Die Sache mit dem "Wumms"
Lautrer Einzelhändler über Mehrwertsteuersenkung und Konjunkturpaket
von Ralf Vester
Wirtschaft. Zwei Tage lang haben die Spitzen der Großen Koalition getagt, ehe sie nach zähem Ringen das riesige Konjunkturpaket präsentierten, das die deutsche Wirtschaft aus der Corona-Krise führen soll. Die GroKo hat mit einem Investitionsvolumen von 130 Millionen Euro das größte Konjunkturprogramm der jüngeren deutschen Geschichte an den Start gebracht. Ziel ist es, große Teile des Geldes beim Verbraucher ankommen zu lassen, um den Konsum anzukurbeln und damit die arg angeschlagene Konjunktur.
Insgesamt 57 Maßnahmen für die deutsche Wirtschaft umfasst das Paket, darunter eine Mehrwertsteuersenkung, Überbrückungshilfen für besonders betroffene Firmen und Prämien für E-Autos.
Relativ überraschend kam für viele die Senkung des Mehrwertsteuersatzes, der eines der Herzstücke des Konjunkturprogramms darstellt. Vorbehaltlich der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat soll die Mehrwertsteuer vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 von 19 auf 16 Prozent reduziert werden. Der ermäßigte Satz, der zum Beispiel für Lebensmittel und Bücher gilt, sinkt in derselben Zeit von aktuell 7 auf 5 Prozent. Zwanzig Milliarden Euro lässt sich der Staat diese Steuererleichterung kosten.
Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing drängt darauf, dass die Unternehmen die Mehrwertsteuersenkung auch tatsächlich an die Verbraucher weitergeben und nicht etwa die Preise unverändert lassen und dafür weniger Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen. Aber Wissing weiß auch, dass der bürokratische Aufwand für den Nachlass in den Betrieben nicht ohne ist.
Das weiß Markus Meyer, Geschäftsführer des Lautrer Einrichtungshauses City-Polster in der Merkurstraße, zu bestätigen: „Natürlich werden wir die Senkung eins zu eins an unsere Kunden weitergeben. Viele Geschäfte müssen jetzt allerdings aufwendig ihre elektronischen Kassensysteme umstellen und alle Preise neu auszeichnen und in einem halben Jahr das ganze wieder umgekehrt – auch bürokratisch ein beträchtlicher Aufwand. Zudem werden die Verbraucher so manche geplante Anschaffung in den Juli verschieben. Damit steht dem Einzelhandel im Juni ein weiterer dürrer Monat bevor. Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags hätte für alle Vorteile gebracht.“
Zum Konjunkturpaket der Bundesregierung gehört auch die von 3.000 auf 6.000 Euro erhöhte staatliche Kaufprämie für alle Elektroautos bis 40.000 Euro Nettolistenpreis. So weit, so gut. Die von der Corona-Krise arg gebeutelten Automobilhändler hatten jedoch auf eine Kaufprämie für Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotoren gehofft, wie sie etwa Bayerns Ministerpräsident Markus Söder lange propagiert hat. „Das hätte unserer Branche sicher einen kräftigeren Schub verliehen und das Geschäft stärker belebt“, sagt Monika Specht, Leiterin für Marketing und Kundenbetreuung bei Auto Hübner in der Mainzer Straße. „Auch wir geben die reduzierte Mehrwertsteuer direkt an die Kunden weiter. Das macht unsere Sonderangebote noch attraktiver. Die Nachfrage nach E-Autos hat natürlich etwas zugenommen. Eine Prämie für diese Fahrzeuge wäre vom Zeitpunkt her noch besser gewesen, wenn in zwei, drei Jahren das Batteriezellenwerk bei Opel errichtet ist“, erläutert Monika Specht.
Die aktuellen Werbeangebote noch um den steuerbedingten Nachlass zu verstärken, um für mehr Kundschaft zu sorgen, ist auch die Devise von Wilfried Heil, Inhaber des gleichnamigen Herren-Bekleidungsgeschäfts in der Riesenstraße. Er zäumt das Prozente-Pferd etwas anders auf: „Wir gewähren unseren Kunden drei Prozent Rabatt auf den Gesamtpreis unserer Waren. Davon profitieren sie noch mehr, als wenn wir die Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent reduzieren. Zudem haben wir dadurch einen geringeren Aufwand“, begründet Heil seine Herangehensweise und hofft, dass sich die Menschen im kommenden halben Jahr angesichts des verstärkten Kaufanreizes für die entbehrungsreiche Corona-Zeit belohnen werden.
Filipe Oliveira, Vertriebsleiter und Mitglied der Geschäftsführung der Holz-Tromsdorf GmbH in der Mainzer Straße, gewinnt dem Konjunkturpaket viel Gutes ab: „Ich bin mir sicher, dass diese Maßnahmen greifen und den Handel beleben werden. Die Senkung der Mehrwertsteuer finde ich prima. Wir geben sie selbstverständlich eins zu eins an unsere Kunden weiter. Der zusätzliche Aufwand dafür hält sich bei uns in Grenzen“, berichtet Filipe Oliveira.
Durchaus geteilte Meinungen also im Lautrer Einzelhandel, aber alle sind sich einig, dass sie die Nachlässe an die Endverbraucher weitergeben wollen. Dass die Bevölkerung in einen wahren Kaufrausch verfällt, davon geht sicher keiner aus. Ob es für den nachhaltigen „Wumms“ für die angeschlagene Wirtschaft reicht, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.
Autor:Ralf Vester aus Kaiserslautern |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.