Reise durch Dubai und den Oman
“Ein Tag in drei Stunden!”
Dubai. Landung, aufgewacht, noch immer eingemümmelt in der Decke. Irgendeiner hat wohl gedacht, er müsste alle Reisenden erfrieren! Dubai ist nach knapp drei Stunden aus Indien erreicht. Kaum ist die Maschine auf dem Boden, ist Gedränge. Ein Großteil der mitreisenden Inder ist wohl der Meinung, sie könnten noch vor der Maschine am Gate sein. Sie drängeln, was das Zeug hält, fehlt nur noch, dass sie sich überholen und über Sitze klettern... Unfassbar, denn die Türen sind noch zu! Wetteransage aus dem Cockpit: 25 Grad um 11.30 Uhr. Kann man lassen – besonders wenn ich an die Meldungen aus Deutschland denke, Schnee, Eis und Glätte. Muss ich jetzt nicht haben. Raus aus der Maschine, quasi als letzter, bringt ja nichts, denn das Gepäck braucht ja auch Zeit. Angenehm hier. Die Masse verteilt sich – die Mehrheit geht in Richtung Transit, vereinzelt trudeln Reisegäste vor dem Immigration-Check ein.
Groß, größer, Dubai
Und da sag noch einer, es käme nicht auf die Größe an. Unglaublich, dass man all das hier so dimensioniert hat – da kann sich der Flughafen BER, der bei der Eröffnung schon zu klein war, eine gehörige Portion abschneiden. Hier im Terminal 3 könnten 20 Maschinen gleichzeitig ankommen, sie würden nicht im Stau stehen, es wären genügend Schalter, Kontrollen, Gepäckbänder da … Etwa 30 Schalter, alle besetzt, einer verteilt die Ankommenden. Pass rüber schieben, der wird eingelesen, „look here“ – in die Kamera, Foto wird gemacht. Zack, Stempel rein, „have a nice stay“. Mmmh, wenn ich an die vielen unfreundlichen Grenzbeamten bei uns denke, denen man ja noch dankbar sein muss, dass sie wenigstens drei Schalter aufhaben, wenn zehn Maschinen zur selben Zeit eintrudeln, dann bekomm ich jetzt schon einen Hals.
Weiter geht es zu den Gepäckbändern – eine schier unendliche Reihe, alles glänzt vor Chrom, Marmor und Lichtern. Unfassbar auch die Höhe des Raumes, Palmen passen locker rein, stoßen nicht oben an. Dazu ist alles glänzend in Schuss – nicht wie bei den Franzosen: Bei denen es eingeweiht wird, sie sich alle selber auf die Schulter klopfen wie toll und innovativ sie sind – und nach sechs Monaten gammelt alles vor sich hin. War zum Beispiel bei den neuen U-Bahn-Linien in Paris so. Aber hier? Nix da: Hier ist das seit Jahren so. Wenn auch durch einen enormen Trupp von Arbeitern aus dem asiatischen Raum, die rund um die Uhr mit Wartungs- und Putzarbeiten beschäftigt sind. Am Band: Nicht viele Koffer fahren fast ein wenig verloren um die Runde. Dazu gibt’s irre viel Platz in den Gängen.
Vorbei am Duty free – auch nach der Gepäckausgabe noch „schnell“ eine Einkaufsmöglichkeit. Könnte jemand ja noch was vergessen haben … Geld wechseln. Vor mir sind Araber, keine mit der Landestracht, sondern eher der Typ Reisender. Sie tauschen einen Berg Dollar (unglaublich: sind alles 100er Scheine!) in einen noch größeren Berg Dirham (1 Euro: 4,7 د.إ) Alles wird in die Taschen gestopft. Da fällt doch bestimmt was raus? Durch die Zollkontrolle – wieder keiner da. Raus, einen Café trinken, im Netz (gratis WiFi) nach dem Standort des Autoverleihers suchen. Kann man rüber ins Parkhaus laufen. Es ist ein "Toyota Camry", nagelneu, 4.000 km nur drauf, weiß, Schnickschnack, viel Platz und viele PS.
