Wie wird man eigentlich Doula, Frau Felten? – "Ich bin wie eine schützende Wand"

"Schützende Wand" für schwangere Frauen: Franziska Felten aus Landau ist eine sogenannte Doula | Foto: privat
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  • "Schützende Wand" für schwangere Frauen: Franziska Felten aus Landau ist eine sogenannte Doula
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Landau. Franziska Felten aus Landau begleitet werdende Mütter vor, während und nach der Geburt als Doula, ein griechisches Wort für „Dienerin“. Im Interview mit dem Wochenblatt Landau erzählt die nebenberufliche Doula mehr über ihre Arbeit und wie sie Schwangere mit ihrer Tätigkeit unterstützen kann.

???: Inwieweit „dienen“ Sie den Frauen?
Franziska Felten: Das beginnt eigentlich schon damit, dass ich ein offenes Ohr habe und einfach zu jeder Zeit zuhöre, egal zu welchen Belangen. Ich unterstütze die Frauen in der Schwangerschaft bei der Vorbereitung auf die Geburt und gebe Hilfestellungen. Aber ich diene nicht nur der Schwangeren, sondern auch dem Partner oder der Partnerin. Während der Geburt bin ich einfach komplett an ihrer Seite. Ab dem Zeitpunkt, an dem ich dazu komme, bis sie mich nicht mehr braucht.

Ich bringe ihr ein Getränk oder etwas zu essen, ich packe die Taschen, ich massiere, ich bin einfach die ganze Zeit um sie, wenn sie das möchte. So kann die weitere Begleitperson sich auch einmal zurückziehen. Ich bin aber auch manchmal das Sprachrohr zwischen werdender Mutter und Hebamme oder Klinikpersonal, zum Beispiel, wenn die Schwangere ganz spezielle Wünsche hat, dann helfe ich, diese zu äußern.

???: Wie kam es zu dem Wunsch, Doula zu werden?
Felten:
Ich hatte mir bei meiner ersten Schwangerschaft mit meiner Tochter selbst eine professionelle Begleitung gewünscht. Gerade beim ersten Kind ist man doch sehr verunsichert, was bei der Geburt auf einen zukommt. Zudem wusste mein Mann nicht, ob er mich richtig unterstützen kann. Damals gab es in der Umgebung von Landau erst wenige Doulas. Und es war schwierig, jemanden zu finden, der individuell passt. Bei meiner zweiten Schwangerschaft habe ich mir dann eine Doula dazu geholt. Zu dem Zeitpunkt gab es in der Region mehrere Doulas, die zu mir passten. Das war auch eine Entlastung für meinen Mann. Er wusste, dass ich in guten Händen bin, während er unsere erste Tochter versorgt hat.

???: Sie sind Mutter von zwei Töchtern. Ist es wichtig, selbst Mutter zu sein, um werdende Mütter bei der Geburt begleiten zu können?
Felten:
Ich glaube, es ist hilfreich, wenn man schon eigene Erfahrungen in Schwangerschaft und Geburt gemacht hat; auch, was das Thema Wochenbett und die Umstellung mit einem kleinen Baby angeht. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass man Doula sein kann ohne die Erfahrung. Das kommt auf die entsprechenden Vorkenntnisse an.

???: Wie sieht der Erstkontakt aus?

Felten: Die Frauen kontaktieren mich. Im Normalfall läuft es so ab, dass wir ein unverbindliches Treffen vereinbaren. Ich gebe ihr dann Zeit sich zu entscheiden, ob ich sie auf diesem besonderen Weg begleiten soll oder nicht. Die Chemie muss stimmen. Auch ich überlege, ob die Frau und ihre Wünsche zu mir passen und ich ihr eine gute Doula sein kann. Wenn ich kein gutes Gefühl habe, leite ich die Frau an meine Doulaschwestern weiter. Keine wird alleine gelassen.

