Entdeckung der ältesten Papierhandschrift in vollständig deutscher Sprache
Sensationsfund in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe

Foto der Handschrift  | Foto: BLB
  • Foto der Handschrift
  • Foto: BLB
  • hochgeladen von Jo Wagner

Karlsruhe. Bei der wissenschaftlichen Bearbeitung des Donaueschinger Bestandes mittelalterlicher Handschriften an der Badischen Landesbibliothek wurde kürzlich die älteste überlieferte Papierhandschrift mit ausschließlich deutschsprachigen Texten entdeckt: eine kleinformatige theologische Sammelhandschrift, die bislang als um 1400 entstanden galt, aufgrund der Analyse ihrer Wasserzeichen jetzt aber sicher auf den Zeitraum 1335-1340 datiert werden kann.

Blick in die Geschichte
Papier als Beschreibstoff wanderte Ende des 13. Jahrhunderts aus China nach Europa ein, verbreitete sich im 14. Jahrhundert auch im deutschen Sprachraum und verdrängte im 15. Jahrhundert das bisher übliche Pergament fast vollständig. Bislang galt als älteste, vollständig in Deutsch auf Papier geschriebene Handschrift ein "Münchener Codex", der auf das Jahr 1348 datiert ist. Die Karlsruher Neuentdeckung ist um zehn Jahre früher anzusetzen.

1993 hat das Land Baden-Württemberg die bedeutende Handschriftensammlung der Fürsten von Fürstenberg aus Donaueschingen erworben und die mehr als 1.000 mittelalterlichen Handschriften zwischen der Badischen und der Württembergischen Landesbibliothek aufgeteilt. Die deutschsprachigen Handschriften befinden sich seither in Karlsruhe. Seit 2015 erschließt Katrin Sturm am Handschriftenzentrum Leipzig die deutschsprachigen theologischen Handschriften in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Kooperationsprojekt. Und sie erlebt immer wieder Überraschungen, denn die theologischen Handschriften sind im Gegensatz zu den gut erforschten literarischen Handschriften aus Donaueschingen wie der "Nibelungenlied-Handschrift C" oder dem "Rappoltsteiner Parzival" bislang kaum aufgearbeitet.

Das sehr dicke und steife Papier des äußerlich unscheinbaren Bandes im DIN-A6-Format war gleich ein Indiz für sie, auch der Schrifttyp schien ihr gleich beim ersten Augenschein in das zweite Viertel des 14. Jahrhundert zu weisen – nun hat sich ihre Annahme, es müsse sich um ein besonders frühes Papier handeln, bewahrheitet.

Die Handschrift Donaueschingen B V 13, der zwei recycelte Pergamenturkunden als Umschlag dienen, enthält zwei Texte zum wahren christlichen Glauben: auf 179 Seiten das „Buch der sieben Grade“ des Mönches von Heilsbronn und auf 13 später eingebundenen Seiten Meister Eckharts Traktat zu den „Vierundzwanzig Zeichen eines vernünftigen Grundes“. Das „Buch der sieben Grade“ beschreibt die sieben Stufen des Gebets, die den sieben Stufen zum Tempel Salomons entsprechen.

Die Neudatierung der Handschrift erlaubt nun auch, das literarische Wirken des anonymen, aber im Spätmittelalter viel gelesenen Autors „Mönch von Heilsbronn“ erstmals zeitlich genauer einzugrenzen. So wirkt sich die materialkundliche Analyse direkt auf unser Wissen zur Literaturgeschichte des deutschen Mittelalters aus.

Entstanden ist die Handschrift im Nürnberger Raum, wo auch der „Mönch von Heilsbronn“ als Autor anzusiedeln ist. Im 15. Jahrhundert gehörte sie nachweislich den Dominikanerinnen des Nürnberger Katharinenklosters, deren Bibliothekskatalog vermerkt, man habe sie von dort „weg-gegeben“. 1869 wurde sie von einem Augsburger Antiquar für die Donaueschinger Handschriftensammlung erworben. (blb)

Infos: Das Digitalisat der Handschrift finden Sie in den Digitalen Sammlungen der BLB: urn:nbn:de:bsz:31-113576 [Mehr]

Autor:

Jo Wagner

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

49 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Ausgehen & GenießenAnzeige
Karlsruhe Aktivitäten: Auch im Advent bietet die MS Karlsruhe beliebte Ausflüge an. | Foto: Thomas Adorff
2 Bilder

Karlsruhe Aktivitäten: Erlebnisse mit dem Rheinschiff

Leinen los und mit der MS Karlsruhe Sehenswürdigkeiten entdecken. Aktivitäten und Erlebnisse locken auch im Herbst und Winter. Karlsruhe Aktivitäten. Die Tage werden am Ende des Sommers immer kürzer, die Temperaturen draußen kühler. Die reizvolle Stimmung an Bord der MS Karlsruhe bleibt einzigartig. Oben auf dem Deck den zunehmend frischeren Fahrtwind zu spüren und in der Dunkelheit das Spiel der Lichter in den vorbeigleitenden Dörfer und Städte auf der badischen, pfälzischen oder elsässischen...

Wirtschaft & HandelAnzeige
Digitale PR Karlsruhe: Bruno Williams berät seine Kunden rund um Online-PR, Social Media Ads und Display Ads im Content-Umfeld der Wochenzeitung WOCHENBLATT mit wochenblatt-reporter.de und der Tageszeitung DIE RHEINPFALZ mit rheinpfalz.de.  | Foto: Bruno Williams

Digitale PR Karlsruhe: Mit Mediawerk Südwest in die Zeitung

Karlsruhe: Digitale PR über Gaststätten und Geschäfte wird in der Google-Suche schnell gefunden und erscheint im Umfeld der Zeitung.  Ansprechpartner für erfolgreiche digitale Media-Lösungen in Karlsruhe ist Digital Sales Manager Bruno Williams. Er berät seine Kunden rund um Online-PR, Social Media Ads und Display Ads im Content-Umfeld der Wochenzeitung WOCHENBLATT mit ihrem Online-Portal wochenblatt-reporter.de und der Tageszeitung DIE RHEINPFALZ mit ihrem Online-Portal rheinpfalz.de.  Events...

Online-Prospekte aus Karlsruhe und Umgebung



add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