Kirchheimbolandener Herman-Nohl-Schule setzt Alpakas in der pädagogischen Arbeit ein
Flauschige Pädagogen mit dunklen Knopfaugen
Kirchheimbolanden. Sie heißen Bailey, Cristiano, Jago und Shaft, haben ein flauschiges Fell und betrachten aus großen dunklen Augen neugierig ihre Welt. Den Schülerinnen und Schülern der Herman-Nohl-Schule im Heilpädagogium Schillerhain in Kirchheimbolanden sind sie inzwischen bestens bekannt. Schließlich sind die vier Alpakas seit mehr als drei Jahren aus der pädagogischen Arbeit der Förderschule mit dem Schwerpunkt sozial-emotionale Entwicklung nicht mehr wegzudenken.
Regelmäßig nimmt Lehrerin Beate Weirich verschiedene Klassen der Herman-Nohl-Schule mit zu ihrem Haus in Waldgrehweiler. Weirich gehört die kleine Alpakaherde, die seit vier Jahren zusammen mit den beiden Lamas Skipper und Fussel in einem Offenstall direkt hinter ihrem Haus lebt. „Als ich den Kindern in der Schule von meinen Alpakas erzählt habe, fanden die das toll,“ erinnert sich die Lehrerin. „Zunächst habe ich ein oder zwei Kinder mitgenommen, die mir im Stall und auf der Weide geholfen haben oder mit mir einen Spaziergang mit den Tieren unternommen haben.“ Die positiven Erfahrungen während dieser Erprobungsphase hätten dazu ermutigt, die Arbeit mit den Alpakas fest in das pädagogische Angebot der Förderschule zu integrieren. Sie selbst habe an einer Reihe von Fortbildungen teilgenommen, um eine sichere Basis für die Arbeit mit den Tieren zu gewährleisten. Weil Alpakawolle in der Regel keine Allergien auslöse, könnten auch Kinder, die gegen andere Tierhaare allergisch sind, mit diesen Tieren arbeiten.
Heute sind Laura, Luis, Pascal und Julian* mit dabei, außerdem die Integrationshelferin einer Schülerin, Katrin Triebel. Als erstes steht das Putzen der Vierbeiner auf dem Programm. „Denkt bitte daran, die Alpakas nur leicht zu bürsten,“ erinnert Weirich. „Alpakas mögen keinen Körperkontakt und wollen auch nicht gestreichelt werden“, betont sie. Den Kindern beizubringen, dass Alpakas keine Schmusetiere seien, sei anfangs meist die größte Herausforderung, habe zugleich aber auch einen pädagogischen Aspekt: „Für die Kinder ist das eine gute Übung, bei ihrer Kontaktaufnahme auf die Bedürfnisse des anderen zu achten.“ In der Regel gelinge das schnell recht gut: „Selbst impulsive Schülerinnen und Schüler bemühen sich dann zum Beispiel, aus Rücksicht auf die Tiere heftige Reaktionen zu vermeiden.“
Immer wieder lässt Weirich wie beiläufig Informationen über die Alpakas einfließen. Etwa, dass es wichtig sei, das Halfter über den Nasenknorpel zu schieben, weil die Alpakas sonst nicht frei atmen können. Oder dass die ursprünglich aus den südamerikanischen Anden stammenden Verwandten des Kamels keine Hufe oder Klauen haben, sondern dick gepolsterte Fußsohlen, mit denen sie Grasflächen nicht beschädigen oder Treppen sicher hinauf und hinunter steigen können „Mich beeindruckt immer wieder, wie gut die Kinder und Jugendlichen inzwischen über die Alpakas Bescheid wissen“, sagt Weirich. „Als wir zum Beispiel letztes Jahr mit den Alpakas beim Schnuppertag der örtlichen Grundschule für ihre aktuellen und künftigen Erstklässler waren, haben mich vier Jugendliche begleitet und den Kindern sehr gut erklärt, wie sie mit den Alpakas umgehen müssen.“
Auf dem Programm steht heute ein Spaziergang auf die Wiesen oberhalb des Dorfes. „Ich war einer der ersten, die mit hier waren“, berichtet Luis, während sich die kleine Karawane in Bewegung setzt. „Das Spazieren gehen mit den Alpakas ist ein guter Ausgleich“, findet er. „Und es macht Spaß, mit den Tieren zu arbeiten,“ ergänzt Pascal. Das findet auch Laura, die ohnehin gerne mit Tieren zu tun hat und in ihrer Freizeit auch zum Reiten geht. „So ein scheinbar simpler Spaziergang ist in Wahrheit eine gute Übung dafür, sich auf eine Aufgabe zu fokussieren“, erklärt derweil Beate Weirich „Wenn jemand mit seinen Gedanken woanders ist, fängt das Alpaka an, nach Futter zu suchen.“ Alpakas seien tolle Spiegel, gerade, was das Führen angehe. Noch deutlicher werde das, wenn der vierbeinige Teampartner an der durchhängenden Leine durch einen Parcours geführt werden soll. Generell habe sie außerdem die Erfahrung gemacht, dass die Arbeit mit den Alpakas auch Kinder und Jugendliche, die sonst eher bequem seien, zur Bewegung im Freien motiviere.
Für die Alpakas und Lamas endet der Spaziergang auf ihrer Weide. Nachdem sich die Kinder von ihnen verabschiedet haben, galoppieren die Vierbeiner mit einigen Bocksprüngen davon, um sich dann bald ans Grasen zu machen. „Passanten, denen wir unterwegs begegnen, stellen schon mal neugierige Fragen,“ erzählt Beate Weirich. „Das Interesse, auf das sie mit ihren exotischen Tieren stoßen, tut den jungen ‚Alpaqueros‘ gut.“ Genau wie seine drei Begleiter freut sich Julian deshalb auch schon auf seinen nächsten Besuch bei den Alpakas: „Schließlich ist das eine Gelegenheit, die es sonst nicht gibt.“
* Namen geändert
Autor:Martin Müller aus Germersheim |
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