Die Karlsruher INI-Sportvereine in der Corona-Krise
Solidarität der Mitglieder ist gefragt

Foto: pixabay

Karlsruhe. Das Coronavirus hat das gesellschaftliche Leben fest in der Hand. Ausgangsbeschränkungen, deren Ende nicht abzusehen ist, limitieren die Menschen beruflich und in ihrem Freizeitverhalten. Museen, Kinos, Parks aber auch Sportvereine mussten schließen, um die Ausbreitung des Coronavirus langfristig zu stoppen. Das hat für die Vereine nicht nur finanzielle Konsequenzen, das fehlende Sportangebot stellt besonders für Menschen in Reha-Sportgruppen mitunter auch ein medizinisches Problem dar.

Hausaufgaben für die Reha-Sportgruppen

Gudrun Ganzhorn aus dem Vorstand der Karlsruher Vereinsinitiative Gesundheitssport und selbst Trainerin kann das einschätzen. „Es war schon ein seltsames Gefühl, als man den Teilnehmern der Reha-Sportgruppen mitteilen musste, dass der Trainingsbetrieb ausgesetzt wird“, sagt sie. Die Gruppenteilnehmer hätten die Absage mit Bedauern und Enttäuschung aufgenommen, so Ganzhorn weiter, aber viele auch mit großer Erleichterung. „Durch Medienberichte und Warnungen der Hausärzte waren einige Teilnehmer doch sehr ängstlich und verunsichert.“
Sie habe ihren Herz- und Gefäßgruppen geraten, in der nächsten Zeit auf keinen Fall ihre "Hausaufgaben" (=Aufwärm- und spezielle Übungen) zu vergessen, sondern diese mehrmals täglich und regelmäßig durchzuführen. Denn es werden zwar genügend Videos, Online-Trainingspläne und ähnliches von den Vereinen angeboten, die sind aber meist nicht für Reha-Sportgruppen geeignet. Sie habe derzeit hauptsächlich Telefonkontakt zu den Teilnehmern, berichtet Ganzhorn. „Die Teilnehmer vermissen ihre Übungsstunden genauso, wie den Austausch mit Gleichgesinnten. Für sie sind die Übungs- und Trainingsstunden in der Herzgruppe mit einem entsprechend dosierten und ärztlich betreutem Training äußerst wichtig.“
Wenn der Sport wieder los geht, sei es wichtig, dass man das Training langsam aufbaut. „Viele Teilnehmer freuen sich auf einen Neustart, haben aber auch Angst, da wir bis dahin noch keine Corona-freie Zeit haben werden. Man wird in den einzelnen Gruppen über den Umgang miteinander sprechen müssen und auch Übungsformen anders gestalten als bisher. Das gesamte Trainingsprogramm wird sich aufgrund der neuen Abstandsregeln verändern, mehr Freiräume werden nötig sein. Bereits vor Schließung der Sporthallen gab es Diskussionen, ob der Reha-Sport nur noch ohne Kleingeräte durchgeführt wird - oder ob der Einsatz von Einmal-Handschuhen mehr Sicherheit bringt. Auch das Thema Mundschutz wird zur Diskussion stehen“, sagt die erfahrene Übungsleiterin.

Umdenken durch Corona?

Stefan Ratzel, Vorsitzender der INI und Geschäftsführer des SSC Karlsruhe, sieht die Lage für die Sportvereine noch recht optimistisch: „Ich denke nicht, dass unsere Vereine stark beschädigt aus dieser Situation herausgehen. Es wird kein gesunder Verein deshalb zugrunde gehen. Selbst wenn das ein oder andere Einzelangebot ins Stocken kommt, ist das nicht mehr als eine zeitliche Verzögerung in der kompletten Angebotsstruktur“, gibt er sich zuversichtlich.
Außerdem hofft er, dass die Corona-Krise ein Umdenken bei den Menschen hervorruft: „Je nach Dauer des Stillstandes des gesellschaftlichen Lebens, werden die Menschen sicherlich ins Grübeln kommen über die Werte im Leben. Gesundheit als höchstes Gut, bekommt einen höheren Stellenwert.“
Er denke jedoch nicht, dass die Nachfrage nach Stundeninhalten in den INI-Vereinen steigen wird. „Die Chance sehe ich eher im inneren Gefüge unserer Vereine selbst. Im besten Falle wird der Zusammenhalt im Team untereinander wieder bewusster und man kann wahrnehmen, dass die Aufgabe Vereinsübungsleiter eine schöne ist, und dass man es mit Mitgliedern zu tun hat, die einem mit Respekt und Wohlwollen begegnen, solidarisch sind“, sagt er.

