Existenzverlust, Ärgernisse und neue Ideen
Zwischen Hoffen und Bangen
Donnersbergkreis. Die Coronapandemie zerrt nach einem Jahr mittlerweile an jedem Einzelnen von uns. Homeoffice, Homeschooling und Wechselunterricht, Private-Shopping, Bestell- und Lieferservice - die Ideensammlung der einzelnen Institutionen, Unternehmen und Einzelhändler, Kulturschaffenden, Musikern und mehr lassen bald keine Wünsche mehr offen. Doch wie sieht es hinter der Fassade aus? Kommen die versprochenen Überbrückungshilfen auch wirklich bei denen an, die sich kaum noch über Wasser halten können? Viele Branchen stehen vor dem „Aus“, wenn sie nicht schon freiwillig das Handtuch geworfen haben. Andere wiederum kämpfen weiter. Das Wochenblatt war im Donnersbergkreis unterwegs und hat sich umgehört.
Von Claudia Bardon
Sandra Wieser, ehemalige Inhaberin des Reisebüros „Fernweh“ in Winnweiler: „Zu Beginn der Pandemie war ich noch zuversichtlich. Als dann allerdings im Juni letzten Jahres nach und nach auch alle Winterbuchungen seitens der Veranstalter gekündigt wurden, war mir doch klar, dass es sich hier nicht „nur um eine momentane Problematik“ handelt.
Vom Staat habe ich die erste Hilfe erhalten und darüber bin auch sehr dankbar. Damit konnte ich die bereits bezahlten Provisionen (für die ich allerdings schon Leistung erbracht hatte) zurückbezahlen.
So konnte ich mit meiner Mitarbeiterin noch fast täglich für unsere Kunden ein direkter Ansprechpartner sein.Für das gesamte letzte Jahr konnte ich lediglich zehn Prozent Umsatz verzeichnen und dies war letztendlich einfach nicht mehr zu verantworten. Ich hatte gerade erst die Thomas Cook Pleite „ausgeglichen“ und dann kam dieser Schlag. Tagelang zweifelte ich an mir und der Situation. Es war sehr schwer, meiner Mitarbeiterin die Kündigung auszusprechen und auch meine Kunden doch irgendwie im „Stich zu lassen“.
Ich hielt trotz allem bis zum 31. Oktober 2020 die Stellung in meinem Büro, damit die Kunden noch einen Ansprechpartner hatten, an den sie sich wenden konnten. So konnte ich wenigstens noch den größten Teil meiner Buchungen abwickeln und für die Kunden das bereits geleistete Geld zurückzahlen.
Ich muss gestehen, dass dies aber keinen Spaß mehr machte, zumal die Kunden oft sehr herablassend zu mir waren. Ich habe Corona nicht herbei geschworen und ich kann auch nichts dafür, wenn die Veranstalter nicht direkt bezahlen. Ab und an haben sich Kunden wegen fünf Cent geärgert, aber dass ich im Grunde ein Jahr für sie umsonst gearbeitet habe, dies haben nur die wenigsten wahrgenommen.
Ein Jahr nach Beginn der Coronapandemie kann ich im Nachgang sagen, dass ich sehr froh bin, mich für die Schließung des Reisebüros entschieden zu haben. Es tat und tut natürlich noch immer sehr weh, seinen Traum aufgegeben zu haben, aber nur diese Entscheidung war richtig.
Ich hoffe für Winnweiler, dass sich das ganze bald legt und alle andern kleinen Geschäfte einigermaßen aus dieser Misere raus kommen.“
Stefanie Kämmer-Mette, Inhaberin des Restaurants Max in Winnweiler: „Es ist für alle keine leichte Zeit im Moment, aber da müssen wir jetzt durch.
Die November- und Dezemberhilfe habe ich seit letzter Woche komplett erhalten. Die Zahlungen haben sich Zeit gelassen, aber jetzt sind sie da. Die Überbrückungshilfe für Januar konnte der Steuerberater noch nicht beantragen. Im November und Dezember 2020 hatten wir 70 bis 80 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr.
Nichtstun keine Option
Genau wie im letzten Lockdown bieten wir auch dieses Mal wieder einen Abhol-und Lieferdienst an und versuchen die Aushilfen zu beschäftigen, die entweder in Kurzarbeit oder Schüler und Studenten sind und auf den Nebenverdienst angewiesen sind. Einige Mitarbeiter sind abgesprungen, weshalb wir bei Wiedereröffnung neue Mitarbeiter brauchen werden.