Fahrt Richtung Osten
Raus aus dem Parkhaus, Sonnenbrille auf, Scheibe runter, in der Menge der Fahrzeuge (fast alle weiß) mitschwimmen, das Navi gibt den Weg vor. Richtung Hatta, vorbei an Wolkenkratzer, Hochhäusern, Gebäudekomplexen und Einkaufszentren – dazwischen viel grün, das ständig bewässert wird. Raus aus Dubai – auf die E44, immer nach Osten, die Gebäude werden niedriger, weniger, seltener, das Grün der Flächen wird zu einem gelb-braun und dann zu Sand, die Masse der Fahrzeuge wird zu wenigen, dann gibt’s mehr Lastwagen und Geländewagen – und nach gut 20, 30 Kilometer sind rechts und links nur noch Steine, Felsen und Sand. Fingerzeig auf die Vergänglichkeit von Glanz und Prunk?
Weiter nach Osten; Bei "Madam Plain" gibt’s eine Kontrolle, hier fährt man mal kurz durch den Oman – Pass ansehen lassen – weiter geht’s nach Hatta. Die Straße läuft mitunter schnurgerade, war wohl einfacher zu bauen. 4spurig, rechts, links und in der Mitte ist es grün, viele Gärtner, dahinter aber alles sandig. An Stellen, an denen keine Büsche am Rand sind, gibt's immer wieder Sandverwehungen. Rund 1,5 Stunden Fahrt. Das ist gewissermaßen das St. Moritz in Dubai. Zwar ohne Schnee, aber immerhin: Die anderen Dinge fehlen auch alle. Aber es ist eben in den „Bergen“, hat drei Paläste, zig Moscheen, etliche Banken, eine Feuerwehrstation, einen Funkturm (verkleidet als Palme) und einen Fußballverein, der aber keine Souvenirs verkauft! Es ist eine Art "Retreat", etwas, was schon die Engländer in ihren Kolonien par excellence praktizierten: In der heißen Jahreszeit geht’s in die Berge. Hier ist die Option auf Ruhe (wenn man nicht am Wochenende hier ist, da ist Remmidemmi hier), denn man hört hier recht wenig, schaut auf die Berge, kann bei diesem Blick gewissermaßen versinken in die eigenen Gedanken, lässt die Zeit Zeit sein
Weiter nach Osten, über die Grenze
Eine schlaflose Nacht ist meist eine lästige Sache. Aber nach Hermann Hesse ist sie erträglich, wenn man gute Gedanken hat – und die hatte ich. Früh raus, kurz in den Pool, wenn schon einer hier ist, dann dennoch getrödelt, denn vom Frühstücksraum schweift der Blick über den Pool wieder zu den Bergen und den Pfauen, die hier im Gelände unterwegs sind. Also doch etwas verweilt. Anyway.
Weiterfahrt Richtung Oman, maximal 120 km/h sind erlaubt – ansonsten piept der Wagen und eine Warnleuchte geht an. Zudem ist es recht teuer wenn man sich schnappen lässt, besonders als Ausländer. Dennoch: Auto nach Auto rauscht an mir vorbei – und das waren in der Regel deutlich mehr als 120 km/h!
Yepp, aber bei vielen der vorbeiziehenden Wagentypen dürfte das Knöllchen wohl Peanuts sein! Grenze bei Al Wajaja, Dubai stempelt mich aus, Zusatzversicherung für den Oman abschließen. Pflicht. Visum-Antrag im Oman ausfüllen, Stempel in Pass und auf Zettelchen, rüber zum Tourismusbüro, Plan holen – leider nur in Arabisch. Hat ja was – man erkennt aber nix! Tee trinken, Geld wechseln (1 € = 0,51 Omanische Rial ر.ع.) Weiter. Erste Kontrolle, „you have insurance?“. Nächster Check, der will den Zettel, dann kommt noch ein omanischer Check, der will in den Pass schauen. Junge, Junge, Junge – was für ein Personaleinsatz! Vielleicht machen sie aber ja ein Ratespiel, wo die Touris herkommen - aber viele sind es eh hier nicht.
