahmen zwingend einen sogenannten „prüfenden Dritten“, also einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Anwalt. Dadurch wollte die Regierung Missbrauch vorbeugen, Falschanträge vermeiden und die Verfahren beschleunigen.
Netter Versuch, könnte man sagen, denn alles zieht sich nun eher noch mehr in die Länge, was viele Betroffene schier zur Verzweiflung bringt.

Vor allem Steuerkanzleien, deren Mandanten verstärkt aus den Bereichen Gastronomie und Einzelhandel stammen, können sich vor Aufträgen nicht mehr retten und müssen mitunter neue Klienten sogar ablehnen. Zusätzlich zu ihren vielfältigen alltäglichen Aufgaben wie Buchführung und Lohnabrechnung füllen die Steuerberater seit Monaten etliche Online-Anträge aus und verschicken diese an die Behörden – und dann heißt es oft Warten.

Hoher Aufwand und Rechtsunsicherheit

„Auf welche Hilfen jemand Anspruch hat, muss in jedem Einzelfall genau geprüft werden, das dauert meist mehrere Stunden. Zudem müssen wir quasi jeden Tag schauen, ob der Antrag, den wir vor einer Woche gestellt haben, noch stimmt oder nicht“, berichtet Neumann. Das Ministerium verschickt nämlich mitunter sogar im täglichen Rhythmus stetig neue FAQs, in denen die Grundlagen der Hilfen geregelt sind. Diese haben sich zum Beispiel aufgrund von Anpassungen an das EU-Beihilferecht geändert. „Ich habe bestimmt schon sechs, sieben Weiterbildungsseminare zu dieser komplexen Thematik belegt“, erklärt der Steuerberater.

Extrem hoher Leidensdruck der Unternehmer

„Der Leidensdruck vieler Unternehmer ist extrem hoch, zahlreiche Steuerberater sind mit der Fülle der Anträge total überlastet“, weiß auch Dr. Thomas Scherer, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Rheinland-Pfalz, zu berichten. Die Auszahlung der Soforthilfe im Frühjahr 2020 habe sich bereits reichlich hingezogen, die weiteren Hilfen seit November erst recht. Wer bereits über ein KfW-Darlehen verfüge, komme derzeit an ein weiteres nicht heran. Hier erweise sich in den meisten Fällen bereits die Hürde der jeweiligen Hausbank als zu hoch, wenn es um weitere Kreditwünsche gehe.

Was jetzt wirklich helfen würde

„Die Leute müssen zum Teil beträchtliche Zinsen für Kredite zahlen, die sie ohne Corona gar nicht gebraucht hätten. Was jetzt wirklich helfen würde, wären liquide Mittel zu günstigen Zinsen. Statt Darlehen wären Zuschuss- oder Entschädigungszahlungen am besten, die nicht zurückgezahlt werden müssen“, präzisiert Dr. Thomas Scherer.

Er spricht sich darüber hinaus für eine schnellstmögliche Öffnung des gesamten Einzelhandels aus – ohne Ausnahmen. Erste zarte Lockerungen wie das Termin-Shopping, das in Rheinland-Pfalz seit dem 1. März möglich ist, seien zwar begrüßenswert, aber freilich längst nicht ausreichend. „Das ist sowohl für die Händler als auch für die Kunden eher eine Art Seelenpflaster. Aber das kann wie das schon letztes Jahr exerzierte Heraufsetzen der Quadratmeterzahl pro Kunde nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zur raschen kompletten Öffnung sein“, betont der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes.

„Die Politik versteht den Handel nicht“

„Der Handel ist so divers – das reicht vom Kiosk an der Ecke bis zum multinationalen Unternehmen. Die Politik versteht den Handel einfach nicht. Es braucht jetzt eine andere Herangehensweise, denn wir sind erwiesenermaßen kein Infektionstreiber. Wir dürfen uns nicht mehr sklavisch an Inzidenzwerte halten und müssen endlich wieder öffentliches Leben ermöglichen. Wenn das die Politik auch künftig nicht hinbekommt, dann werden die Gerichte viele Dinge klären“, lautet die Prognose von Dr. Thomas Scherer.

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Dr. Thomas Scherer, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Rheinland-Pfalz | Foto: Handelsverband Rheinland-Pfalz
Autor:

Ralf Vester aus Kaiserslautern

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