Wir hoffen alle, dass wir bald wieder öffnen dürfen, denn das Arbeiten ohne unsere Gäste, wovon uns viele ans Herz gewachsen sind, vermissen wir sehr, denn Gastgeber zu sein, bedeutet nicht das kochen „in Boxen“.
Not macht erfinderisch
An Weihnachten haben wir zum ersten Mal in Gläser und Vakkumierbeutel Menüs gekocht, die unsere Gäste nur erwärmen mussten und so unabhängig von unseren Öffnungszeiten waren.
Wie es aussieht, werden wir uns in diesem Jahr, genau wie im letzten Jahr, an Ostern auch wieder etwas für unsere Gäste überlegen müssen, da ich nicht glaube, dass wir bis dahin eröffnen dürfen.
Diese Ungewissheit, wie es weiter geht, ist das, was allen so Angst macht. Konfirmationen, Kommunionen und Hochzeiten wurden für dieses Jahr, genau wie im letzten Jahr schon wieder reihenweise abgesagt.“
Gaby Micol-Brünnler von Gaby´s Wäscheladen in Kirchheimbolanden: „Das Jahr in der Pandemie verging sehr schnell. Der erste Lockdown hatte mich total umgehauen. Die meiste Zeit habe ich für die Anträge benötigt. Die erste Soforthilfe kam im April. Dass diese Hilfen allerdings nur die laufenden Kosten eines Monats deckten und wir unsere neue Ware vorbestellt hatten, welche letztendlich auch abgenommen werden musste, haben wir über die KFW-Bank mit einem großen Kredit aufgefangen, der uns zum Glück genehmigt wurde.
Meine beiden Angestellten gingen in Kurzarbeit, meine zwei Auszubildenden konnten keine Kurzarbeit beantragen und ich als Selbstständige darf noch nicht einmal meine wichtigsten Kosten geltend machen.
Nachdem wir nach dem ersten Lockdown wieder öffnen durften, waren die Kunden weg, da Google Kirchheimbolanden noch bis Ende Mai flächendeckend als „vorübergehend geschlossen“ auswies.
Ab Mai ging es zum Glück bergauf und der Sommer wähnte einem fast in der Normalität, so dass wir für 2021 wieder neue Ware vorbestellten, denn die Vorlaufzeit für einen neuen Order beträgt im Einzelhandel sechs bis neune Monate.
Ein erneuter Schlag
Von der heranrollenden zweiten Welle waren wir informiert und unser Hygienekonzept funktionierte perfekt, dass uns dann so überraschend der zweite Lockdown präsentiert wurde und wir somit wieder am Limit standen, wie zu Beginn 2020, war ein erneuter Schlag.
Leider ist der Politik unser Einzelhandel nicht so wichtig und deshalb kennen sie auch nicht unsere Lagerhaltung und die Vororderzeiträume, damit auch die Produktionsketten funktionieren können. Die stark betroffene Gastronomie kann kurzfristig einkaufen und planen, der stationäre Handel nicht. Da ich im August meine vorherige Praktikantin als Auszubildende einstellte, habe ich nun drei Auszubildende.
Wir hatten nach Weihnachten eine Woche „Auftankzeit“ und starteten im Januar mit der Überarbeitung unserer umfangreichen Kundenkartei und erstellten über verschiedene Informationskanäle unsere neue Werbung. Unser Januar-Sale wurde zum Glück sehr gut angenommen und wir erfuhren viel Lob und wie wichtig wir als Beraterinnen für unsere Kundinnen sind. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.“ clh
„Das geht uns alle an!“ ist eine Initiative des Bundesverbandes Deutscher Anzeigenblätter. Die im Verband organisierten Blätter nutzen ihre hohe Reichweite, um über aktuelle gesellschaftlich, politisch oder wirtschaftlich relevante Themen zu berichten, die viele Menschen bundesweit umtreiben. Vielen Branchen und Unternehmen macht die Corona-Pandemie schwer zu schaffen. Die SÜWE möchte mit ihren Wochenblättern, Stadtanzeigern und dem Trifelskurier über die Lage der lokalen Unternehmen in der Pfalz und im Badischen berichten. Alle Beiträge gibt es unter www.wochenblatt-reporter.de/tag/unternehmen-in-der-coronakrise
Autor:Claudia Bardon aus Wochenblatt Kirchheimbolanden |
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