Unterwegs im Oman
An der eigentlichen Grenze dann ein großer Zaun mit Stacheldraht drauf zwischen den beiden Ländern. Sieht aus wie an der alten Zonengrenze. Die haben die Omanis vielleicht von der DDR günstig abgekauft? Weiter nach Osten, irgendwann geht’s (kurz vor dem Meer) ab in den Süden. Die Strecke zieht sich. Gute Straßen, aber alle paar Kilometer gibt’s Baustellen, der Sultan finanziert Infrastrukturmaßnahmen, steht immer groß dran. Straßen für das Land, dazu Kreisel und Brücken. Muss zig Millionen kosten – aber das scheint hier in diesem Teil der Welt nicht so die Frage zu sein.
Bei Al Aqar will ich ans Meer. Fehlanzeige. Alles irgendwie immer Sackgasse, klappt später, auch wenn man kaum die Straßenschilder entziffern kann. Blick auf die Weite! Weiter, wenig Verkehr, der nimmt erst bei Sohar richtig zu. Immerhin Hafenanlage. Dazwischen ein uns andere Mal ein Fort. Shimani Castle, Blick auf die Tankuhr, raus! Das macht Spaß, die Kiste voll zu tanken. 0,12 der Liter Super, also 0,23 Euro. Kein Wunder, dass die hier alle so zügig fahren, und Spritsparer sind keine am Start! Ein voller Tank mit 45 Litern kostet hier nur 5,5 Rial, 19,67 Euro! Unfassbar!
Unfassbar auch, was die hier im Laden an Spielzeug verticken: Maschinengewehre. Nicht nur eines – ein ganzes Regal voll, mehrere zur Wahl. Weiter. Jede Menge Coffee Shops, Liwa Castle, im Radio plärren arabische Brüller. Keine Ahnung , was sie sagen! Nächster Sender, Dubai, FM 96.3, englisch und passabel. Al Khabora Castle. Alle paar Kilometer gibt’s eine Festung. Strecke, Straße, Baustellen, noch 100 Kilometer, Sender fadet aus, Radio 90.4, Oman, aber zum Glück alles auf Englisch, Verkehr nimmt zu, ebenso die Gebäude mit Fahnen, erste Hotelschilder kommen, Fahrt zum Hotel, sauber, normal, leider etwas außerhalb – nächstes Mal nehm ich was zentraleres! Hab jetzt gute fünf Stunden ab Hatta gebraucht. Hotel hat wenigstens WLAN!
Unterwegs in Muscat: "Whole day in three hours"
Rezeption besorgt Taxi, kommt gleich, Fahrer im Kaftan, Preis verhandelt, Pauschale ausgemacht. Fort Al Mirani, Old Muscat, als die Portugiesen hier waren, Corniche, Mutrah Souk, Palast: Das will ich sehen: „You will see everything. Whole day in three hours!“ Toll! Mann-o-Mann, hier ticken also auch die Uhren anders – ein Tag in drei Stunden! Das Versprechen klingt so gut, dass ich weich werde! Zahle die 25 Rial für die Tour – und der Blick auf das Meer ist auch noch drin, "we will stop there!" Quasi als Dreingabe … Handeln, wie auf dem Basar. Der Blick soll übrigens im leicht ranzigen "Motif Coffee Shop" am besten sein, glaubt man den Schilderungen im Netz.
