Knieschmerzen – Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten
„Viel bewegen und wenig belasten“
Kaiserslautern. „Knieschmerzen – Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten“ – zu diesem Thema veranstaltet das Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern am Donnerstag, 28. März, ein Gesundheitsforum. Beginn ist um 18 Uhr im Tagungszentrum in der Goethestraße 51 in Kaiserslautern. Im Vorab-Interview erläutert Univ.-Prof. Dr. med. Alexander Hofmann, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Standort Kaiserslautern, was dem größten Gelenk des Körpers gut tut und was nicht.
???: Welche Ursachen für Knieschmerzen gibt es?
Hofmann: „Unsere Knie sind die größten Gelenke des Körpers und müssen im Alltag sehr hohe Belastungen aushalten. Bei einer Kniebeuge lastet beispielsweise etwa das Achtfache unseres Körpergewichtes auf dem Knie. Diese Belastung ist bei Sportarten, die mit Verdreh-Bewegungen unter Belastung einhergehen, wie zum Beispiel beim Skifahren oder Tennisspielen, sogar noch viel höher. So kommt es im Laufe des Lebens zu einem natürlichen Gelenkverschleiß, der die häufigste Ursache für Knieschmerzen im Alter darstellt. Es gibt allerdings auch Erkrankungen, die einen vorzeitigen Gelenkschaden begünstigen. Dazu gehören einige entzündliche und stoffwechselbedingte Erkrankungen. Natürlich können auch Verletzungen und Infektionen zu Knieschmerzen führen.“
???: Sitzen, Stehen, Laufen – was ist am besten für mein Knie?
Hofmann: „Bei akuten Schmerzen stehen zunächst die Schmerztherapie und Ruhigstellung des Kniegelenkes im Vordergrund. Sobald eine gewisse Beschwerdelinderung eintritt, sollte das Knie schonend bewegt werden. Längeres Verharren in einer Position, wie zum Beispiel beim stundenlangen Sitzen am Schreibtisch oder auf der Couch, führt zu einer erhöhten Belastung einer bestimmten Stelle der Knorpelschicht. Knorpelgewebe speichert Wasser wie ein Schwamm und erhält dadurch seine Puffereigenschaften. Punktuelle Belastungen führen aufgrund des erhöhten Drucks zum Flüssigkeitsverlust an solchen Stellen, was mit einer reduzierten Belastbarkeit und erhöhtem Knorpelverschleiß einhergehen kann. Es ist also wichtig, einen regelmäßigen Wechsel zwischen sitzender, stehender und gehender Position einzuhalten, beziehungsweise regelmäßige Pausen bei überwiegend sitzender oder stehender Tätigkeit einzulegen und alle Gelenke gut durchzubewegen.“
???: Welche Übungen können Sie bei Knieschmerzen empfehlen?
Hofmann: „Bei akuten Schmerzen sollte man die Knie „baumeln“ lassen. Das heißt in sitzender Position ohne Bodenkontakt entlastet der hängende Unterschenkel den Gelenkspalt des Kniegelenkes. Das schonende „Durchbewegen“ des Knies in dieser Position führt zu einer gleichmäßigen Verteilung der Gelenkflüssigkeit über alle Gelenkbereiche und vermindert damit die Reibung an den geschädigten Gelenkanteilen. Zusätzlich werden die Durchblutung und der Stoffwechsel verbessert und damit eine Beschwerdelinderung erreicht.“
???: Stimmt es, dass Joggen meinem Knie schadet?
Hofmann: „Diese Frage kann man nicht pauschal mit „ja“ beantworten. Joggen ist eine der besten und einfachsten Möglichkeiten, sich fit, beweglich und gesund zu halten. Joggen bringt jedoch auch eine stark erhöhte Belastung für die Kniegelenke mit sich. Dabei treten enorme und hochfrequente Stoßbelastungen an der Knorpeloberfläche und den Weichteilstrukturen auf. Deshalb sehen wir bei Patienten, die jahrelang zu ehrgeizig den Laufsport betreiben, gehäuft vorauseilende Überlastungsschäden an Knorpel, Menisken und Bändern. Deshalb gilt auch hier, Überlastungen mit geeignetem Schuhwerk, weichem Laufuntergrund und angepasster Laufdistanz möglichst zu vermeiden. Als ganz besonders wichtig erachten wir ein adäquates Aufwärmtraining vor und gezielte Dehnübungen nach dem Lauftraining sowie ein langsames Aufbautraining nach längeren Sportpausen.“
???: Zu welcher Sportart raten Sie mir bei Knieproblemen?