Oft hilft es, Fragen zu stellen

???: Wie geht es dann konkret während der Schwangerschaft weiter?
Felten:
Während der Schwangerschaft treffe ich die Frau und ihren Partner oder ihre Partnerin meist zwei bis drei Mal. Das kann aber auch ganz individuell gestaltet werden. Jede Schwangerschaft und jede Geburt ist anders. Die einen brauchen mehr Unterstützung, die anderen weniger. In den Treffen lernen wir uns kennen. Ich habe viel Material in meiner „Doulatasche“, ein Kartenspiel zum Beispiel, mit dem ich herausfinde, was die Frau schon alles über Geburt und die Zeit danach weiß. Welcher Typ sie zum Beispiel bei Schmerzempfindungen ist. Dann biete ich Meditationen, Affirmationen und Massagen an. Gerne veranstalte ich auch eine Blessing Way Zeremonie. Das klingt jetzt alles sehr esoterisch und spirituell, muss es aber nicht sein.

Oftmals hilft es den Frauen und den Partner*innen schon viel zu sprechen und Frage zu stellen. Sobald diese in eine medizinische oder psychische Richtung gehen, verweise ich an die jeweiligen Fachpersonen, gebe aber auch da Hilfestellungen, wo genau sie Hilfe finden können. Ich gebe einen Raum für Ängste und helfe, diese zu bewältigen.Während der Geburt bin ich ab dem Zeitpunkt da, an dem ich gerufen werde. Ich habe eine Rufbereitschaft, die meist zwei Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin startet. Da kann es natürlich sein, dass ich mitten in der Nacht los muss. Ich bleibe so lange an der Seite der Frau, wie sie es sich wünscht und ich das Gefühl habe, dass sie mich braucht.

Wenn das Kind da ist, verabschiede ich mich meist, sobald ich das Gefühl habe, dass die Frauen oder das Paar etwas angekommen sind. Einige Frauen besuche ich danach noch im Wochenbett. Oft möchten alle noch mal über die Geburt und das Erlebte sprechen. Denn es ist und bleibt einer der magischsten Momente, die man im Leben erfahren darf. Da möchte man oft jede Sekunde festhalten. Deshalb biete ich auch an, einen Geburtsbericht zu verfassen, den ich an das Kind richte. Das ist meist dann mein Abschluss der Begleitung.

???: Früher war es so, dass Freundinnen, Nachbarinnen und nahestehende Personen bei den Frauen die Rolle einer Doula übernommen haben. Haben Sie nicht Angst, dass Die den Frauen ein bisschen zu nahekommen? Wo sind die Grenzen?
Felten:
Um ehrlich zu sein, ist es eher komisch bei einer Freundin bei der Geburt dabei zu sein. Da ich dann doch etwas emotionaler und aufgeregter bin als bei einer Frau, die ich erst etwas kürzer kenne. Bei fremderen Frauen kann ich dann doch einen besseren Abstand gewinnen und bin professioneller mit meinen eigenen Emotionen.

Aber durch die Vortreffen und Übungen gibt es Wege, sich gut kennenzulernen, und manchmal mache ich auch Vertrauensübungen. Ich hatte bisher noch nicht die Erfahrung, dass ich den Frauen zu nahe komme. Es ist eher so, dass sie sich bei mir wohlfühlen, da sie mich einfach schon vorher gesehen haben. In der Klinik ist die Hebamme und das restliche Personal meist fremd. Aber ich spreche auch im Vorfeld an, was gemocht wird und was nicht. Manchmal möchten die Frauen auch gar nicht angefasst werden und wollen noch nicht mal, dass man ihnen die Hand hält.

???: Was ist am wichtigsten, wenn Sie eine Frau begleiten? Worauf kommt es an?
Felten:
Meine Erfahrung hat gezeigt, dass es einfach die nonverbale Kommunikation ist. Es ist ganz wichtig zuhören zu können und wirklich einfach nur da zu sein, ohne großen Einfluss auf etwas Bestimmtes zu haben. Das hilft den Frauen und den Partner*innen schon ungemein; mit ihren Bedürfnissen und Belangen gehört zu werden.

Bei mir ist es meine offene und auch teilweise lustige Art, die den Frauen und den Begleitpersonen dabei hilft, die Geburt als das natürlichste auf der Welt anzusehen. Dann ist es natürlich auch die Offenheit und das Interesse an alternative Methoden. Oft geht es darum, etwas von dem rein Medizinischen wegzukommen. Eine schwangere Frau ist nicht krank und es braucht auch nicht viel, um ein Kind auf die Welt zu bringen.

