Entdecker unterstützt Forschung für Nachhaltigkeit an der Hochschule
Neue Forschungsfelder und neue Möglichkeiten nachhaltiger Ressourcennutzung

Detailaufnahme eines Grit-Steinchens aus Quartz bewachsen mit verschiedenen Flechten. Der Gesamtdurchmesser des Steinchens beträgt etwa sechs Millimeter | Foto: Patrick Jung
  • Detailaufnahme eines Grit-Steinchens aus Quartz bewachsen mit verschiedenen Flechten. Der Gesamtdurchmesser des Steinchens beträgt etwa sechs Millimeter
  • Foto: Patrick Jung
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Hochschule Kaiserslautern. Ist das Entdecken neuer Arten schon außergewöhnlich, so ist das Auffinden neuer Lebensgemeinschaften extrem selten und kam das letzte Mal in den 70er vor, als man in der Tiefsee an den heißen Schloten neue Lebensgemeinschaften gefunden hat. Insofern ist die Hochschule Kaiserslautern ganz besonders stolz, an ihrem Campus Pirmasens mit Dr. Patrick Jung einen neuen Mitarbeiter in ihren Reihen begrüßen zu können, der nicht nur neue Arten von Cyanobakterien und Flechten entdeckt hat, sondern auch maßgeblich an der Entdeckung einer Lebensgemeinschaft von Flechten, Algen, Pilzen und Bakterien auf und in Quarzsteinen in der Atacama-Wüste Chiles beteiligt ist.
Die Entdeckung dieser neuen und außergewöhnlichen Lebensgemeinschaft war in der Fachwelt eine kleine Sensation – eröffnen sich durch die Entdeckung doch ganz neue Forschungsfelder und neue Möglichkeiten nachhaltiger Ressourcennutzung in Zeiten des Klimawandels und knapper Rohstoffe. Der Zeitschrift „Geobiology“ war die Entdeckung eine Titelgeschichte wert und auch die renommierte Fachzeitschrift „Science“ hat das Aufspüren in „SciencesNews“ gelobt. Auch in Chile ist man euphorisch und hat schon in den Leitnachrichten des Landes (TN23) darüber berichtet – eine chilenische Fernsehreportage ist in Arbeit.
Dass die neue Lebensgemeinschaft gerade in der Atacama-Wüste gefunden wurde, ist für die Forschung schon allein deshalb aufregend, weil diese Wüste nicht nur die älteste und trockenste Wüste der Welt ist, sondern mit einer Durchschnittstemperatur von 15 °C und Maximalwerten, die nicht unter den Gefrierpunkt fallen und 30 °C nicht übersteigen, über ein eher gemäßigtes Temperaturspektrum verfügt. Zudem herrscht in der Atacama-Wüste noch sozusagen der „Urzustand“ bevor Verwitterungsprozesse zerbröseltes Gestein zusammen mit kleinsten Organismen in das verwandeln, was Fachleute „Boden“ nennen. Die Erforschung genau dieser Prozesse war Aufgabe des Projektes „EarthShape“, das Patrick Jung in die Atacama-Wüste führte. Als Doktorand der Abteilung Pflanzenökologie und Systematik der Technischen Universität Kaiserslautern war er Teil eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten 80-köpfigen Projektteams von Biologen und Geologen mehrerer deutscher und chilenischer Forschungseinrichtungen. Die übergreifende wissenschaftliche Fragestellung galt den Verwitterungsprozessen, die durch Mikroorganismen, Tiere sowie Pflanzen ausgelöst werden. Dabei wurde untersucht, wie diese einzelnen Gruppen die geologische Oberflächenbeschaffenheit der Erde von der Vergangenheit bis zum heutigen Tag beeinflussen.
Patrick Jung beschäftigt sich in seiner Forschung insbesondere mit Kryptogamen. Das ist eine Sammelbezeichnung für Photosynthese betreibende Mikroorganismen, die – wie es in der direkten Übersetzung heißt – „im Versteckten Hochzeit machen“. Das Besondere an dieser Organismengruppe, zu der Flechten, Moose, Cyanobakterien und eukaryotische Grünalgen zählen, ist, dass sie in der Regel sehr lange in trockenen Zuständen verharren können und sich sogar nach Jahren wieder erholen können und damit, wie Patrick Jung sagt, „einen faszinierenden und oft unentdeckten Aspekt der Vegetation repräsentieren“.
In der Atacama-Wüste fielen ihm winzige Quarzbrocken und –steine ins Auge, welche die ganze Landschaft als schwarze Flecken prägten. Bei näherer Betrachtung sahen er und seine Kollegen einen schwarz-grünen Belag um die Steinchen und sie wussten sofort, dass sie eine großartige Entdeckung gemacht hatten. Denn hier lassen sich die Flechten nicht nur auf den Steinen nieder, sondern sie gehen eine echte Lebensgemeinschaft mit weiteren Organismen wie Cyanobakterien, Grünalgen, Pilzen und anderen Bakterien ein, die die Steinchen zu einer sogenannten biologischen Bodenkruste verkleben. Ihre Strategie ist es, zusätzlich auch das Innere der Steine zu besiedeln, um der UV-Strahlung zu entkommen und Zugang zu Feuchtigkeit zu haben. Das funktioniert ziemlich einfach: Die sehr hellen Steine aus Quarz und Granit bleiben kühler als die Umgebung, wodurch Tau- und Nebelwasser leichter auf der Oberfläche der Steine kondensieren können. Gleichzeitig ermöglichen die Steine aufgrund ihrer partiellen Lichtdurchlässigkeit die Photosynthese.
Dieses Wissen ermöglicht ganz neue Forschungsmöglichkeiten und passt ganz hervorragend in das durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) geförderte Projekt „Photoproma“ am Campus Pirmasens der Hochschule Kaiserslautern, in dem Patrick Jung seine Arbeit als „PostDoc“ gestartet hat. In diesem Projekt geht es nämlich um die Rohstoffgewinnung aus nachwachsenden Rohstoffen und hier speziell aus terrestrischen Cyanobakterien, wie sie auch in der Lebensgemeinschaft zu finden sind, die Patrick Jung entdeckt hat. Die bisherige Forschung zur Gewinnung von Biomasse aus Algen hat sich in erster Linie auf sogenannte aquatische, das heißt im Wasser lebende Cyanobakterien bezogen, was einen enormen Wasserverbrauch bei der Aufzucht nach sich zieht. Terrestrische Cyanobakterien können da wesentlich ressourcen- und kostenschonender kultiviert werden.
Und auch die Cyanobakterien selbst bergen ein riesiges, zum Großteil noch unerforschtes Potenzial, das von der Energiegewinnung über die Gewinnung von Farbstoffen bis hin zur Entwicklung neuer Wirkstoffe reicht. „Ich freue mich, dass wir Herrn Dr. Jung für unsere Hochschule gewinnen konnten und bin sicher, dass weitere spannende Publikationen von ihm unter der Flagge der Hochschule Kaiserslautern folgen werden“, ist Dr. Michael Lakatos, Leiter des Projekts „Photoproma“ stolz. ps

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Autor:

Ralf Vester aus Kaiserslautern

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