Literarischer Verein der Pfalz
Autorenseminar in Lambrecht am 4. Nov. 23
Lambrecht. Der Literarische Verein der Pfalz lud dieses Jahr wieder zum Autorenseminar in die Pfalzakademie ein. Dieses Format existiert schon in Varianten seit den 1980er Jahren. Im letzten Jahr gab es eine Terminverschiebung durch umfangreiche Baumaßnahmen. Auch Corona drohte noch mit seinem langen Schatten. Das Foyer präsentierte sich den Gästen nun im modernen, frischen Glanz. Manche vermissten den Indian Summer, denn das Wetter war kalt, trübnass. Das tat aber der guten, konzentrierten Stimmung mit vielen Lockerungen im Seminarraum keinen Abbruch. Die Leitung hatte Birgit Heid aus Landau. Sie ist Erste Vorsitzende des Vereins.
Jeder der 9 Autor*innen verfügte über 30 Minuten zum Lesen und ausführlichen konstruktiven Besprechen des Textes durch alle Teilnehmenden. Traudel Scheurlen war als Gast geladen und kommentierte sachlich wie kompetent.
Die Veranstaltung begann um 9:00 Uhr mit einer Aufwärmphase, um 9:30 Uhr fing der erste Autor an, zwischendurch gab es Kaffeepausen und ein Mittagessen mit Niveau. Das Seminar endete um 16 Uhr mit einer Zusammenfassung. Birgit Heid pinnte Punkte, die ihr aufgefallen waren, an eine Wand. Sie verwies im Vorfeld auf Essays in Ausgaben der Mitgliederzeitschrift Neue Literarische Pfalz, welche sie zur vorbereitenden Lektüre in Bezug auf Textkritik empfahl. Unter den Beiträgen gab es drei Gedichte und 7 Kurzgeschichten. Die Qualität war allgemein hoch.
Ulrich Bunjes aus Speyer las aus seiner Kurzprosa "Ein Abend in der Opernbar". Ein betuchter 60jähriger Ingenieur ist auf der Suche nach der perfekten Frau in einem Dating-Portal. Schließlich wird er fündig und verabredet sich per Chat in einer Opernbar. Doch die potentielle Partnerin gibt sich nicht zu erkennen. Dabei wird er Opfer ihres geschickten Vorgehens, scheitert an seinem würdelosen Charakter und allzu hohen Ansprüchen.
Gelobt wurde in der Textkritik die Schilderung der gepflegten Atmosphäre, die sauber durchdachte Stilistik. Jemand wies auf die Diskrepanz zwischen Lesen und Vortragen hin. Insgesamt spannend erzählt mit gelungener Pointe am Ende. Bunjes selbst fand die Vorgabe auf max. ein, zwei Seiten einengend. Man war jedoch frei, geeignete Textpassagen z. B. aus einem umfangreichen Manuskript zu wählen.
Ursula Dörler aus Stelzenberg/Kaiserslautern erzählte in ihrem Text "Ein Kilo Äpfel" ein Adam&Eva-Motiv in moderner Form. Eine Stadt in den USA. Ein Mann hält einen Apfel in der Hand und sucht per Schild seine Eva. Diese taucht unvermittelt auf, sie ist aber aufgrund ihrer "gammeligen Esoterik-Klamotten" und Lebensart nicht sein Typ. Beide philosophieren über den inneren Wesenskern einer Paradiesfrucht. In Umkehrung überreicht Eva Adam den inzwischen aufgeschnittenen Apfel, nimmt sein Messer – ein Phallussymbol? – und verschwindet, aber es gibt eine Chance auf ein Wiedersehen.
Die Kritik befand, dass mehr englische Wörter dem Text gut tun. Birgit Heid repetierte emotionale Eindrücke, wie schön die Zufälle konstruiert wurden, auch die Schilderung des Sterns der Erkenntnis wirkte auf sie plastisch. Ein Kommentar zielte auf die Performance, die Dialoge beleben den Spannungsbogen. Andererseits wurde angemerkt, dass die Verwendung von Gypsy-Zitaten, ob bewusst oder unbewusst, mit Hinsicht auf die Sinti und Roma vorsichtig gehandhabt werden muss.
Guido Lill brachte aus Schifferstadt zwei sich überwiegend reimende Gedichte mit: "Beichte" und "Böse". Das erste beleuchtet einen Priester, stellvertretend für die (kath.) Kirche, der alles absegnet: Kindesmissbrauch, Drogen, Mobbing usw. – spürbar eine Anklage mit Wut im Bauch. Im zweiten Gedicht schildert Lill, wie das Böse in die Welt kommt und sich etabliert, hierbei werden bekannte moralische Sprüche verwendet. Es schließt mit "Und die Moral / Von der Geschicht // Die gibt es / Überhaupt nicht /.
Am Ende führte Heid Punkte auf, die verbesserungswürdig erschienen, wie die Ausarbeitung von Figuren, das Reimschema und Rhythmus bei Gedichten, außerdem wurde angesprochen, wie man gekonnter die Sprache an den Ort angleicht oder zum Erzähltext annähert.
Birgit Heid legte in ihrer Kritik viel Wert auf die Stimmigkeit der Texte, Rechtschreibfehler waren eher Nebensache. Zu fast jedem Beitrag teilte sie ihre erste bleibende Assoziation mit.
Das Seminar stand jedem offen, Anfänger wie Profis, Lyrik oder Prosa, Hochdeutsch und Mundart, fertige Texte oder erste literarische Gehversuche.
Das Resümee fiel im anschließenden Gespräch überwiegend positiv aus. Die durch den Verein finanziell geförderte Veranstaltung wurde offenbar mit viel Struktur geplant, was sich durch die professionelle Umsetzung bewies.
Autor:Peter Herzer aus Kaiserslautern |
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