???: Einige Frauen berichten von schlimmen Erfahrungen bei der Geburt: Wie versuchen Sie, diese Angst zu nehmen?
Felten:
Die Angst kann teilweise schon genommen werden, indem eine Doula da ist. Manchmal reicht es schon, wenn die Frau sich öffnen kann und ihre Ängste äußern darf. Oder wir überlegen gemeinsam, was helfen könnte, die Ängste zu bewältigen. Gehen die Ängste aus einem Trauma hervor habe ich auch hier ein Netzwerk und helfe die richtige fachliche Person mit ihr gemeinsam dafür zu finden. Dazu habe ich Tests, die ich abrufe und mit denen ich feststellen kann, ob mehr Hilfe als eine Doulabegleitung benötigt wird.

Als Doula bin ich eine Person, die die Frauen gut kennt und der sie vertrauen können. Ich bin einfach da und lasse die Frauen nicht alleine. Bei Klinikgeburten hilft es schon, einfach im Raum zu sein und mit zu hören und mit den Frauen zu sprechen und noch mal zu erklären, wenn Interventionen nötig sind. Das entlastet auch das Klinikpersonal und es kommt zu keinen Missverständnissen. Ich bin wie eine schützende Wand.

Vielfältige Ausbildung zur Unterstützung von Schwangeren: Doula Franziska Felten massiert eine ihrer Klientinnen mit dem Rebozo, einer Technik aus Mexiko. Bei der Rebozo-Massage wird ein Tuch auf verschiedene Arten um den Körper der schwangeren Frau gewickelt und geschaukelt. | Foto: privat
  • Vielfältige Ausbildung zur Unterstützung von Schwangeren: Doula Franziska Felten massiert eine ihrer Klientinnen mit dem Rebozo, einer Technik aus Mexiko. Bei der Rebozo-Massage wird ein Tuch auf verschiedene Arten um den Körper der schwangeren Frau gewickelt und geschaukelt.
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"Die Welt bleibt für einen Moment stehen"

???: Hatten Sie schon Tage, an denen Sie dachten, dass der Job Ihnen zu viel wird?
Felten:
Nein, aber es ist auch nicht meine Haupttätigkeit, sondern meine Herzensangelegenheit. Diese „Arbeit“ ist so viel Wert. Mehr als mein eigentlicher Beruf. Ich mache das als Ausgleich. Zugegeben ist die Rufbereitschaft anstrengender als vermutet, aber wenn man am Ende nach Hause fährt und ein neuer Mensch wieder auf dieser Erde eingetroffen ist und alle glücklich sind, bleibt die Welt auch für mich für einen Moment stehen und ich bin sehr beflügelt.

Sie sind nah an den Menschen dran, an intimen Momenten. Was ist Ihr schönstes oder einprägsamstes Erlebnis gewesen?Felten: Alle Geburten haben etwas für sich. Die meisten Geburten, die ich begleite, laufen ohne Interventionen ab. Ganz selten benötigen die Frauen medikamentöse Hilfe bei den Schmerzen. Und wenn man der Natur ihren Lauf lässt und einfach da ist, dann kann man spüren, welch Wunder die Frauen da vollbringen und was sie leisten, ohne vorher zu wissen, wie das eigentlich funktioniert. Es passiert von ganz allein. Die Entwicklung des Babys im Bauch und die Geburt - und auf einmal ist da ein neuer Mensch. Das ist immer wieder wundervoll und ich fühle mich sehr geehrt, wenn ich dabei sein und unterstützen darf.

Die werdenden Eltern zu sehen, wie sie zum ersten Mal ihr Kind sehen, es berühren und es sie sofort mit Liebe erfüllt, das ist einfach das Schönste, was es für mich gibt. Wie gesagt, die Welt steht jedes Mal für einen Moment still.