Viele Sportvereine setzen in der Zeit der häuslichen Isolation auf die digitale Vermittlung ihrer Trainingsinhalte. Ein tragfähiges Modell für die Zukunft sieht Ratzel darin jedoch nicht: „Digitale Inhalte ersetzen sicherlich nicht eine vollständige Stunde. Aber kleine Ausschnitte, kurze, verständliche Clips, einfache Übungen, helfen, den Kontakt zwischen Teilnehmer und Übungsleiter zu halten. Im Netz gibt es viele technisch perfekte, aber sehr anonyme Inhalte. Ich meine aber, es ist was ganz anderes, wenn der Trainer des Vereins virtuell ins Wohnzimmer, auf den Balkon oder in den Garten kommt.“
Eine nachhaltige und gute Videoproduktion und das passende Konzept dazu seien für die Vereine nicht ohne, dennoch sieht Ratzel bei einem moderaten Einsatz auf diesem Gebiet durchaus Entwicklungspotenzial. Ratzels Tipps in den Zeiten von Corona: „Ganz allgemein sollte sich jeder auf jeden Fall sensibler im Haus- und der näheren Umgebung bewegen. Es sollte dort Bewegung eingebaut werden, wo man es bisher vielleicht vermieden hat. Treppe statt Aufzug, Rad statt Auto. Gartenarbeit ist etwas wunderbares – prima wer diese Möglichkeit hat. Und – um wieder den Bezug zum Punkt `digitale Stundeninhalte` zu nehmen - mitmachen bei den vielen tollen „Online-Stunden“ der INI-Vereine.“

Stillstand im Büro

Diana Marusic, Leiterin der INI-Geschäftsstelle, berichtet, dass dort, wo sonst stündlich Fragen von interessierten Bürgern, Kursteilnehmern, Sportvereinen und Kooperationspartnern einlaufen, Telefon und Computer mittlerweile stillstehen. „Auf der Homepage haben wir auch einen Hinweis, dass unsere Vereine momentan wegen Corona den Sportbetrieb eingestellt haben, das hat sich inzwischen wohl herumgesprochen“, sagt sie.
Ob das Angebot „Bewegte Apotheke“ wie gewohnt starten kann, sei noch ungewiss. „Wenn wir das Go bekommen, dann bestimmt mit beschränkter Teilnehmerzahl, da wir dabei ja gerade die so genannte Risikogruppe ansprechen“, ist sich Marusic sicher.

Chance für Vereine – optimistisch bleiben

Attila Horvat, INI-Vorstand und Geschäftsführer des Polizeisportvereins Karlsruhe, er bringt die Situation auf dem Punkt: „Wir müssen als Verein derzeit die Mitglieder und Kunden von dem fernhalten, wozu wir sie sonst motivieren möchten: regelmäßiges Training in netter Gemeinschaft, Pflege eines gesunden Lebenstils und sportliche Betätigung idealerweise unter freiem Himmel. Dazu kommen die wirtschaftlichen Folgen und die Sorgen der betroffenen Mitarbeiter und Trainer, um die wir uns als Vereinsführung mit schnellen Entscheidungen ruhig, sachlich, professionell aber auch mit optimistischer Zukunftsperspektive kümmern müssen.“
Dennoch, so Horvat, setze jede Krise natürlich auch Kreativität und neue Ideen frei - ob Online-Trainingspläne, Videos oder Tipps für Übungsstunden in den eigenen vier Wänden, in kürzester Zeit seien zahlreiche gute Initiativen im PSV und auch bei vielen anderen INI-Vereinen auf den Weg gebracht worden. „Nebenbei bieten die geschlossen Vereinsanlagen auch die Möglichkeit, sonst kaum realisierbare Reinigungs-, Reparatur- und Modernisierungsarbeiten auszuführen - soweit dies unter den gebotenen Vorsichtsmaßnahmen eben möglich ist“, meint er.

Wie sieht die Zukunft nach Corona aus?

Wie wird es nach Corona nach den INI-Vereinen weitergehen? „Beim PSV war für Mitte April ohnehin ein großer `Neustart` im Bereich Fitness & Gesundheit - vor allem, da das frühere Gaststättengebäude seit Januar zu einem Reha-Sportzentrum umgebaut wurde und somit neue Hallenzeiten und Übungsstunden zur Verfügung stehen - dieser Angebotsausbau ist zwar nun verschoben, soll aber nach der Wiedereröffnung ein positives und optimistisches Signal für die Fortsetzung und sogar den Ausbau des Sportangebots setzen“, so Horvat.
In finanzieller Hinsicht werde vieles davon abhängen, wie solidarisch und wie geduldig sich die Mitglieder und Kunden mit den Vereinen zeigen - derzeit gebe es beim PSV nur vereinzelt Forderungen nach Sonderkündigungsrechten oder Beitragsrückerstattungen. „Aber dieser Druck wird natürlich von Woche zu Woche deutlich steigen und einschneidende Mitgliederverluste und damit erheblicher finanzieller Schaden sind dann nicht mehr auszuschließen“, so Horvat abschließend.

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Autor:

Vereinsinitiative Gesundheitssport aus Karlsruhe

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