Klimaschutzleistung des rheinland-pfälzischen Waldes vorgestellt
Jährlich 9,8 Millionen Tonnen CO2 weniger
von Jens Vollmer
Klimaschutz. Seit letzter Woche sind wieder Waldwege gesperrt und Motorsägen heulen auf. Forstministerin Höfken besuchte im Beisein des Wochenblatts den Forst Kaiserslautern, eröffnete
persönlich die Laubholzeinschlagsaison und stellte die neue Broschüre „Klimawandel heißt Waldwandel“ vor - eine gute Gelegenheit, um interessante Details rund um den Forst und das Thema
Klimawandel zu erfahren.
„Wer das Klima schützen will, muss den Wald erhalten und den Ökorohstoff Holz nachhaltig nutzen, in jedem Kubikmeter Holz sind rund 1.000 Kilo CO2 gespeichert. Etwa dieselbe Menge CO2 entsteht, wenn man mit einem Mittelklassewagen von Paris nach Moskau und wieder zurück fährt“, verdeutlicht Forstministerin Ulrike Höfken und appelliert, gerade auch die wertvollen Laubhölzer noch mehr der stofflichen Verwendung als Möbel zuzuführen, anstatt als Brennholz zu nutzen.
„Rheinland-Pfalz ist vom Klimawandel besonders betroffen: Bereits bis heute ist die Jahresmitteltemperatur in Rheinland-Pfalz um 1,5 auf 9,6 Grad Celsius gestiegen. Das zeigt: Der Klimawandel ist da“, warnt Höfken. „Das haben wir besonders diesen Sommer gespürt. Die Hitze und die lange Trockenheit haben viele Baumarten geschwächt und dafür gesorgt, dass Waldschädlinge, wie der Borkenkäfer, ein leichtes Spiel haben. Dadurch entstanden Schäden in Millionenhöhe.“
Umso wichtiger seien besondere Anstrengungen im Klimaschutz und in der Energiewende, um die rheinland-pfälzischen, die nationalen und die internationalen Klimaziele zu erreichen und den Wald als Lebensgrundlage sowie als wichtigen Wirtschaftsbereich zu schützen. „Der Wald und dessen Bewirtschaftung spielen eine große Rolle: Sie tragen gleichzeitig in einem sehr großen Umfang zum Klimaschutz bei“, so die Forstministerin. Dies werde deutlich durch die Ergebnisse der Studie „Klimaschutz durch Forst- und Holzwirtschaft“, die vom Umweltministerium in Auftrag gegeben wurde und deren Ergebnisse nun vorliegen.
Brennholz statt Öl oder Gas
spart 1,9 Millionen Tonnen CO2
„Die Klimaschutzleistung des rheinland-pfälzischen Sektors Forst und Holz beträgt 9,8 Millionen Tonnen CO2 jährlich. Das entspricht 26 Prozent der Emissionen in Rheinland-Pfalz oder dem Ausstoß einer Million Menschen in Deutschland“, verdeutlicht Höfken. Zum Beispiel werden durch den Einsatz von Holz anstelle von energieintensiven Baustoffen wie Stahl oder Zement jährlich 2,6 Millionen Tonnen CO2 vermieden. Durch den Einsatz von Brennholz anstelle von Öl oder Gas werden weitere 1,9 Millionen Tonnen CO2 aus fossilen Energiequellen eingespart. Um auch in Zukunft den klimafreundlichen Rohstoff Holz nutzen zu können, sei es sehr wichtig, dass die Forstleute sich weiterhin für einen klimastabilen Wald stark machen: „Wir setzen bereits seit mehreren Jahrzehnten auf den Aufbau von Mischwaldstrukturen unter Beteiligung von Baumarten, die wahrscheinlich besser mit dem Klimawandel zurechtkommen“, so Höfken.
Einstige Monokulturen, gerade auch von Fichten, denen der Klimawandel am meisten zu schaffen macht, wurden unterpflanzt mit anderen Baumarten.
