Die Gastronomie sucht händeringend gutes Personal
Stell Dir vor, das Lokal ist voll, aber es fehlt an Personal
Von Ralf Vester
Gastronomie. Nach zwei Jahren Corona-Pandemie kämpft sich die Gastgewerbe mühsam aus der Krise. Dank der seit April anziehenden Nachfrage ist bei vielen Betrieben zunächst die Zuversicht gewachsen. Der Neustart der Branche wird allerdings erschwert durch die massiv steigenden Kosten und wachsenden Unsicherheiten in Folge des Ukraine-Krieges. „Die aktuellen Herausforderungen könnten kaum größer sein“, sagt Guido Zöllick, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA Bundesverband).
Die Branche brauche jetzt Planbarkeit und verlässliche Perspektiven. „Ich erwarte, dass beste Pandemie-Vorsorge für den Herbst getroffen wird, erneute Beschränkungen und Schließungen werden viele Unternehmen nicht überleben. Die Zukunftssicherung der Betriebe und Arbeitsplätze muss jetzt Priorität haben“, bekräftigt Zöllick.
Nach zehn Wachstumsjahren hat die Pandemie die Branche in ihre schwerste Krise der Nachkriegszeit gestürzt. Die Lockdowns und weitreichende Einschränkungen haben tiefe Spuren hinterlassen – bei den Unternehmern wie auch bei den Mitarbeitern. Für die Krisenjahre meldet die Branche Umsatzausfälle historischen Ausmaßes.
2020 brach der Umsatz laut dem Statistischen Bundesamt gegenüber 2019 um real 39,0 Prozent ein. Das Jahr 2021 fiel mit realen Einbußen in Höhe von 40,1 Prozent im Vergleich zum Vorkrisenjahr sogar noch schlechter aus. Auch im ersten Quartal 2022 musste das Gastgewerbe noch einen realen Umsatzverlust von 32,5 Prozent verkraften.
Gewinnung neuer Mitarbeiter hat höchste Priorität
Die Pandemie traf auch den gastgewerblichen Jobmotor mit voller Wucht. Verheerende Umsatzeinbrüche, monatelange Kurzarbeit und Unsicherheiten – trotz größter Anstrengungen gelang es nicht überall, die Mitarbeiter zu halten. Anfang Juni beklagten rund 60 Prozent der Betriebe einen akuten Mitarbeitermangel. Besonders bitter ist es, dass die hohe Nachfrage durch die Lokale oft nicht bedient werden kann, da ihnen Mitarbeiter fehlen.
Dabei unternehmen die Betriebe alles, um ihre Mitarbeiter trotz der verheerenden Corona-Folgen zu halten und neue zu gewinnen. So wurden zuletzt Entgelttarifverträge mit Lohnerhöhungen im zweistelligen Prozentbereich abgeschlossen. Auch die Ausbildungsvergütungen stiegen stark an. Zudem wurden die gastgewerblichen Ausbildungen modernisiert und bieten jetzt noch attraktivere Perspektiven.
Aktuelle Herausforderungen sind gewaltig
„Allen Betrieben machen die explodierenden Kosten bei Energie, Lebensmitteln und Personal zu schaffen“, berichtet Guido Zöllick weiter und verwies auf die Ergebnisse der jüngsten DEHOGA-Umfrage. Danach bereiteten den Betrieben die Energiekosten (85,6 Prozent), die Lebensmittelpreise (85,4 Prozent) und die Personalkosten (67,0 Prozent) allergrößte Sorgen.
„Wir benötigen dringend mehr Mitarbeiter aus dem Inland wie Ausland“, appelliert der DEHOGA-Präsident. Deshalb müsse die Arbeitskräftezuwanderung aus Nicht-EU-Staaten zügig ausgeweitet sowie Prozesse und Verfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Längst überfällig sei eine echte Offensive für die duale Ausbildung. Auf die Ankündigung von Erleichterungen für den Einsatz ausländischer Aushilfen auf deutschen Flughäfen hat DEHOGA Bayern mit der Forderung gleicher Bedingungen für das Gastgewerbe reagiert.
„Gleiche Regeln für alle Branchen“
Gereon Haumann, Präsident des rheinland-pfälzischen Hotel- und Gaststättenverbandes, schließt sich dem an: „Wir gehen fest davon aus, dass dieselben Regeln auch für andere Branchen wie das Gastgewerbe gelten. Denn es kann ja nicht sein, dass wir mit Hilfe von Sonderregelungen deutsche Urlauber ins Ausland bringen, während heimische Betriebe Gäste ablehnen müssen, da ihnen Arbeitskräfte fehlen. Dabei sind es diese Unternehmen, die überall im Land Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen und hier ihre Steuern zahlen. Wir fordern gleiches Recht für alle, die Zuwanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland muss auch für gastgewerbliche Betriebe eins zu eins vereinfacht werden. Man sieht, wie schnell die Regierung in der Lage ist, zu handeln.“
„Wir sind ohnehin eine internationale Branche. Gut ausgebildetes Personal mit Migrationshintergrund ist bei uns immer willkommen. Was wir vor allem benötigen, sind Führungskräfte, die andere Mitarbeiter führen können“, präzisiert Alf Schulz, Vizepräsident des DEHOGA Rheinland-Pfalz und Kreisvorsitzender des DEHOGA Kaiserslautern und Landstuhl.
Angesichts der gewaltigen Herausforderungen für das Gastgewerbe fordert Guido Zöllick von der Politik entschlossenes Handeln und die richtigen politischen Weichenstellungen: „Wir sind uns sicher, dass unsere Branche wieder wachsen wird und wir Arbeits- und Ausbildungsplätze mit Zukunft für Menschen aus dem In- und Ausland anbieten können. Das Gastgewerbe ist die Branche der Chancen und der Integration. Um das zu bleiben, benötigen wir Perspektiven und Planungssicherheit.“ rav
Autor:Ralf Vester aus Kaiserslautern |
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