Zur Pandemie kommt der harte Winter / Helfer gefragt / „Corona hat alles verändert“
Kälte trifft Obdachlose
Karlsruhe. Die Temperaturen rauschen in den Keller. Bis zu zweistellige Minusgrade waren noch in der vergangenen Woche zu verzeichnen. Zu den besonders vulnerablen Gruppen zählen obdachlose Menschen. Sie sind sowohl von der Pandemie als auch von der klirrenden Kälte betroffen.
Wichtige Hilfe in diesen Tagen
Anlaufstelle für Hilfsbedürftige ist unter anderem die Bahnhofsmission Karlsruhe. Zuletzt musste die karitative Einrichtung aufgrund von Corona seine Öffnungszeiten jedoch einschränken. „Normalerweise haben wir rund 40 Ehrenamtliche, aktuell sind es noch etwa 20. Das hat den Grund, weil viele unserer Freiwilligen auch zur Risikogruppe zählen und daher pausieren. Deshalb haben wir zeitweise nur noch viereinhalb Stunden am Tag geöffnet, sind aber nach wie vor jeden Tag da“, betont Susanne Daferner, Leiterin der Bahnhofsmission.
Größerer Andrang
Auch die Zeitfenster für Obdachlose, Vereinsamte, gestrandete Reisende oder generell Hilfesuchende sind begrenzt. Tagsüber darf sich nur noch eine Person rund 25 Minuten dort aufwärmen. „Es gibt eine heiße Tasse Tee, etwas zu essen. Danach müssen wir lüften, desinfizieren und das Hygiene-Konzept umsetzen“, so Daferner. Anschließend wird der Klient wieder in die Kälte entlassen. Gerade jetzt sei der Andrang größer als sonst, da die Vesperkirche in der Südstadt zu Ende gegangen ist und als Anlaufstelle ausscheidet. „Man muss es so sagen: Corona hat alles verändert. Gerade die Menschen, die eh schon im Abseits stehen, sind noch mehr gebeutelt als früher“, sagt die gelernte Erzieherin.
Auch die monetären Einnahmen für Menschen ohne Obdach schwinden. Dadurch, dass weniger Menschen reisen, werden zum Beispiel auch weniger Pfandflaschen rund um den Karlsruher Bahnhof in die Mülleimer geworfen. „Für Pfandsammler ist das ganz schlecht. Auch Betteln wird schwieriger aufgrund der geringeren Anzahl von Reisenden“, wirft Daferner ein. Aber das dringendste Problem sei die Kälte. „Viele trinken Alkohol, weil sie ihr Leben auf der Straße sonst gar nicht aushalten würden. Wenn sie dann vom Alkohol gewärmt einschlafen, können sie sehr schnell erfrieren. Das ist eine große Gefahr“, weiß die Leiterin der Bahnhofsmission nur zu gut. (bom)
Autor:Jo Wagner |
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