Hofmann: „Alle Sportarten, die eine adäquate körperliche Bewegung bei geringer Gewichtsbelastung der Gelenke ermöglichen, sind empfehlenswert. Besonders geeignet sind Radfahren, Schwimmen, Gymnastik und Walken. Aber auch Tanzsportarten wie Zumba erlauben, durch ihre Kombination aus Fitness und Tanz bis ins hohe Lebensalter die Fitness zu erhalten, die Muskulatur zu kräftigen und eine stabile Gelenkführung zu erzielen. Abgesehen vom Spaßfaktor erreichen damit viele Menschen auch eine verbesserte Koordination und damit eine verbesserte Stand- und Gangsicherheit. Das dient auch der Vorbeugung von Sturzereignissen.“
???: Wie kann ich meine Knie im Alltag entlasten?
Hofmann: „Bei Knieschmerzen gilt es, einen Mittelweg zwischen Bewegungserhalt und Überlastung zu finden. Im Prinzip gilt das Motto: Viel bewegen und wenig belasten. Überlastungen sollten unbedingt vermieden werden. Wir empfehlen deshalb ein altersgerechtes und moderates Training. Bei akuten Schmerzen und Entzündungszeichen sollte man auf Sport allerdings komplett verzichten und erst nach Beschwerderückgang wieder damit beginnen.“
???: Wann sind Knieschmerzen ein Fall für den Arzt?
Hofmann: „Akut einsetzende Schmerzen, vor allem wenn sie mit einer Schwellung, Rötung und Überwärmung einhergehen, sollten generell ärztlich abgeklärt werden. Ist die Ursache erst einmal bekannt, kann eine spezifische Behandlung eingeleitet werden. Natürlich ist auch jede Knieverletzung ein Fall für den Arzt, um durch gezielte Diagnostik und Therapie Folgeschäden zu vermeiden.“
???: Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Hofmann: „Das moderne Behandlungsspektrum ist riesig und richtet sich nach der zugrundeliegenden Erkrankung oder Verletzung. Das Spektrum reicht von einer kurzfristigen Schmerzmitteleinnahme, über Krankengymnastik, physikalische Therapie, bis hin zu komplexen Rekonstruktionen von Gelenkknorpel, Kreuzbändern und künstlichem Gelenkersatz.“
???: Wann ist eine OP notwendig?
Hofmann: „Einige Unfallfolgen, wie zum Beispiel Verletzungen eines Meniskus oder Kreuzbands, können je nach Beschwerdebild und Aktivitätsniveau klare Indikationen für eine Operation sein. Der therapeutische Nutzen für solche Traumafolgen ist bewiesen. Bei einer Arthrose richtet sich die Notwendigkeit einer Operation allerdings nach dem Beschwerdebild. Vorbeugende Operationen können notwendig werden, um zum Beispiel eine unnatürliche Beinachse zu korrigieren und damit die Entstehung oder den Fortschritt der Arthrose zu verlangsamen. Ein künstlicher Gelenkersatz ist in der Regel erst dann empfehlenswert, wenn die Arthrose vollständig ausgebildet ist, die Gehstrecke stark limitiert ist, der Patient durch ständige Schmerzen, vor allem in der Nacht, quasi zermürbt und auf Schmerzmitteleinahme täglich angewiesen ist und alle nicht operativen Behandlungsmaßnahmen keinen Erfolg zeigen.“
???: Können Knieoperationen minimalinvasiv durchgeführt werden?
Hofmann: „Die meisten Operationen an Knorpel, Meniskus, Kreuzbändern und Gelenkschleimhaut können minimal invasiv mit der so genannten Arthroskopie (Gelenkspiegelung) behandelt werden. Größere Operationen wie zum Beispiel der künstliche Gelenkersatz erfordern auch einen größeren chirurgischen Zugang.“
Autor:Jens Vollmer aus Wochenblatt Kaiserslautern |
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