???: Wie viele Frauen begleiten Sie aktuell bei der Geburt?
Felten:
Bis März diesen Jahres hatte ich meine vorerst letzte Geburt, da ich selbst im Juli mein drittes Kind erwarte. Aber ich begleite nur drei Frauen in einem Jahr. Manchmal vier, je nach dem wann die Frau zu mir findet. Wenn eine Frau mich aber direkt nach ihrem positiven Schwangerschaftstest kontaktiert, ist das ein lange Zeit, bei der ich der Frau zur Seite stehe. Ich persönlich mag das am Liebsten, da es für mich gut planbar ist und ich die Frauen so am intensivsten kennenlernen kann.
Aber bei mehr als vier Frauen kann man meiner Meinung nach diese spezielle Begleitung nicht leisten, wenn man so wie ich selbst noch kleinere Kinder und einen Hauptberuf hat.

Kein Ersatz für Ärzte oder Hebamme

???: Sie sind auch im Krankenhaus dabei: Wie ist die Akzeptanz in den Kliniken – werden sie als Unterstützung wahrgenommen und mit einbezogen oder ist die Haltung Ihnen gegenüber eher abwertend?
Felten:
In den Häusern, in denen ich bisher begleitet habe wurde ich bisher akzeptiert und zum Teil war es sehr positiv für das Personal, da ich die Schicht für die Hebamme deutlich entspannter gestalte. Auch sie weiß, da ist jemand der sich auskennt und so kann sie sich in Ruhe um andere Frauen kümmern oder vielleicht auch mal eine kleine Pause machen, wenn notwendig. Grundlegend sollte eine Doula aber nicht die 1:1-Betreuung ersetzten, sondern eher unterstützen.

Die Hebamme ist dankbar für alle wichtigen Informationen und Wünsche, die ich ihr über die Frau mitteilen kann. Teilweise wurde ich auch schon bei Entscheidungen weiterer Vorgehen mit einbezogen. Es gab bisher nur eine Situation, bei der eine Hebamme den Wunsch der Frau, mich als ihre Doula dazu zu holen, nicht nachgegangen ist. Die Hebamme ist trotzdem diejenige, die medizinisch vom Fach ist und ich versuche immer die Frauen an sie zu verweisen. 

Ich habe ein breites Netzwerk an tollen Hebammen, die ich auch immer wieder anrufen kann, wenn ich für mich ein medidizinisches Hintergrundwissen haben möchte, oder ob sie den einen oder anderen Kontakt zu gewissen Themen haben. Wir tauschen Erfahrungen aus und auch umgekehrt profitieren sie von mir. Dies sind die einzigen Personen mit denen ich über meine Frauen spreche. Ansonsten habe ich eine sogenannte Schweigepflicht.

Am falschen Ende gespart

???: Wie sind die Kosten für eine Doula geregelt: Kann sich eine Frau eine Kostenübernahme oder -beteiligung von der Krankenkasse sichern oder müssen die Kosten alleine getragen werden?
Felten:
Jede Doula kann eigenständig ihr Angebotspaket schnüren und den Preis bestimmen. Es kommt dann auch auf die Region, das Angebot und sogar die Konkurrenz an. 

Wie bei einer Hausgeburtshebamme gibt es bei manchen Kassen die Möglichkeit, die Doulakosten als Rufbereitschaftskosten geltend zu machen. Bisher aber noch sehr selten. Es wird aber immer wieder darüber diskutiert und der Verein „Doulas in Deutschland“ versucht da etwas zu bewegen. Ansonsten ist es eine Privatleistung. Ich vereinbare meistens eine Ratenzahlung zur Entlastung. Über den Verein kann ich zum Beispiel Alleinerziehende oder andere mit wenig finanziellen Mitteln ehrenamtlich begleiten. Ich bekomme dann einen Pauschalbetrag.

Aber wenn man hochrechnet, wie viel werdende Eltern für die Erstausstattung ausgeben und was für ein Konsum Babys auslösen, ist eine Doula nicht teuer. Da wird dann oft leider am falschen Ende gespart, denn die Geburt ist ja mit das Wichtigste.

Weitere Informationen:

Weitere Informationen über die Doula-Tätigkeit und Kontaktmöglichkeiten zu Doulas in der Nähe erhalten Interessierte online unter www.doulas-in-deutschland.de

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Autor:

Katharina Wirth aus Herxheim

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