Die neue „Belegausgabepflicht“ bringt Mehrbelastung der Umwelt
Kassenbonflut erregt die Gemüter

Sei es auch nur der Kauf eines Bäckerbrötchens oder einer Brezel:  der  Kassenbon ist  zur Pflicht geworden.  | Foto: end
  • Sei es auch nur der Kauf eines Bäckerbrötchens oder einer Brezel: der Kassenbon ist zur Pflicht geworden.
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Von Stefan Endlich
Kandel. Seit 1. Januar müssen alle Einzelhändler auch für die kleinsten verkauften Posten einen Kassenbon für den Kunden ausgeben. Auch wenn der keinen will. „Belegausgabepflicht“ heißt das Ganze. 2017 trat der erste Teil des Gesetzes in Kraft. Die Kassen mussten so umgerüstet werden, dass alle Kassiervorgänge elektronisch erfasst, gespeichert und auslesbar sind. Angeblich sollen dem Staat jedes Jahr hohe Steuersummen entgangen sein, weil Unternehmen ihre Umsätze mit manipulierten Kassen und Software oder fingierten Rechnungen nicht oder falsch erfassten - zum Beispiel in der Gastronomie und anderen Branchen mit hohem Bargeldanteil. Bei kleineren Geschäften wie Bäckereien, Metzgereien sorgt diese Gesetzesnovelle für Verärgerung. Ist solche ein notwendiger Schritt für die Steuersicherheit oder unnötiger Zettel-Wahnsinn, der die Verkäufer in der Bäckerbranche nervt? Mit der Kassenbon-Pflicht steht Deutschland nicht allein dar. In Italien und Polen gilt diese Pflicht zur Ausgaben von Belegen“ schon seit mehreren Jahren. Wer als Tourist nach Polen kommt, stellt bald fest, dass er beim Kauf auch von nur einem Brötchen in einer kleinen Bäckerei oder einer Flasche Cola am Kiosk sofort einen Kassenbon ausgehändigt bekommt.
Bei der Kassenbon-Pflicht scheiden sich hierzulande die Geister. Viele Inhaber von Bäckereien zeigen sich erzürnt über das gestiegene Kassenzettel-Aufkommen und tun ihren Unmut auf Facebook und anderen sozialen Medien kund. Hierbei kommen vielerlei Vorschläge auf, wie man bei der Kassenzettelflut Abhilfe schaffen könnte.
Eine Lösung setzte bereits in der Südpfalz eine Bäckerei aus Edenkoben um. Wer einen Kassenbon als Zahlungsnachweis benötigt, kann mit seinem Handy per Kamera am Display der Ladenkasse den Code der Rechnung herunterladen.
Sabine Seither vom „De’ Zille Bäck“ in Kandel hat täglich beim Kassiervorgang Diskussionen mit ihrem Kunden über die neue Kassenbonpflicht. „Ich muss jedem Kunden, auch dem Schüler der ein Päckchen Lakritz oder Kaugummi kauft, einen Kassenzettel aushändigen. Vorher musste ich alle paar Wochen eine neue Kassenrolle einlegen, inzwischen ist es durch den gestiegenen Verbrauch jede Woche. Das führt nur zu Mehrkosten“, sagt Sabine Seither und meint, die Verantwortlichen für dieses Gesetz sollten sich mal einen Tag hinter die Theke einer Bäckerei stellen. Dann wüssten sie besser, was sie da angerichtet hätten.
Und wie sei es mit dem propagierten Umweltbewusstsein, was die Politik ständig in den Mund nehme, fragt sich Bäckerei-Inhaberin Sabine Seither, Die Kassenzettel aus Thermopapier könnten nur in den normalen Hausmüll entsorgt werden, nicht in der Papiertonne. Riesige Mengen an Kassenzettel stauten sich an, weil die meisten Kunden diese gar nicht annehmen wollten.
Das Wochenblatt fragte zum Thema bei der Bäckerinnung Pfalz-Rheinhessen in Ludwigshafen nach. Dort bekommt man laufend Rückmeldungen zur Umsetzung der seit 1.1. 2020 geltenden Kassenbonpflicht. Auch Geschäftsführer Jochen Heck findet, dass die Gesetzesverordnung eine zusätzliche Belastung der Umwelt mit sich bringe. Wie es letztlich real in der Praxis aussehe, hierüber habe die Politik sich wohl zuvor weniger Gedanken gemacht.
Jochen Heck weiß, dass derzeit zahlreiche Bäckerei-Inhaber mit den Lieferanten der Kassensysteme kooperierten, um neue Möglichkeiten zu erkunden, wie das stark angewachsene Kassenzettelaufkommen reduziert werden könne.

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Autor:

Stefan Endlich aus Wörth am Rhein

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