Geheimnisvolle Rauhnächte: mystische Zeit zwischen den Jahren und zwischen den Welten
Rauhnächte. Die zwölf Tage zwischen Weihnachten bzw. Heiligabend und dem Dreikönigstag am 6. Januar bezeichnet man als Rauhnächte - auch raue Nächte genannt. Das sind die sechs letzten Tage des alten und die sechs ersten Jahre des neuen Jahres - also die Zeit vom 25. Dezember bis zum 6. Januar. Es ist eine mystische Zeit, eine Phase der Besinnung, des Innehaltens aber auch der Rückschau und des Fokussierens auf das Kommende - die Zeit zwischen Ende und Neuanfang im Jahreskreis. Die Natur ist an ihrem absoluten Ruhepunkt angekommen und auch die Menschen nehmen sich das immer mehr zum Vorbild. Es ranken sich viele Bräuche, Sagen und Mythen um diese magische Zeit. Je nach Ort und Region sind diese - ebenso wie die Schreibweise der Rauhnächte - ganz verschieden. Aber sie alle haben mit Segensweisheiten, innerer und äußerer Reinigung und der Vorbereitung aufs neue Jahr zu tun. So ist in manchen Regionen im Bayerischen Wald der Hausputz zwischen den Jahren geradezu obligatorisch.
Im Süden Deutschlands, in Österreich, Teilen der Schweiz und in Südtirol gibt es in den "Rauen Nächten" auch den Braucht des Perchtenlaufs. Ein Percht ist eine wild verkleidetet Gestalt aus dem Brauchtum jeder Regionen, die mit umgehängten Glocken durch die Dörfer ziehen, um den Winter mit seinen bösen Geistern auszutreiben.
Bedeutung der Rauhnacht - Wenn Dimensionen verschmelzen
Die Rauhnächte - manchmal auch Raunächte oder Rauchnächte, zwölf Nächte, Glöckelnächte, Innernächte oder Unternächte genannt - faszinieren die Menschen schon seit Jahrtausenden. Begründet liegt das - so sagen Historiker - im Unterschied zwischen Mond- und Sonnenkalender. Zwischen beiden Zählweisen für ein Jahr liegt eine Differenz von zwölf Tagen (Epagomene). Man sagt, in dieser "kalenderlosen" Zeit seien die Gesetze der Natur außer Kraft gesetzt und daher die Grenzen zu anderen Welten geöffnet. In vielen Kulturen, die so ein Kalendersystem verwenden und verwendet haben, verbindet man diese Zeit deshalb häufig mit Ritualen und Bräuchen, auch Geisteraustreibungen, Dämonenbeschwörung, Kommunikation mit Tieren oder wahrsagerische Kulte wurden in der Zeit der Rauhnächte durchgeführt. Auch heute wieder messen viele Menschen dem "Räuchern" als spirituelle Reinigung ihrer Häuser und Wohnungen große Bedeutung bei.
Traditionen - Woher kommt der Name Rauhnacht?
Mit dem "rauhen Klima" in der Zeit des Winters hat der Name tatsächlich - obwohl viele Menschen das glauben - nichts zu tun. Es gibt zwei gängige Erklärungen für den Ursprung des Wortes "Rauhnächte" oder "Raue Nächte": Eine führt den Namen auf das mittelhochdeutsche Wort rûch (haarig) und bezieht sich dabei auf die Geschichte, nach der ausschließlich mit Fell bekleidete Dämonen und böse Geister in diesen Nächten ihr Unwesen treiben.
Eine andere Erklärung geht auf den Brauch des "Räucherns" zurück: Tatsächlich wurden schon im späten Mittelalter um Weihnachten herum die Ställe der Nutztiere mit Weihrauch gesegnet - im Hinblick auf ein für die Landwirtschaft ertragreiches neues Jahr. Auch um sich vor den bösen Geistern zu schützen, die in den Rauhnächten ihr Unwesen treiben, wurden Häuser gerne mit Kräutern wie Salbei oder Lavendel "ausgeräuchert". Was heute wie Aberglaube wirkt, war damals ein wichtiges Ritual. Auch heute wieder messen viele Menschen die "Räuchern" zum spirituellen Reinigen ihrer Häuser und Wohnungen große Bedeutung bei. Dabei wird auch gerne die Magie der "heiligen Nächte" zum Ende des alten Jahres genutzt, um mit einem Räucher-Ritual einen puren und reinen Anfang in das kommende Jahr zu ermöglichen.
Geister und Dämonen - Rauhnächte schaffen Verbindung zu den "Dunklen Mächten"
Zur Mitte der Rauhnächte - an Silvester - soll der Legende nach das "Wilde Heer" - auch die "Wilde Jagd" genannt - aufbrechen. Dabei handelt es sich um eine Schar Geister und Dämonen, die in einem wilden Umzug durch die Lande ziehen, da in der "kalenderlosen" und damit "rechtlosen" Zeit der Rauhnächte die Tore zum Geisterreich weit offen stehen und die Seelen der Verstorbenen sowie deren Geister - gute wie böse - und auch Dämonen Ausgang haben.
Vielerorts ist es deshalb verpönt, zwischen den Jahren Wäsche auf die Leine ins Freie zu hängen. Man fürchtete, die "Wilde Jagd" mancherorts auch das "Wilde Heer" genannt, könne sich darin verfangen. Damit zöge man den Unmut der Geister und Dämonen im neuen Jahr auf sich und seinen Haushalt. Mancherorts glaubt man auch, die Dämonen würden die Wäsche rauben und sie im neuen Jahr als "Leichentuch" für den Besitzer benutzen.
Weil in der Zeit der Rauhnächte aufgrund der Präsenz von Geistern und Dämonen auch das Orakeln und Wahrsagen zur Tradition gehörte, kennen wir heute noch den Silvesterbrauch des Bleigießens und andere "Party-Orakel", die uns Einblicke in den Verlauf des kommenden Jahres geben sollen. Schon immer haben die Menschen in den "rauhen Nächten" versucht, mit spirituellen Wesen Kontakt aufzunehmen, um einen Blick ins nächste Jahr zu werfen und dessen Verlauf mit allerlei Ritualen positiv zu beeinflussen.
Magische Naturerfahrung - die Macht der Nacht
Heute nutzen spirituell interessierte Menschen diese besondere Zeit zwischen den Jahren, um die winterliche Stille der Natur zu erleben. Immer häufiger lebt altes Brauchtum, wie das "Räuchern" wieder auf, suchen doch viele gerade während der Rauhnächte einen entschleunigenden Ausgleich zum hektischen Alltag. Das Dunkle der heiligen Nächte, das magische Gefühl des Neuanfangs - führt zu einem völlig neuen Naturerleben. Daher zieht es viele Menschen in dieser Zeit auch hinaus in die Natur auf der Suche nach Ruhe und innerer Einkehr.
Rauhnächte 2024 erleben
Im Bienwald bei Kandel finden jedes Jahr verschiedene geführte Wanderungen zum Thema "Raue Nächte" statt, bei denen man mehr über das Brauchtum für diese magischen Nächte in der Region Südpfalz und die regionale Geschichte der "Rauhnacht" erfahren kann. Auch diese Veranstaltung beschäftigt sich mit den Raunächten
Mehr geheimnisvolle Heimat
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
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