Karte in die Hand, vorne einsteigen, die Kiste ist eine Kühltruhe. Klimaanlage aus, Fenster auf, Kamera bereit. 16.30 Uhr, los geht’s, vorbei an der großen Moschee (kommt noch), den Ministerien, ein ganzer Distrikt. Sollen alle zur Familie gehören, so der Fahrer. Botschaftsviertel, eine "gesicherte Burg" neben der anderen, weiter an den Strand. Auflandiges Wasser: „Selbes“ Meer wie auf der anderen Seite in Bombay. Paar nette Hotels, kann man sich vormerken, zum Ras al Hamra hoch, Wohnort der Expats, Fuhud Street, hier sind alle Schilder in zwei Sprachen, und es gibt einen tollen Blick, Wohnungen der Reichen und noch reicheren, die ganz reichen sind nicht hier, da kommt man nicht hin, denn die haben in dem Viertel eigene Berge ...
Traditionelles bewahren
Blick über den Berghang zum Meer. Runter, vorbei am Opernhaus, stell mir hier den Kontrast beim Publikum vor, Richtung Mutrah, Old Muscat. "Big Bus" (die fahren hier auch?) kommt vorbei, oben gut belegt. Anlegestelle der Kreuzfahrschiffe, alte Bebauung. Erfreulich: Kaum Hochhäuser, Wolkenkratzer schon gar nicht. „Not like in Dubai“, meine Huwashel: „We don’t like that!“ Sieht auch schöner aus, traditioneller, fast alle Gebäude in Weiß gehalten. Immerhin hat das Land drei Millionen Einwohner – und da zählen auch die Inder dazu! Muskat, Muscat, Mascat, Musqat … egal wie: Die Stadt hat rund 700.000 Einwohner – und ich habe den Eindruck, die sind alle unterwegs in diesen Minuten. Zum Glück kann ich schauen, mus snicht fahren. Mehr Geländewagen als in Dubai – dafür deutlich weniger Porsche und andere Sportwagen. Weiter über die alte Straße nach Old Muscat, zur Einweihung im Jahr 1929 gab es übrigens schon damals einen Autokorso: Alle Autos aus dem Oman nahmen teil: Es waren nur vier!
Weiter zum Palast. Irre! Was für eine Anlage, Größe, Platz, Weite, Raum – alles auf einem Fleck, direkt am Meer. So stellt man sich den Palast in 1001 Nacht vor. Auf der Meerseite stehen sogar Geschütze bereit, damit da nicht einer auf dem Seeweg reinkommt… obwohl, da sind ja noch die beiden Forts auf den Bergen links und rechts davon (auch bestückt)! Kurzer Abstecher zum Al Bustan Hotel, Palast wäre passender. Was für eine Anlage. Kein Wunder, dass die Staatsgäste hier übernachten. Ein Traum in einer eigenen Anlage. Zurück, an der Corniche aussteigen und entlang spazieren. Seeluft schnuppern, bewegen, zum Souk, Zeit verbringen.
Land erleben, "ein Vagabund sein"
Eintauchen, das gehört dazu, Gänge an Gänge, Laden an Laden, Angebot variiert aber nicht groß. Stoffe, Textilien, Gewürze, Schnickschnack, Inder, Ansprache! Es ist 19.30 Uhr, nicht viel Trubel mehr – aber eine tolle Atmo herrscht, dazu die vielen orientalischen Düfte. Ok, welche denn sonst, bin ja schließlich im Orient … Dazu Weihrauch in allen Formen und Muskatnüsse, der Beweis - die nehm ich mit als "Mitbringsel". Zeit für eine Pause, in einen leicht ranzigen indischen Laden, das Tischtuch ist aus Plastik .. und hat wohl schon länger keinen feuchten Lappen gesehen, aber der Tee wird in "frische" Gläser eingeschenkt. Fremde Gerüche, fremde Sprachen, ankommen in einer neuen Umgebung, Programm planen, Karte studieren, bisherige Bilder ansehen: Irgendwie ist das an allen Orten ähnlich, lediglich die Motive ändern sich. Das touristische "Pflichtprogramm" eben. Aber "Reisen, um zu reisen", heißt nach Rousseau schließlich, "umherschweifen, ein Vagabund sein!"
Autor:Jo Wagner |
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