"Machtergreifung - Karlsruhe vor 90 Jahren"

Als erstes wurde die Pressefreiheit abgeschafft!

Heute vor 90 Jahren wurde Adolf Hitler als Führer der NSDAP, die nach den Wahlen vom 06. Dezember 1932 die stärkste Fraktion bildete, zum deutschen Reichskanzler ernannt. Eine Entscheidung, die aufgrund politischer Destabilität und Zersplitterung des Parteiensystems in der angeschlagenen Weimarer Republik möglich wurde und verheerende 12 Jahre für Deutschland und ganz Europa nach sich zog.
Der 30. Januar 1933 markiert den Beginn des braunen Spuks und einer Gewaltherrschaft, in der der Mensch nicht zählte.
Heute bekam ich Gelegenheit, von der Enkelin eines Widerstandskämpfers, der sich von der ersten Stunde an gegen das nationalsozialistische Regime positionierte, mehr zu erfahren über jene Zeit.
Traute Rothweiler ist die Enkelin des Hagsfelder Widerstandskämpfers Friedrich Gerhardt. Gemeinsam mit ihrem Sohn, dem Unternehmer Dirk G. Rothweiler (ein Karlsruher Christdemokrat) gab sie mir einen Einblick in zeitgeschichtliche Dokumente ihres Großvaters sowie ihres Vaters Rudi Gerhardt.
Der 1864 in Hagsfeld geborene Friedrich Gerhardt war überzeugter Gegner des Nationalsozialismus und Schriftsetzer bei der SPD nahen Tageszeitung „Der Volksfreund". Früh sah das Regime in freien Tageszeitungen eine Gefahr für das System. Bereits am 16.02.1933 wurde die der Zentrumspartei nahe stehende Zeitung "Badischer Beobachter" verboten. Am 27. Februar 1933 durfte der "Volksfreund" per Erlass des Innenministers nicht mehr veröffentlicht werden. Nach und nach erging es allen freien Karlsruher Tageszeitungen so. Das Ende der Pressefreiheit war damit besiegelt.
Friedrich Gerhardt und seine Gefährten hielt dies nicht ab. Im Geheimen druckten sie den "Volksfreund" weiter. Nachts oder bei Spaziergängen mit ihren Kindern verteilten sie die Zeitung weiter. Schnell wurde er zum Ziel der Nationalsozialisten. Um der Verfolgung zu entgehen und seine Familie vor Repressalien zu schützen, nahm sich Friedrich Gerhardt 1934 das Leben.
Ein Ereignis, das die Familie geprägt und immer ermutigt hat, für die eigenen Überzeugungen einzustehen.