„Ein Baum braucht fast ein Menschenleben, ehe er erntereif ist. Doch mit unserer Waldbau-strategie, die auf klimastabile Mischwälder baut, werden wir unseren Nachkommen hoffentlich einen Wald hinterlassen können, der die zahlreichen Funktionen, die ihm von der Gesellschaft zugemessen werden, nachhaltig erfüllen kann“, hofft Jens Jacob, Leiter des Landesbetriebes Landesforsten Rheinland-Pfalz. Höfken betont: „Die nachfolgenden Generationen sollen nicht nur den Wald, sondern auch dessen wertvollen, klimafreundlichen Rohstoff Holz nutzen können.“
Bereits jetzt liege der Mischwaldanteil bei 82 Prozent in Rheinland-Pfalz. „Wir brauchen beides, Nadel- und Laubholz. Nadelhölzer haben höhere Kohlenstoffeffekte als Laubhölzer. Das liegt daran, dass Nadelholz im Gegensatz zu Laubholz noch zu über 90 Prozent stofflich, etwa für Balken oder Verpackungsmittel, verwendet wird und schneller wächst als Laubbaumarten“, so die Ministerin. „Deshalb setzen wir uns mit unserem Holzbau-Cluster für eine stärkere Verwendung insbesondere von Laubholz im Baubereich ein.“
Erst im Herbst, wenn die Blätter fallen, wird ein Blick in die Krone der Bäume möglich. Für eine sichere Fällung ist dieser Blick notwendig. Mit dem Start der Laubholzeinschlagssaison beginnt daher nun die Ernte von hochwertigen Laubhölzern für die Herstellung von Möbeln, Bodenbelägen oder Treppen.
Durch das Fällen der Bäume entstehen Lücken, die nachwachsenden Bäumen das nötige Licht garantieren.
Vor wenigen Wochen hat Autor und Förster Peter Wohlleben publikumswirksam in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ verkündet: „Wenn Deutschland intakte Wälder hätte, wären in diesem Sommer in Deutschland nirgendwo mehr als 30 Grad gemessen worden.“ Die deutsche Forstwirtschaft sei mit schuld am Klimawandel. Zu viele Nadelhölzer, keinerlei Bäume, die ihr natürliches Alter erreichen, sowie durch schwere Maschinen verdichteter Boden, der schlechter Wasser aufnehmen könne, brachte er als Argumente ein und klagte an, dass zu viel Holz verbrannt werde.
Höfken stimmt der These Wohlleben zu, was den weltweiten Umgang mit Wald - gerade auch am Amazonas - angeht. Doch sieht sie in Deutschland und gerade auch in Rheinland-Pfalz, dem Bundesland mit dem prozentual höchsten Waldanteil, eine nachhaltige Forstwirtschaft. Der Wald von Rheinland-Pfalz sei nicht nur immer naturnäher geworden, sondern seit 1949 auch in der Fläche um mehr als 115.000 Hektar gewachsen. Das entspricht ungefähr der Fläche von 150.000 Fußballfeldern. Schnell wachsende Nadelholz-Monokulturen, die insbesondere nach dem Krieg durch Zerstörungen und reparationsbedingte Abholzungen entstanden sind, baue man schon seit mehr als 20 Jahren um.
Weitere Informationen:
Die Broschüre und die Studie „Klimaschutz durch Forst- und Holzwirtschaft“ ist unter dem Link www.wald-rlp.de zu finden.
Kommentar:
Bäume verbessern Klima
Machen wir uns nichts vor: Auch unser schöner Pfälzerwald ist in weiten Teilen im Prinzip eine Plantage, nur eben für eine sehr langsam wachsende Pflanze: den Baum. Der kann - je nach Sorte - bis zu tausend Jahre alt werden, erreicht hierzulande aber meist nur ein Menschalter, bis er „geerntet“ wird. Nur wenige „Veteranen“ bleiben stehen. Die Bemühungen des Forstes gehen in die richtige Richtung, man versucht nachhaltiger zu werden, wegzukommen von Sünden vergangener Jahrzehnte und Jahrhunderte. Doch das geht nicht von heute auf morgen und auch hier spielen Finanzinteressen und der Erhalt von Arbeitsplätzen mit. Der Forst ist und bleibt eine Wirtschaftsbranche - immerhin der zweitgrößte Wirtschaftszweig des Bundeslandes Rheinland-Pfalz im Bereich des produzierenden Gewerbes - und bietet mehr als 50.000 Menschen einen Arbeitsplatz. Ein komplettes Umdenken hin zum Urwald wird definitiv nicht stattfinden. Aber selbst ein Hektar „angelegter“ Wald kann 50 Tonnen Staub filtern, 338 Tonnen CO₂ speichern, acht Tonnen Sauerstoff produzieren und hat eine starke Kühlwirkung, nicht nur durch den Schatten, sondern vor allen Dingen auch durch die Verdunstung, da ein Laubbaum bis zu 500 Liter Wasser am Tag verdunsten kann.
Autor:Jens Vollmer aus Wochenblatt Kaiserslautern |
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